Rund 300 Menschen nahmen an der Bekundung teil. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Auch in Deutschland gehen die Proteste weiter: Auf dem Schlossplatz fand eine zweite Solidaritätskundgebung für Mahsa Amini und den Kampf des iranischen Volks gegen die islamische Republik statt.

Braun, schwarz, blond, grau sind sie, die Haare, die sich auf der Kartonage sammeln. Eine Frau nach der anderen schneidet sich darüber eine Strähne ab. Aus Protest gegen das Regime im Iran, aus Solidarität zu Mahsa Amini, die von dessen Sittenpolizei wegen „unislamischer“ Kleidung verhaftet wurde und in Gewahrsam starb.

Es ist der Abschluss der zweiten Kundgebung, zu der die iranische Community am Sonntag auf den Stuttgarter Schlossplatz lud – nach der ersten, großen auf dem Schillerplatz am Tag zuvor. Rund 300 Menschen kamen, wie vom Veranstalter erwartet, um mit den Frauen und Protestierenden im Iran ihre Solidarität zu zeigen.

Parole der Frauenbewegung

Mit Schildern, auf denen unter anderem von der Revolution als einziger Lösung zu lesen war, also „one solution – revolution“, auf Englisch kein Hijab-Zwang gefordert und betont wurde, wer für Menschlichkeit stehe, solle die Stimme des iranischen Volkes sein. Freilich wurde immer wieder die Parole der kurdischen Frauenbewegung „Jin, Jian Azadi“ gerufen, „Frau, Leben, Freiheit“, auch auf Farsi „Zan, Zendegi, Azadi“.

Mahsa Amini war Kurdin, ihre Eltern nannten sie Jina, was ‚Leben spendend’ bedeutet, aber die iranischen Behörden nicht in den Dokumenten erlaubten. Und so skandierten die Demonstrierenden immer wieder „Jina Amini“ zum Kommando „Say her name“ – „Sag ihren Namen“.

Es geht um mehr als das Kopftuch

Auch getanzt und gesungen wurde, live und zur Konserve: politische Lieder wie „Baraye“ („für“ oder „wegen“), für das Sänger Shervin Hajipour in Haft sitzt, oder der Widerstandssong gegen Galgen und Steinigung, für eine bessere Welt und Schwesterlichkeit, der allenthalben im Iran ertönt.

Dass es bei dem Kampf um mehr als das Kopftuch geht, nämlich um den Systemwechsel, das Beenden von Rassismus, Sexismus und Ausbeutung von Frauen weltweit, machte Elli in ihrer Rede deutlich. Ihren Namen will die junge Frau nicht genannt sehen. Auch im Ausland würden Iranerinnen beobachtet. Die Aktivistin lebt seit acht Jahren hier, war kürzlich in ihrer Heimat bei der Familie, und wird wieder hingehen, auch um die Proteste zu unterstützen.