In den Sälen droht wieder die Leere. Foto: dpa/Robert Michael

Müssen zur Eindämmung der vierten Corona-Welle auch Kulturinstitutionen wieder schließen? Der Deutsche Bühnenverein und die Kulturstaatsministerin wehren sich.

Berlin - Der Deutsche Bühnenverein fordert im zweiten Corona-Winter von Bund, Ländern und Kommunen ein konsequentes Vorgehen und ein deutliches Bekenntnis zur Kultur. „Wir sehen mit Sorge“, so der Verein in einer Pressemitteilung, „dass das novellierte Infektionsschutzgesetz den Ländern beinahe ausschließlich im Bereich kultureller Veranstaltungen erweiterte Handlungsmöglichkeiten zu bieten scheint. Wenn es zu Kontaktbeschränkungen kommen muss, müssen alle gesellschaftlichen Bereiche betrachtet werden können. Eine erneute einseitige Benachteiligung der Kunst darf es nicht geben.“

Der Dachverband bundesdeutscher Theater und Orchester warnt vor pauschalen Schließungen und erwartet ein differenziertes Konzept, damit die Häuser geöffnet bleiben können. Flächendeckende 2-G- und 2-G-plus-Regeln für das Publikum, Abstandsregeln, umfangreiche Hygienepläne, konsequente Test- und Impfkontrollen, möglichst eine Maskenpflicht, Wegeleitungen für Besucherinnen und Besucher und gut funktionierende Lüftungsanlagen in den Sälen sind aus Sicht des Verbands die Grundlage dafür, dass die Situation für Kulturinstitutionen wie für freischaffende Künstlerinnen und Künstler nicht wieder problematisch wird.

Der Sonderfonds für Kulturveranstaltungen soll angepasst werden

Daneben bräuchten Kulturbetriebe laut Bühnenverein weiterhin die Möglichkeit zur Kurzarbeit unter den zuletzt geltenden Rahmenbedingungen sowie wirtschaftliche Unterstützung – der Sonderfonds für Kulturveranstaltungen müsse angepasst werden, „damit auch regional starke Beschränkungen besser abgefedert werden können“, und die Ausfallabsicherung müsse auch freiwillig abgesagte Veranstaltungen umfassen, die sich unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr wirtschaftlich durchführen lassen: „Eine Situation, in der Veranstaltungen zwar nicht formal abgesagt werden, aber zugleich wirtschaftlich nicht mehr durchführbar sind, wäre für die Kulturbetriebe nicht auszuhalten.“ Auch die Bundeshilfen für soloselbstständig und hybrid beschäftigte Künstlerinnen und Künstler müssten fortgesetzt und die Zahlung von Ausfallhonoraren durch die Rechtsträger unmissverständlich ermöglicht werden.

Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Carsten Brosda, setzt zusätzlich auf eine Forcierung der Impfkampagne. Dass zurzeit rund 68 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen das Corona-Virus geimpft seien, sei zwar noch nicht ausreichend, unterscheidet aber die Situation deutlich von derjenigen im letzten Winter, und dieser Unterschied müsse eine Rolle spielen: „Ausgereifte Hygienepläne, verbindliche 2-G- und 2-G-plus-Konzepte sowie verstärkte Anstrengungen bei der Impfung bieten die Chance, die Häuser angemessen sicher offen zu halten und pauschale, flächendeckende Schließungen zu vermeiden. Wir brauchen gerade jetzt künstlerische und kulturelle Impulse in einer sich immer weiter verschärfenden Lage. Neben gutem Pandemiemanagement braucht es jetzt vor allem auch öffentliche Vernunft und Verständigungsbereitschaft. Es braucht eine veränderte Kultur des gesellschaftlichen Umgangs. Deshalb muss es jetzt politisch auch darum gehen, Kultur weiterhin kraftvoll zu ermöglichen und zugänglich zu halten.“ Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Direktor des Bühnenvereins, ergänzt: „Wir erwarten von der Politik ein klares Bekenntnis, die Kultureinrichtungen nicht anders zu behandeln als das sonstige öffentliche Leben.“

Kultur als Hilfe und Stärkung in Pandemiezeiten

Auch die scheidende Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat sich vor ihrer Amtsübergabe an Claudia Roth (Grüne) gegen Schließungen von Kulturinstitutionen ausgesprochen. Theater, Opern, Museen und viele Kinos hätten in erstklassige Hygienekonzepte investiert, sagte Grütters am Mittwoch dem Sender rbb. „Nicht Lebensmittelhändler liefern Erklärungen für die Fragen, die uns alle umtreiben. Die Kultur kann diese wichtigen gesellschaftlichen Probleme verhandeln und verteidigen. Die Menschen brauchen Anregungen.“

Grütters hat vom gesamten Neustart-Kultur-Programm mit zwei Milliarden Euro 500 Millionen für diesen Winter reserviert. „Das sind vor allem individualisierte Hilfen für die Soloselbständigen und Stipendiengelder, um auf einzelne Kreative Rücksicht zu nehmen. Das Geld geht aber auch an Institutionen oder Festivalveranstalter, die jetzt Veranstaltungen absagen müssen“, so Grütters.