Die Kultureinrichtungen wie das Scala feiern eine wachsende Nachfrage, dennoch ist die Zukunft in Gefahr. Foto: Scala Ludwigsburg

Das Kulturbündnis Ludwigsburg hatte mit einem Inflationsausgleich gerechnet und ging leer aus – der Ärger über die Stadtverwaltung und Teile des Gemeinderats ist groß. Jetzt gehen die Einrichtungen in die Offensive.

Er habe jahrelang darauf hingewiesen, dass die rote Linie immer näher rückt, sagt Scala-Geschäftsführer Edgar Lichtner – dass das Scala mehr Förderung braucht, um zu überleben. Passiert sei jedoch nichts, „die rote Linie ist überschritten“. Im kommenden Jahr könnte sich das Scala bereits einige Künstler nicht mehr leisten, das Programm könnte ausgedünnt werden, aufwendige Bühnenbilder sind unmöglich. Lichtner bangt um die Zukunft des traditionsreichsten Veranstaltungsorts der Stadt und um die Vielfalt des Kulturangebotes in Ludwigsburg.

 

Es brauche mehr Geld aus der Stadtkasse, fordert das Bündnis freier Kulturinstitutionen Ludwigsburg nun schon seit eineinhalb Jahren. Der Zusammenschluss aus acht Kultureinrichtungen fühlt sich von der Stadtverwaltung und Teilen der Stadtpolitik jedoch zunehmend im Stich gelassen – die Nöte würden nicht ernst genommen und Entwicklungen ausgesessen werden. Das Bündnis versucht es mit der Flucht nach vorne: Im Kampf um das Kulturangebot will man nicht mehr auf die Stadt warten, sondern selbst den Takt vorgeben.

Immer neue Schlappen für Kultur

Doch von vorne: In den Monaten vor den Haushaltsentscheidungen suchten die freien Kulturinstitutionen wie das Scala, die Tanz- und Theaterwerkstatt, der Jazz-Club und die KulturWelt das Gespräch mit Stadträten. Die Grünen, SPD und Linke setzten sich daraufhin für einen einmaligen Inflationsausgleich von rund 55 000 Euro ein, die FDP forderte sogar 100 000 Euro für die Kultur. Der einmalige Zuschuss wurde im Gemeinderat Anfang Dezember jedoch denkbar knapp abgelehnt. Vertreter der Kultureinrichtungen verließen daraufhin laut schimpfend den Sitzungssaal.

Das Ergebnis habe man nicht erwartet, sagen die Verantwortlichen des Bündnisses bei einem Pressegespräch zwei Wochen später. Vor allem die Enttäuschung über die Gegenstimmen von Freien Wählern, CDU und des Oberbürgermeisters scheint tief zu sitzen – der Frust unter den Kulturschaffenden hat einen neuen Höhepunkt erreicht.

Die Stadt Ludwigsburg werbe vor Unternehmen mit der breiten Kulturlandschaft, hat den Zuschuss für einige Einrichtungen aber seit zehn, teils sogar 20 Jahren nicht erhöht, sagt Bettina Gonsiorek von der Tanz- und Theaterwerkstatt. Auch während der Pandemie habe sich die Stadtverwaltung rar gemacht. In anderen Städten habe es viel mehr Einsatz für die Kultur gegeben, so der Vorwurf.

„Kultur ist hip, das hat bei der Stadt aber noch nicht jeder kapiert“, sagt Rainer Floruß vom Jazz-Club. Ein weiterer Rückschlag folgte in diesem Jahr. Eigentlich wollte die Stadtverwaltung mit den Kulturschaffenden zusammenkommen, um ein Konzept für die Zukunft mit klammen öffentlichen Kassen zu erarbeiten. Passiert sei jedoch nichts, kritisiert das Bündnis. Die Stadt habe das Thema einfach ausgesessen. Der Ärger gipfelte nun Anfang Dezember in der knappen Haushaltsentscheidung und Andeutungen von Oberbürgermeister Matthias Knecht, dass es in Zukunft eher weniger anstatt mehr Geld für die Kultur geben wird. „Wir sind es der Verwaltungsspitze offensichtlich nicht wert“, ergänzt Edgar Lichtner.

Scala-Geschäftsführer Edgar Lichtner Foto: Max Kovalenko/Max Kovalenko

Matthias Knecht steht derweil zu dem teils knallharten Sparkurs. Die Kultur sei der Stadt wichtig, gleichzeitig habe man in den vergangenen Jahren bewusst die Zuschüsse „zurückhaltend“ behandelt. Die Stadt müsse eben immer stärker priorisieren und sich zunehmend auf Pflichtaufgaben wie Bildung und Infrastruktur konzentrieren. Angesichts anderer städtischer Ausgaben sei diese Botschaft blanker Hohn, so das Bündnis. Die Ausgaben für Kultur würden im städtischen Haushalt zwei Prozent ausmachen, davon seien wiederum nur 33 Prozent für die freien Kultureinrichtungen eingeplant. Der Inflationsausgleich von 55 000 Euro wäre also locker drin gewesen, so das Bündnis: Nur der politische Wille fehle.

Bündnis macht Tempo

Trotz der vielen Enttäuschungen zeigen sich die Bündnismitglieder kampfbereit und ergreifen die Initiative. Es gehe schließlich um die Vielfalt des kulturellen Angebots und teilweise sogar um die Existenz der Einrichtungen. Kommendes Jahr wird das Bündnis die Forderung des einmaligen Inflationsausgleichs aufrechterhalten. Langfristig soll ein dynamischer Inflationsausgleich den Einrichtungen Sicherheit geben. Der Zuschuss der Stadtverwaltung würde sich demnach automatisch der Inflation anpassen.

Auch das Zukunftskonzept, das die Stadtverwaltung laut Bündnis verpennt hat, soll weiter verfolgt werden. Und zwar früher als geplant. Die Stadt und der Gemeinderat wollen im April mit den Kulturschaffenden zusammensitzen, um das Konzept voranzutreiben. Das Bündnis will dem zuvorkommen und die verschiedenen Seiten schon im Februar bei einem sogenannten Zukunftsdialog zusammenbringen. Die Zeit drängt, jeder Monat sei entscheidend, sagt Bettina Gonsiorek.

Kulturbündnis besteht aus acht Mitgliedern

  • Demokratisches Zentrum (DemoZ)
  • Jazz-Club, KulturWelt
  • Kunstverein Kreis Ludwigsburg
  • Schlossfestspiele
  • Scala Live
  • Scala Theatersommer
  • Tanz- und Theaterwerkstatt

Bündnis Freier Kulturinstitutionen

Mitglieder
Das Bündnis besteht aus acht Mitgliedern: Demokratisches Zentrum (DemoZ), Jazz-Club, KulturWelt, Kunstverein Kreis Ludwigsburg, Schlossfestspiele, Scala Live, Scala Theatersommer sowie Tanz- und Theaterwerkstatt. Die Einrichtungen sind als Vereine oder GmbHs organisiert, werden teils nur durch das Ehrenamt gestemmt, teilweise haben sie Angestellte.

Ziele
Das Bündnis ist im Sommer 2023 mit dem Ziel gestartet, Kunst und Kultur mehr Wertschätzung und Rückhalt in der Stadtgesellschaft, Verwaltung und Politik zu verschaffen. Die Mitglieder sehen die Kultur als unverzichtbaren Wert in der Gesellschaft und versuchen deshalb mehr Einfluss im Sinne der Kunst auf die Entscheider der Stadt zu nehmen.