Der Journalist Lutz Jäkel bereiste Syrien immer wieder vor dem Beginn des Krieges 2011. Das Foto zeigt den berühmten Suq al-Hamidiyye in Damaskus. Foto: Lutz Jäkel

Der Autor und Fotojournalist Lutz Jäkel zeigt eine Reportage über die Vielfalt Syriens vor dem vor zehn Jahren ausgebrochenen Krieg.

Zuffenhausen - Lutz Jäkel schaut dieser Tage viele Dokumentation an über den Beginn des Krieges in Syrien vor zehn Jahren im März 2011 und seinen weiteren Verlauf im vergangenen Jahrzehnt. „Mir blutet dabei das Herz“, sagt er.

Am Dienstag, 23. März, ist seine Live-Reportage „Syrien. Erinnerungen an ein Land ohne Krieg“ von 20 Uhr an im Rahmen der Stuttgarter Reihe „Welt & Wir“ zu sehen. Jäkel zeigt dabei ein Land, wie es die meisten Menschen aus den Fernsehnachrichten nicht kennen. Ein Syrien, in dem wie durch ein Wunder zwischen Schuttbergen herumirrende blut- und staubbedeckte Menschen verschwunden sind und lachenden und an einer Wasserpfeife nuckelnden Cafébesuchern Platz gemacht haben.

Jäkel bereiste Syrien oft

Jäkel kannte Syrien, bevor das Land 2011 nach Demonstrationen gegen Präsident Bashar al-Assad im Zuge des Arabischen Frühlings in Brand geriet. Er machte 1993 einen Arabisch-Kurs in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Jäkel verbrachte dann 1998 ein Auslandssemester in Syrien. Er bereiste in dem Jahrzehnt vor 2011 immer wieder das Land. Davon wie es aussah in Syrien, als Städte noch keine Ruinenlandschaften waren, will Jäkel in seinem Beitrag mit Hilfe von Multimedia eine Vorstellung geben.

Die Reportage zeigt ihn vor Leinwänden. Auf ihnen sind die Orte zu sehen, die Jäkel in Syrien immer wieder besucht hat. Er nimmt den Zuschauer etwa mit in die Altstadt von Aleppo. Dort gab es einen berühmten Suq. Der Basar brannte 2012 nach dem Beginn der Kämpfe in diesem Teil Syriens aus.

Der IS zerstörte Tempel

Jäkel berichtet auch über die antike Oasenstadt Palmyra. Dann werden auf der Leinwand hinter ihm Säulenreihen der Tempel zu sehen sein. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sprengte viele Zeugnisse einer als heidnisch gebrandmarkten Vergangenheit Syriens 2015 in die Luft.

Jäkel sieht seinen Vortrag als Erinnerungsarbeit. Er will so den deutschen Zuschauern ein Gefühl vermitteln, für das, was durch den Krieg seit 2011 verloren ging und wie Jäkel fürchtet, nicht wiedererstehen wird.

Viele Völker lebten zusammen

Das untergegangene Syrien vor dem Krieg beschreibt Jäkel als Schmelztiegel der Zivilisationen und Völker. Der rege Austausch zwischen Syrien und der Welt habe einen besonderen Menschenschlag hervorgebracht. „Ich habe die Syrer immer als neugierig und weltoffen erlebt. Die Syrer waren es gewohnt, mit Menschen eines anderen Glaubens zusammenzuleben“, sagt er.

Auch andere Beobachter mit Bezug zu Syrien werden in seinem Beitrag zu Wort kommen. Sie werden ihre Perspektive auf das verlorene Land schildern. Jäkels Reportage geht auf ein Buchprojekt zurück, an dem auch die Publizistin Lamya Kaddor mitgewirkt hat. Sie ist in den Medien bekannt als Gründungsvorsitzende des „Liberal-Islamischen Bundes“. Kaddors Eltern stammen aus Syrien. Auch der syrische Autor und Youtuber Firas Alshater teilt in Jäkels Reportage Erinnerungen an sein Heimatland.

Geheimdienst kam zu Besuch

Der Autor und Filmemacher weiß, dass er eine Postkartenidylle des Vorkriegssyrien präsentiert. Er blende die Politik aus, um das Augenmerk auf das Verlorengegangene zu lenken, erklärt er. Dabei hat Jäkel selbst Erfahrungen mit dem Sicherheitsapparat des syrischen Einparteienstaats gemacht. Er erzählt etwa von einem Mann, der seiner Vermieterin während eines Aufenthalts immer wieder einen Besuch abstattete. „Es war klar, dass er vom Geheimdienst war und wissen wollte, was ich treibe“, sagt Jäkel.

Er wurde als Ausländer aus dem Westen im Vergleich allerdings mit Samthandschuhen angefasst. „Ich zeige Bilder von der Schönheit Palmyras und ganz in der Nähe ist eines der schlimmsten Foltergefängnisse Syriens“, sagt er. Jäkel verspricht, zum Ende seines Beitrags auch auf Syriens Schattenseiten einzugehen. Zuschauer können ihm auch im Chat Fragen stellen. Den Sinn seines Beitrags beschreibt er darin, Brücken zu bauen zwischen Deutschen und den Syrern, die nach Deutschland geflohen sind. „Wir schauen immer nur auf das Trennende, dabei gibt es vieles, was uns verbindet“, sagt er.