Im Programm des Abschlussabends wirkten auch der Chor und die Theater-AG (Bild) des Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasiums mit. Foto: Ursula Vollmer

Das von der Bürgerstiftung Leinfelden-Echterdingen angeregte Buchprojekt „Ein Buch bewegt L.-E.“, ist mit eindringlichen Reflexionen zu Ende gegangen.

Leinfelden-Echterdingen - Eine ganze Stadt beschäftigt sich ein paar Wochen lang mit demselben Buch. Diese Idee der Bürgerstiftung ist nach den Worten von Oberbürgermeister Roland Klenk aufgegangen: Die Zusammenarbeit vielfältiger Einrichtungen habe „ein deutliches Zeichen der Verbundenheit“ gesetzt, sagte der Rathauschef zur Eröffnung des Abschlussabends im dicht besetzten Walter-Schweizer-Kulturforum. Dieser Austausch in Gesprächskreisen, Schulen, Kirchengemeinden und Buchcafés war das Ziel des erstmaligen Kooperationsprojektes „Ein Buch bewegt L.-E.“. Seit September sorgte „Der wiedergefundene Freund“, eine Erzählung von Fred Uhlman, für Gesprächsstoff.

Mit dem Autor machte Susanne Stephan vertraut. Die Mitarbeiterin der Stolperstein-Initiative beschrieb den Werdegang des 1901 in Stuttgart geborenen früheren Schülers des Eberhard-Ludwig-Gymnasiums und späteren Rechtsanwalts, der seiner jüdischen Herkunft wegen hatte emigrieren müssen. 1979 folgte er einer Einladung an seine einstige Schule, 1985, kurz nach einem weiteren Besuch, starb Uhlman. Die Novelle um die im Nationalsozialismus zerbrochene Freundschaft zweier 16-Jähriger hatte der Wahl-Londoner seiner Heimatstadt gewidmet – „trotz allem“.

Ergreifende musikalische Antwort

Die Erfahrung dahinter machte Frank Streichfuß, in Leinfelden aufgewachsener Sprecher, mit auszugsweise gelesenen Episoden deutlich: Während der Sohn eines jüdischen Arztes angesichts dreier verunglückter Nachbarskinder noch mit einem ebenso machtlosen wie gnadenlosen Gott hadert, verlegt sich sein Freund, Spross aus württembergisch-adligem Haus, auf ein unmenschliches Kalkül: Nur „ein bis zwei Jahre“ werde „in diesem Deutschland kein Platz für dich“ sein.

Mit seinem musikalischen Programm aus dem Elias-Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy gab der Mittel- und Oberstufenchor des Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasiums um die Musiklehrerin Birgit Streiter eine ergreifende Antwort: „Und da ist niemand, der sie tröstet.“

„Die Abschottung überwinden“

Die Theater-AG des PMHG und ihre drei Deutsch-Lehrer hatten sich ebenfalls mit dem Text auseinander gesetzt. Nahezu ohne Worte, dafür mit klarer Körpersprache, aber auch in szenischen Lesungen, Essays und lyrischen Reflexionen schälten die jungen Leute eindringlich die Bedeutung der Freundschaft auch für die Generation Facebook heraus.

Im Rückblick auf seine eigene Jugend setzte der Oberbürgermeister „Giuseppe“ ein Denkmal: Das erste Gastarbeiterkind der Klasse kämpfte mühsam um den sprachlichen Anschluss, „dafür konnte er wunderbar kicken“. Auch beim späteren Job am Band beobachtete Klenk eine hartnäckig festgemauerte Abschottung. Die Aufforderung, sie zu überwinden, gehört für Klenk zu den „wunderbaren Botschaften dieses Buches“. Dessen Aktualität steht auch für Wolfgang Krause, Leiter des PMHG, außer Frage. Die Lektüre bewege die Leser, weil es um zeitlos gültige Werte gehe. Das Ringen um Wahrheit berühre unsere heutige Existenz unmittelbar. Auch der Zusammenhalt einer Kommune umfasse mehr als nur zählbare Fakten – „was zählt, ist ein gemeinsamer Kompass“.

Mit einer syrischen Volksweise rundete M-Nour Darwish das Programm ab. Bevor der junge Mann den Bogen seine Violine ansetzte, stellte er sich mit einem schlichten Satz vor: „Ich wohne in Oberaichen“.