Der Pariser Eiffelturmals traumhafte Kulisse für den Borgward Hansa 1500. Bald könnte ein neues Modell der Marke auch vor dem Fernsehturm in Szene gesetzt werden Foto: Borgward AG

Der Autobauer Borgward plant für seinen Hauptsitz in Stuttgart Investitionen in Millionenhöhe. Sitz des Unternehmens soll in Zukunft die ehemalige IBM-Zentrale sein.

Stuttgart - Die spannende Geschichte um die Rückkehr der Automarke Borgward ist um ein Kapitel reicher. Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten plant das Unternehmen eine Ansiedlung auf dem ehemaligen IBM-Campus am Rande Stuttgarts.

 

"Stuttgart bietet ideale Voraussetzungen"

Dies geht aus einem 30-seitigen Konzeptpapier hervor, dass den Stuttgarter Nachrichten vorliegt. Demnach will der chinesische Lkw-Bauer Foton, der Partner von Borgward ist, Investitionen in Höhe von 256,78 Millionen Euro tätigen.

„Stuttgart bietet ideale Voraussetzungen für die Einrichtung eines Zentrums für Verwaltung, Forschung und Entwicklung von Fahrzeugen“, heißt es in dem Konzeptpapier. „Foton hat sich daher entschieden, sein weltweites Hauptquartier für das Pkw-Geschäft in Stuttgart einzurichten.“ In der Zentrale sollen laut Papier zu Beginn bis zu 235 Mitarbeiter tätig sein.

In einer ersten Phase sollen innerhalb von sechs Monaten rund 10 Millionen Euro in das Areal fließen, um die bestehenden Gebäude zu renovieren. In den auf zehn Jahre angelegten Phasen zwei und drei sollen es weitere rund 20 und 227 Millionen Euro sein. Vorgesehen sind dann auch Neubauten.

Auch Wohnungsbau und kulturelle Einrichtungen im Konzept

Neben den Abteilungen Pkw-Verkauf, Forschung und Entwicklung sowie Design und Prototypenbau sieht das Konzept auch Wohnungsbau und kulturelle Einrichtungen vor. Ein Sprecher der Stadt Stuttgart bestätigte, dass es bereits Gespräche mit Foton gegeben habe. Dabei sei auch auf die Bedeutung des Denkmalschutzes hingewiesen worden, der für vier der Gebäude gilt.

Die Nutzung des vom Architekten Egon Eiermann entworfenen, etwa 20 Hektar großen Campus am Autobahnkreuz Stuttgart ist seit Jahren ungeklärt. Noch läuft ein Insolvenzverfahren. Die Stadt hat im Juni 2013 das Zwangsversteigerungsverfahren beantragt.

Nachdem die Forderungen zwischenzeitlich von den Grundpfandgläubigern beglichen wurden, ist die Stadt jedoch nicht mehr Verfahrensbeteiligte. Sie kann deshalb auch nicht sagen, wie weit die Gespräche zwischen Foton und den Eigentümern fortgeschritten sind.

Die Zeit drängt - Zwischenlösung beim Hauptbahnhof

Da die Zeit für Borgward drängt, soll es nach Insiderinformationen zunächst eine Zwischenlösung geben. Demnach bezieht das Unternehmen, das in Stuttgart als Borgward Group AG firmieren soll, seinen Sitz schon bald im neu errichteten Bürokomplex City Gate beim Hauptbahnhof. Die Pläne sind ehrgeizig.

Der Borgward-Vizeaufsichtsratschef Karlheinz L. Knöss bestätigte den Stuttgarter Nachrichten, dass innerhalb weniger Monate in Stuttgart gestartet werden soll. Finanzielle Unterstützung für den Aufbau der Marke kommt dabei vor allem vom chinesischen Lkw-Giganten Foton, der zusammen mit Daimler unter der Marke Auman auch Lkw für den asiatischen Markt produziert.

Künftig wollen die Chinesen aber auch in die globale Automobilproduktion einsteigen. „Mit der Strategie 2020 hat sich Foton das Ziel gesetzt, zu einem der Top-10-Automobilunternehmen in der Welt aufzusteigen“, heißt es in dem Konzeptpapier.

Foton beschäftigt weltweit rund 40 000 Mitarbeiter

Dafür kaufte sich das Unternehmen auch die Markenrechte an Borgward. Neben der Sicherung der starken Stellung auf dem chinesischen Markt sei die weitere Expansion in Europa, Nordamerika und Südostasien sowie in ausgewählten Schwellenländern anvisiert. Foton beschäftigt weltweit rund 40 000 Mitarbeiter.

Ein erstes Auto der Marke Borgward soll im Herbst auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt präsentiert werden, wie Knöss vor wenigen Tagen auf dem Genfer Automobilsalon ankündigte. Dabei handelt es sich um einen kompakten Geländewagen, der spätestens 2016 bei den Händlern stehen soll. Danach sind jedes Jahr zwei bis drei neue Modelle geplant.

Borgward will bis zum Jahr 2020 pro Jahr rund 800 000 Fahrzeuge im Segment „erschwingliches Premium“ verkaufen. Fünf Jahre später sollen es bereits doppelt so viele sein. Anvisiert ist auch der Aufbau von Tochterorganisationen in den jeweiligen Märkten.

Borgward war zu Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders ein erfolgreicher Autohersteller in Bremen. Beliebtestes Modell war der Mittelklassewagen Isabella, den es auch als Kombi, Cabrio und Coupé gab. Zu Hochzeiten produzierten bis zu 23 000 Mitarbeiter in den Werkhallen. Das Unternehmen ging im September 1961 pleite. Die Rückkehr der Marke wird auch vom Enkel des Firmengründers, Christian Borgward, vorangetrieben.