Mit Video-Umfrage - Tausende Menschen sind am Montagabend in Stuttgart gegen die islamkritische Pegida-Bewegung und Fremdenfeindlichkeit auf die Straße gegangen. Ins Zentrum der Kritik rückte dabei auch die AfD, die im Gemeinderat vertreten ist.

Stuttgart - Zum Auftakt schwingt die Harmonie den Dirigentenstab. Freude schöner Götterfunken wird angestimmt – mit der symbolträchtigen Zeile „alle Menschen werden Brüder“. Danach folgen markige Worte. Die Redner gehen hart ins Gericht mit der Pegida-Bewegung (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes). Und rund 8000 Menschen klatschen lautstark Beifall. „Herzlich willkommen“ steht auf einem Transparent, auf einem anderen bedanken sich syrische Flüchtlinge für die Aufnahme in Deutschland und Stuttgart.

„Wir haben eine klare Botschaft: Flüchtlinge sind in Stuttgart willkommen“, ruft Oberbürgermeister Fritz Kuhn von der Bühne. Es gehe nicht darum, ob man Asylbewerber aufnehme, sondern ausschließlich darum, sie möglichst gut und menschenwürdig unterzubringen. Man wehre sich gegen Ausgrenzung und sage deutlich: „Wir tolerieren keine Hetze.“

„Wir wehren uns dagegen, dass die Menschen, die in Deutschland ein besseres Leben suchen, ausgegrenzt und kriminalisiert werden“, sagt auch Doro Moritz, Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW. Auch die Schulen müssten durch Information, Aufklärung und Diskussion „Diskriminierung, Fremdenhass und Intoleranz den Nährboden entziehen“.

In den Blickpunkt rückt bei der Kundgebung auch die Alternative für Deutschland (AfD). Vertreter der Partei hatten zuletzt Sympathie für die Pegida-Bewegung erkennen lassen. Die AfD habe schon bei den Protesten gegen das Thema sexuelle Vielfalt im Bildungsplan des Landes eine unrühmliche Rolle gespielt, kritisiert Doro Moritz. Auch andere Redner erinnern die Partei an ihre Verantwortung.

Am deutlichsten wird OB Kuhn. Er ruft allen Teilnehmern an Pegida-Demonstrationen in anderen Städten zu: „Machen Sie sich nicht zum Mitläufer und Handwerkszeug von Neonazis.“ Man dürfe sich nicht vor deren Karren spannen lassen. Er richte dies bewusst auch an die Adresse der drei AfD-Vertreter im Stuttgarter Gemeinderat: „Die AfD muss das wissen und der Bevölkerung klar sagen, wie sie dazu steht.“

Ausgelöst hatte die Kundgebung das Gerücht, die islamkritische Pegida-Bewegung plane eine Demonstration in Stuttgart. Das allerdings hat sich nicht bewahrheitet. Ordnungsamt und Polizei liegen laut einem Stadtsprecher bisher auch „keinerlei Anmeldungen oder Erkenntnisse darüber vor“, dass Pegida in den nächsten Tagen oder Wochen Veranstaltungen plane. Die Organisatoren der Gegendemo vom Bürgerverein Die Anstifter vermuten allerdings, dass es jetzt nächsten Montag Aktionen geben könnte.

Zuletzt hatten sich immer mehr Organisationen und Einzelpersonen dem Aufruf der Anstifter angeschlossen. Rund 180 offizielle Unterstützer kamen bis zur Kundgebung zusammen. Darunter Arbeits- und Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD), die Verdi-Landesbezirksleiterin Leni Breymaier, verschiedene Bundestagsabgeordnete und kirchliche Gruppen.

Allerdings finden sich auf der Unterstützerliste auch einige fragwürdige Organisationen. Dazu gehören etwa die Autonome Antifa vom linken Rand des politischen Spektrums oder der Stuttgarter Ableger der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als Lobby-Organisation der umstrittenen türkischen Regierungspartei AKP gilt.

Die Veranstalter werten die Kundgebung als Erfolg. Ob es nun tatsächlich eine Pegida-Aktion in Stuttgart gebe sei nebensächlich, sagt Fritz Mielert, Geschäftsführer der Anstifter: „Wir sind einfach besorgt, dass Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft sichtbar wird.“ Man sei in der Pflicht, sich „diesen diffusen Ängsten entgegenzustellen“. Es gelte, Freiheit und Menschenwürde aller Menschen zu verteidigen.

Mit ihrer Kundgebung in Stuttgart waren die Organisatoren am Montag nicht allein. Gegen die Pegida-Bewegung, die in mehreren Städten, vor allem aber in Dresden, regelmäßig montags auf die Straße geht, wandten sich Menschen bei Kundgebungen in rund einem Dutzend Städte. Demonstrationen gab es unter anderem in Berlin, Hamburg,Köln oder München.