Mit dem Gründungsakt hat das dreitägige Kunst-und Kulturfestival Stadt der Frauen in Esslingen begonnen. Auf dem Weg, Ungleichheiten zu beseitigen, haben die Frauen gleich die ersten Duftmarken gesetzt.

Esslingen - Esslingen, die Stadt der Ingenieure, ist seit Freitag, 18.27 Uhr, die Stadt der Frauen. In einem theatralischen Festakt haben die Organisatorinnen des gleichnamigen dreitägigen Kunst- und Kulturfestivals auf dem Rathausplatz den Grundstein ihrer Stadt gelegt.

War es Absicht, dass sich die Frauen, die sich in Esslingen gegen die Mechanismen der Macht stellen, zum Gründungsakt den Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger nicht nur seiner Macht, sondern auch seines Namens beraubt haben? Von der Perfomance-Künstlerin Tanja Krone, die als selbsternannte Wiedergängerin der französischen Schriftstellerin Christine de Pizan aufgetreten war, als Peter Ziegler ans Mikrofon gebeten, musste der Ratschef sein Grußwort halten.

Petra Olschowski, die Staatsekretärin im Kultursministerium, durfte ihren Namen behalten. Im Gegensatz zu Zieger, der eher allgemeingültig auf die in der Stadt gepflegte Debattenkultur und das bürgerschaftliche Miteinander abhob, sah Petra Olschowski die Stadt der Frauen als zukunftsweisende „Folie für Räume mit hohen Decken und offenen Türen“, die durch die gestalterische Kraft der Kunst entstehen und die das immer noch bestehende Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern beseitigen müssten.

Der Gründungsakt lockt 300 Besucher auf den Rathausplatz

Rund 300 Besucher hat der Gründungsakt auf den Rathausplatz gelockt, den Tanja Krone in Anlehnung an Christine Pizans im Jahr 1405 veröffentlichte wegweisende „Buch von der Stadt der Frauen“ vollzogen hat. Zuvor hatten die Frauen, angeführt von der „Wiedergängerin“ als Symbolfigur des Festivals, in einem Zug vom Bahnhofsplatz vor das Rathaus die Stadt symbolisch in Besitz genommen.

Für die künstlerische Konzeption und die Kuration des Programms zeichnen die Intendantinnen des Theaters Rampe Stuttgart, Martina Grohmann und Marei Bues, und die Dramaturgin Paula Kohlmann verantwortlich. Das Trio hat im Vorfeld die freien und städtischen Kultureinrichtungen, Vereine und die Kunstszene der Stadt mit professionellen Künstlerinnen und Künstlern aus dem ganzen Land vernetzt.

Entstanden ist ein Festivalwochenende, dessen musikalische, theatrale, performative, tänzerische und literarische Erzählstränge der Dramaturgie einer Gründungsfeier folgt. Die von den Organisatorinnen als „spielerisch theatrale Umordnung der Dinge“ bezeichnete fiktive Stadtgründung ist die Nachfolgeveranstaltung des Kulturfestivals „Stadt im Fluss“, das im dreijährigen Rhythmus eine Leistungsschau der hiesigen Kulturszene auf die Beine stellt.

Das Festival „Stadt der Frauen“ setzt sich am Samstag, 29. September, fort. Von 14 Uhr an werden verschiedene, in der ganzen Stadt verteilte Orte von 14 Uhr bis 22 Uhr bespielt. Am Sonntag beginnt das Programm um 13.30 Uhr. Epizentrum der Stadt der Frauen ist an beiden Tagen die Bühne auf dem Rathausplatz und das Alte Rathaus selbst.