Unbeeindruckt vom schlechten Wetter versammelten sich am Sonntag zahlreiche Menschen auf dem Marienplatz, um unter der Regie des Sängers, Musikers und Chorleiters Patrick Bopp „aus voller Kehle“ für die Demokratie zu singen.
Premiere in Stuttgart: Zum ersten Mal wurde hier nicht nur in Reden für die Demokratie getrommelt, sondern auch laut gesungen. „Aus voller Kehle für Demokratie und Menschenrechte in Europa“, lautete das Motto einer Kundgebung der überparteilichen Initiative „Stuttgart Hand in Hand“ am Sonntagmittag auf dem Marienplatz.
Patrick Bopp von der A-cappella-Formation Fuenf hatte auf 500 bis 1000 Sängerinnen und Sänger gehofft; der Blick in den Regenhimmel hatte die Erwartungen auf eine starke Beteiligung zuletzt gedämpft, doch zur Freude der Veranstalter kam es anders: Der Chor der Demokraten auf dem Marienplatz wurde auf mehr als 1000 Kehlen geschätzt.
Bopp zeigte sich „überwältigt“ von der Resonanz: „Bis kurz vor Beginn hat es wie aus Kübeln geschüttet. Punkt Zwölf war der Marienplatz voll, und wir haben von der Bühne auf ein Meer von Regenschirmen geblickt.“ Dass sich trotz des schlechten Wetters so viele Menschen auf den Weg gemacht hätten, sei ein starkes Statement: „Es war ein Fest, so viele verschiedene Menschen zu sehen und zu hören, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit gemeinsam ihre Stimme gegen Hetze und Hass von rechts erheben.“
Mit auf der Bühne waren die Sängerin Marie Louise, die Moderatorin Karin Winkler und der frühere ARD-Korrespondent für den Nahen und Mittleren Osten, Jörg Armbruster. Zur Eröffnung erklärte er: „Wir wollen ein großes und solidarisches Europa statt Kleinstaaterei und nationale Egoismen. Dafür singen wir vielstimmig.“ Dissonanzen auszuhalten, auch mal falsch zu singen, gehöre dazu. Nicht dazu gehörten jedoch die schrillen Töne der AfD. Bei ihr würde aus „Vielstimmigkeit platte Monotonie, aus volkstümlichen Liedern werden völkische“.
Ein neuer „Demonstrationstypus“
Bopp, der verschiedene Chorprojekte und Mitsing-Formate betreut, zeigte sich beeindruckt „von der großen Herzlichkeit und Offenheit, die von Anfang zu spüren waren“. Gesungen wurde ein bunter Mix aus traditionellen Liedern („Die Gedanken sind frei“, „Ode an die Freude“) bis hin zu modernen Songs, wie dem aktuellen Song der Ärzte „Demokratie“, in dem es heißt: „Es geht nicht ohne Dich!“
Bei der Auswahl der Lieder war es Bopp wichtig, dass sie unterschiedliche Facetten von Freiheit und Gleichheit thematisieren: „Wenn wir damit ins Gespräch kommen ohne unser Gegenüber herabzusetzen, haben wir viel für die Demokratie gewonnen.“ Es habe sich gezeigt, „dass dieser neue und zusätzliche Demonstrationstypus funktioniert“, sagte Bopp am Ende der Liederstunde. Es sei wichtig, sich ernsten Themen auch emotional zu öffnen: „Singen eignet sich dafür gut.“