Die Fußball-Europameisterschaft beginnt. Gekickt wird zwar noch nicht, aber am Donnerstag beginnt das offizielle Programm. Auf dem Stuttgart Marienplatz wird das Stadion der Träume eröffnet. So sieht das Kulturprogramm aus.
Mehr als ein Club. So vermarktet sich der FC Barcelona. Mehr als ein Spiel, so vermarkten die Fußballverbände ihre großen Turniere. Man darf durchaus den Verdacht hegen, dass dies nur eine Verkaufsmasche ist, um exorbitante Gehälter und Gewinne zu rechtfertigen. Der Europäische Fußballverband (Uefa) hat sich ja vom Bundestag eine Steuerbefreiung zusichern lassen, statt 15 Prozent Körperschaftssteuer zahlt er nichts. Bei geschätzten mindestens 1,5 Milliarden Einnahmen durch Sponsoren und Medienrechten wären das 225 Millionen Euro Steuereinnahmen. Stattdessen: null.
Die Euro GmbH als Veranstalterin der EM mit Sitz in Frankfurt zahlt Steuern, und sie müht sich auch samt der Bundesregierung, dem Anspruch gerecht zu werden, Fußball sei mehr als nur Gladiatorenkämpfe auf höchstem Niveau. Ein Kulturprogramm, finanziert vom Bund, begleitet die EM. Stadion der Träume hat man das genannt, es findet in allen zehn Gastgeberstädten statt. In Stuttgart wird von Donnerstag an auf dem Marienplatz bis zum Sonntag, 9. Juni, geträumt. In einem Stadion mit 120 Stehplätzen, das vom Stuttgarter Büro Umschichten gebaut wurde.
Von Fußballern jüdischen Glaubens
Beleuchtet werden hier nicht nur schöne Träume, sondern auch Albträume. Eine Ausstellung erzählt die Geschichte von Fußballern jüdischen Glaubens in Deutschland mit dem Titel: „Kicker, Kämpfer, Legenden“. Da ist etwa Walter Bensemann, Gründer und Verleger des Fußballmagazins „Kicker“. Den ersten Meistertitel verdankt der FC Bayern München 1932 auch dem Vereinspräsidenten Kurt Landauer und Trainer Richard „Little“ Dombi. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden Juden aus den Vereinen gedrängt. 1938 durften sie nur noch in jüdischen Vereinen spielen, danach wurden ihnen alle Sportaktivitäten verboten – und sie schließlich ermordet.
Der deutsche Meister wurde ermordet
Der Karlsruher Julius Hirsch war Nationalspieler, zweimal deutscher Meister mit der Spvgg Fürth, hatte vier Jahre im Ersten Weltkrieg gekämpft und war für Tapferkeit mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden. Er glaubte, das schütze ihn vor der Verfolgung. Ein Irrglaube. Auch er wurde in Auschwitz umgebracht. Seine beiden Kinder wurden in Theresienstadt von der Roten Armee befreit. Sein früherer Mannschaftskollege Gottfried Fuchs war rechtzeitig geflohen und über Frankreich nach Kanada emigriert. Gottfried Fuchs? Er ist der Rekordtorschütze der deutschen Nationalmannschaft, er schoss 1912 bei den Olympischen Spielen gegen Russland zehn Tore. 1972 wollte der ehemalige Bundestrainer Sepp Herberger den „Franz Beckenbauer meiner Jugend“ zu einem Länderspiel einladen. Der Deutsche Fußball-Bund war dagegen, man wolle „keinen Präzedenzfall“ schaffen. So erzählt diese Ausstellung nicht nur übers Dritte Reich, sondern auch über den Umgang mit dem Holocaust nach dem Krieg. Und angesichts des rasant steigenden Antisemitismus ist sie leider aktueller denn je.
Auch die Kickers zeigen sich
In die Vergangenheit taucht auch die Ausstellung „Heimat Kickers– Die Blauen in bewegten Zeiten“ ein. Sie zeichnet die Lebenswege einzelner Spieler nach und entwirft so nicht nur ein Bild des Vereins von der Gründung 1899 bis zur Gründung der Bundesrepublik 1949, sondern auch ein Bild der Gesellschaft.
Musik und Tanz
Doch im Stadion der Träume darf man auch selbst aktiv werden, Kitas dürfen donnerstags und freitags von 10 Uhr bis 12 Uhr vorbeischauen und unter fachgerechter Anleitung kicken. Teilnahme per Mail unter der Adresse bewegungspass@stuttgart.de mit Angabe des Wunschtermins. Aber es gibt auch Zumba und Flamenco, immer freitagabends lädt der Club Schräglage zum Tanzen ein. Samstags bespielt das Pop-Büro Region Stuttgart das Stadion der Träume, am 18. Mai tritt Peter the human Boy auf, am 25. Mai Charlotte Fever, am 1. Juni Juicy Lemon Club und am 8. Juni Bluai. Sonntagabends sind Filme zu sehen, die sich natürlich mit Fußball beschäftigen. Und donnerstags ist im wahrsten Sinne des Wortes Theater, da bespielen die Rampe und das Theater Lokstoff das Stadion. Programm ist also jeweils von Donnerstag bis Sonntag, die Ausstellungen sind jeden Tag von 10 bis 22 Uhr geöffnet. Die Spiele können beginnen.
Das Stadion der Träume
Kulturprogramm
Das Stadion der Träume ist Teil des Kulturprogramms der EM. Es wird von der vom Bund und dem EM-Organisationskomitee gemeinsam finanzierten Stiftung Fußball und Kultur gefördert. Die Stiftung trägt 250 000 Euro und die Stadt 250 000 Euro.
Veranstaltungsort
Das Stadion auf dem Marienplatz rechts neben der Eisdiele wurde vom Stuttgarter Büro Umschichten gebaut. Die Architekten sind spezialisiert auf temporäre Bauten. In dem Stadion wird das Programm stattfinden, es bietet Platz für 120 Menschen. Geöffnet ist es von diesem Donnerstag an bis einschließlich 9. Juni. Programm jeweils von Donnerstag bis Sonntag, die Ausstellungen sind täglich von 10 bis 22 Uhr geöffnet.
Das genaue Programm findet sich unter https://uefaeuro2024.stuttgart.de/stadion-der-traeume/kalender/