Gegen ein rigides EU-Sparprogramm: Gewerkschafter demonstrieren auf dem Schlossplatz. Klicken SIe sich durch die Bildergalerie. Foto: Leif Piechowski

Gewerkschafter fordern bei Kundgebung grundlegende Wende im Krisen-Management in Europa

Stuttgart - Unter dem Motto „Zusammen stehen!“ hat der Deutsche Gewerkschaftsbund am Dienstag gegen Lohnkürzungen und Sozialabbau in Europa protestiert. Hunderte Teilnehmer solidarisierten sich mit den Menschen in den südlichen Schuldenländern.

Die Kritik an den Maßnahmen zur Bewältigung der europäischen Schuldenkrise wird lauter. Auf dem Stuttgarter Schlossplatz wurde sie von Arbeitnehmervertretern deutlich artikuliert. Gewerkschafter aus der Region und aus EU-Mitgliedstaaten forderten eine grundlegende Wende im Krisenmanagement von Internationalem Währungsfonds, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank. Zur Kundgebung hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) aufgerufen.

Aus gewerkschaftlicher Sicht führen die auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geforderten rigiden Spardiktate in Griechenland, Spanien oder Portugal durch steigende Arbeitslosigkeit und Armut in die soziale Katastrophe. Zudem seien die finanzpolitischen Kriseninstrumente namens Fiskalpakt und Europäischer Stabilitätsmechanismus, kurz: ESM, schädlich für die Demokratie, weil sie die betroffenen Regierungen und Parlamente aller Handlungsspielräume beraube.

Forderung: Entwicklung in Griechenland stoppen

„Ein echter Sozialpakt für Wachstum und Innovation ist jetzt das Gebot der Stunde“, forderte Konrad Ott, Sprecher der Industriegewerkschaft Metall in der Region Stuttgart. Die Regierungen seien inzwischen nicht mehr Interessenvertreter ihrer Bevölkerungen, sondern Getriebene der Finanzmärkte. Schuldenstaaten würden zu „ökonomisch unsinnigen Zwangsmaßnahmen“ gezwungen, um im Gegenzug weitere Hilfszahlungen zu erhalten. Banken und Rating-Agenturen hätten sich zu Richtern über die Politik aufgeschwungen. Die Entwicklung in Griechenland müsse gestoppt werden und dürfe sich in keinem anderen Land der Europäischen Union wiederholen.

„Wir wollen kein neoliberales Europa der Banken und Bürokraten, sondern brauchen eine grundlegende Kurskorrektur hin zu einem solidarischen und demokratischen Europa“, sagte Ott. Am selben Tag fand in Sindelfingen die fünfte Verhandlungsrunde im Tarifstreit der Metaller statt.

Ausdrücklich begrüßte der IG-Metall-Sprecher das Scheitern der Regierungsbildung in Griechenland. Bei den anstehenden Neuwahlen erwarten Beobachter einen Stimmenzugewinn der griechischen Linksradikalen, die das EU-Sparprogramm bisher klar ablehnen. Die Kundgebung in Stuttgart ist laut Bernhard Löffler, DGB-Regionsvorsitzender Nordwürttemberg, der Auftakt zu einer mit europäischen Themen besetzten Gewerkschaftskampagne, die bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr andauern soll.