Im Rems-Murr-Kreis fallen mehr Schulstunden aus als im Landesdurchschnitt. Foto: dpa

Im Rems-Murr-Kreis müssen laut der jüngsten Erhebung Schüler öfter zu Hause bleiben als im Landesdurchschnitt. Eine Erhöhung der festen Krankheitsreserve könne helfen, meint die Gewerkschaft, das Kultusministerium widerspricht.

Waiblingen - Ohne eine Aufstockung der festen Krankheitsreserve lässt sich die Unterrichtsversorgung an den Schulen im Land nicht dauerhaft verbessern – das sagt zumindest der Backnanger SPD-Landtagsabgeordnete Gernot Gruber anlässlich der jüngsten Zahlen zum Unterrichtsausfall, die das Kultusministerium veröffentlicht hat. Zum zweiten Mal hat das Ministerium im vergangenen November eine Vollerhebung an den rund 4500 Schulen in Baden-Württemberg durchgeführt, um die Unterrichtsversorgung besser analysieren zu können.

Demnach sind im Erhebungszeitraum vom 12. bis 16. November 2018 im Rems-Murr-Kreis an allen Schularten 3,9 Prozent des Unterrichts ausgefallen. Diese Zahl liegt über dem Landesdurchschnitt von 3,6 Prozent. Von den Kreisen rund um Stuttgart ist der Wert mit 4,2 Prozent nur im Landkreis Göppingen noch höher. Zwischen den einzelnen Schularten gibt es große Unterschiede. So wurde etwa im Landkreis Böblingen 6,4 Prozent des Unterrichts an beruflichen Schulen nicht erteilt, an Grundschulen war es 1,0 Prozent.

Ursachen werden nun genauer untersucht

Im Vergleich zum Juni sei der Unterrichtsausfall in Baden-Württemberg insgesamt leicht zurückgegangen, teilt das Kultusministerium mit. Nähere Informationen zu den Stadt- und Landkreisen gab es bei der ersten Vollerhebung jedoch noch nicht, sodass sich die Zahlen auf Kreisebene bislang nicht direkt vergleichen lassen.

Die Ursachen für den Unterrichtsausfall sollen laut einem Sprecher des Kultusministeriums nun genauer untersucht werden. Das werde allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen. Im November sei der häufigste Grund für die Abwesenheit von Lehrern Krankheit gewesen. Doch auch pädagogische Tage oder außerschulische Veranstaltungen wie etwa Schullandheimaufenthalte könnten dazu führen, dass Unterricht ausfällt, wenn sie in die Zeit der Erhebung fallen. Die Zahlen allein ließen keine Rückschlüsse auf einen Lehrermangel zu, betont der Ministeriumssprecher. Vielmehr könne ein hoher Unterrichtsausfall auch damit zusammenhängen, wie Schulen und Schulämter Vertretungen organisieren. Ein Hinweis darauf sei etwa, dass einzelne Schulämter im Vergleich zu anderen eine sehr geringe Ausfallquote haben.

GEW fordert höhere Krankheitsreserve

Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht das anders. Sie fordert angesichts der neuen Zahlen ebenso wie Gernot Gruber einen Ausbau der Vertretungsreserve. „In Schularten, in denen kein Lehrermangel herrscht, könnte die Vertretungsreserve sofort ausgebaut werden. Mit den Gymnasien sollte begonnen werden, im September haben 2000 Gymnasiallehrkräfte keine Stelle bekommen“, so Doro Moritz, die Landesvorsitzende der GEW. Doch das Kultusministerium widerspricht: „Wir könnten 200 neue Stellen schaffen, das Problem ist, wir können sie nicht besetzen“, erklärt der Sprecher. Denn die Fächerkombinationen der arbeitslosen Gymnasiallehrer seien nicht die, die derzeit gesucht werden: Fächer wie Physik oder Informatik beispielsweise.

Der Landesgeschäftsführer und Pressesprecher der GEW Baden-Württemberg, Matthias Schneider, hält das für eine „Ausrede“. Es bestehe ein Lehrermangel an Grundschulen und in der Sonderpädagogik, aber nicht bei den Realschul- und Gymnasiallehrern. Dass Unterricht ausfalle, etwa weil Kolleginnen in Mutterschutz und Elternzeit gingen, betreffe nicht nur einzelne Fächer, sondern alle. „Mit einer größeren Lehrerreserve könnte man hier vorsorgen“, sagt er. Schneider hält es für ein „Unding“, dass das Kultusministerium eine Ursache für den Unterrichtsausfall in der Organisation von Vertretungen vermutet: „Die Verantwortung dafür liegt in der Politik. Die Schulämter können nur den Mangel verwalten.“ Das Ministerium dürfe den Druck nicht nach unten weitergeben.

Schwierige Erhebung an Grundschulen

Immerhin sei die Zahl der Studienplätze für das Grundschullehramt erhöht worden um dem Lehrermangel zu begegnen, so Schneider. Er weist darauf hin, dass die verhältnismäßig geringe Zahl an Unterrichtsausfall in den Grundschulen auch auf die so genannte verlässliche Grundschule zurückzuführen sei: Grundschüler können nicht einfach nach Hause geschickt werden, wenn eine Stunde entfällt, sondern bleiben bis zum regulären Unterrichtsende in der Schule. Das könne aber auch bedeuten, dass der Lehrer der Nachbarklasse die Tür offen lässt und so zwei Klassen gleichzeitig betreut.