Kein Schweben mehr: Die Filharmonie in Filderstadt musste auch den Tanzabend „Of curious Nature“ absagen. Foto: privat/Marcel Wogram

Kulturschaffende zeigen sich enttäuscht über den Lockdown für Theater und Veranstaltungsorte. Die „Aschenbrödel“-Premiere im Theater unter den Kuppeln in Stetten ist ebenso abgesagt wie die Auftritte in der Filharmonie in Filderstadt.

Leinfelden-Echterdingen - Es trifft uns hart, und wir bedauern es, unserem Publikum nichts im November anbieten zu können“, sagt Christian Fickert, der Intendant des Theaters unter den Kuppeln in Stetten zum Lockdown unter anderem für die Kultur. Die Premiere des Kinderstücks „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ am 14. November ist abgesagt, der Probenbetrieb bis auf Weiteres eingestellt: „Wir haben das Hygienekonzept sehr ernst genommen und es eher übervorsichtig gehandhabt. Daher ist das schon enttäuschend.“

Geplant war, von Mitte November an folgende Geschichte zu erzählen: Das von ihrer Stiefmutter gegängelte Aschenbrödel verliebt sich in einen Prinzen. Die Corona-Pandemie hätte die Darstellung von Verliebtheit nicht einfacher gemacht: Denn nicht nur für die maximal 50 Zuschauer in der 180 Personen fassenden Studio-Bühne hätte auch während der Vorstellung Mindestabstand und Maskenpflicht gegolten – sondern auch für die Darsteller. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus der Jugendgruppe des Theaters hätten auf der Bühne mindestens 1,5 Meter Abstand gehalten und – dort wo Abstand nicht möglich gewesen wäre – einen Mund-Nasen-Schutz. „In einer Szene wird ein Baum dargestellt“, berichtet Christian Fickert, der Intendant, „aber der Baum steht mit dem Rücken zum Publikum, also sehen die Zuschauer die Maske nicht“.

„Wir geben unser Bestes“

Für Zuschauer des Stücks ab drei Jahren hätte es Zweier-, Dreier- und Viererplätze geben, außerdem hätte noch vor der Premiere ein Luftreinigungsfilter im Theaterraum installiert werden sollen. „Wir haben viel in das Hygienekonzept investiert, und es ist ärgerlich, dass wir trotzdem nicht spielen können“, sagt Christian Fickert. Weil sich die Maximal-zwei-Haushalte-Regel bei Proben nicht einhalten lasse, liegt im Amateurtheater in Stetten zunächst alles auf Eis. Christian Fickert hofft, vielleicht dennoch ab Mitte Dezember seine „Aschenbrödel“-Produktion vor Publikum zeigen zu können: „Wir geben unser Bestes, dass es bald wieder weitergehen kann, indem wir uns an die Regeln halten.“

Auch in der Filharmonie in Filderstadt ist für den November einiges geplant gewesen – von Poetry-Slam über Maskentheater und Musik bis zur Aufführung des Stückes „Indien“ von Josef Hader und Alfred Dorfer und der Präsentation des Tanzabends „Of curious Nature“ Doch auch all das ist komplett abgesagt. Für Alexander Frey, den Abteilungsleiter Kultur der Filharmonie, eine schwierige Entscheidung: „Aus Veranstaltungshäusern und Theatern in Deutschland wurde keinerlei Infektionsgeschehen gemeldet, nirgends“, sagt er.

„Kultur muss sichtbar bleiben“

In der Filharmonie sei viel für die Sicherheit der Besucher getan worden, berichtet Frey, und zwar mittels „einer Beschränkung der Auslastung unserer Räume auf ein Viertel, mit mehr als 1,5 Metern Abstand der Besucherinnen zueinander, festen Sitzplätzen, persönlich registrierten Karten, dem Verzicht auf Pausen und Bewirtung, mit einer Lüftungsanlage, die sechsmal in der Stunde die Luft wechselt im Raum“, zählt er auf.

Alexander Frey fordert: „Kultur muss sichtbar bleiben.“ Und er stellt Fragen, die Kulturschaffende und Kulturfreunde derzeit überall umtreiben: „Ist Kultur Vergnügen oder nicht Teil der unverzichtbaren Daseinsgrundvorsorge eines funktionierenden und demokratischen Gemeinwesens? Ist es nicht ein Bürgerrecht sich auszudrücken in Kultur und die Perzeption von Ausdrücken von Kultur?“

Im November hat er keine Möglichkeit, Antworten auf diese Fragen mit künstlerischen Mitteln auf der Bühne der Filharmonie zu präsentieren.