Renate Wiehager (Leiterin Mercedes-Benz Art Collection) und Ulrich-Joachim Gauffrés von Brabus vor dem 300 SL Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Im Mercedes-Museum sind bis Sonntag erstmals die Nummer 1 der „Cars“-Serie von Andy Warhol und das Model dafür zu sehen.

Im Mercedes-Benz-Museum ist bis zum Sonntag ein außergewöhnliches Duo zu bewundern, das bisher noch nie zueinandergefunden hat: das erste Motiv von Andy Warhols berühmter „Cars“-Serie mit dem Mercedes-Benz 300 SL „Flügeltürer“ – und das Originalauto, das dafür Modell gestanden hat. Dass die beiden jetzt für wenige Tage zueinandergefunden haben, ist einer Reihe von Zufällen und der Hartnäckigkeit einiger Beteiligter zu verdanken.

Ein gebürtiger Ulmer hatte die Idee

Der Pop-Art-Pionier Warhol kam nicht selbst auf die Idee, berühmte Autos künstlerisch zu verewigen. Die Initiative dafür ging vielmehr von dem Düsseldorfer Galeristen Hans Mayer aus, einem gebürtigen Ulmer. Der – so wurde es bei der Präsentation von SL und Warhol-Werk am Montagabend im Museum erzählt – schlug der damaligen Daimler-Benz AG anlässlich des hundertsten Geburtstags des Automobils vor, die wichtigsten Modelle der Automobilgeschichte von Warhol zu einer Serie verarbeiten zu lassen. Das soll den damals bei Daimler Verantwortlichen zunächst nicht gefallen haben, weil sie damit ja auch konkurrierenden Autoherstellern eine Plattform gegeben hätten.

Bei Daimler war man begeistert

Mayer war aber von seiner Idee so überzeugt, dass er ein Sportwagenbuch einpackte, zu Warhol flog und ihn bat, sozusagen einen Prototyp zu kreieren, um Daimler damit zu überzeugen. Die Wahl fiel auf einen in dem Buch abgebildeten 300 SL. Warhol machte mit, bei Daimler war man von dem Ergebnis begeistert und gab 1986 die „Cars“-Serie in Auftrag. Eigentlich hätte die Serie 80 Werke umfassen sollen. Als Warhol ein Jahr später starb, waren 36 Bilder und 13 großformatige Zeichnungen fertig. 30 der Siebdruckbilder und die Zeichnungen sind im Besitz der Mercedes-Benz Art Collection, natürlich auch die Nummer 1 der Serie, der Flügeltürer mit dem Kennzeichen EI-DR 1.

Als der Sammler starb, wurde das Auto verkauft

Bei dem Buch handelte es sich offenbar um den Band „Seriensportwagen von 1945 bis 1980“ von Frank Oleski, erschienen 1984 im Motor-Classik-Verlag. Oleski hatte den 300 SL bei einem Sammler im oberbayerischen Kösching im Landkreis Eichstätt fotografiert, Warhol behielt für sein Werk das Eichstätter Kennzeichen bei. Das machte es einfacher, die Autorarität zu identifizieren und dem Bild zweifelsfrei zuzuordnen.

Als der Sammler, ein Zahnarzt, starb, verkaufte die Familie einige Jahre später seine Autosammlung und damit auch den SL, das war 2020. Und da kam Axel Schuette ins Spiel, dem Vernehmen nach einer der renommiertesten Oldtimer-Händler in Deutschland, der zur Präsentation auch eigens nach Stuttgart reiste. Der wurde auf den möglichen Zusammenhang zwischen dem Eichstätter 300 SL und dem Warhol-Werk aufmerksam, recherchierte, wandte sich an Brabus, der auf das Tuning vor allem von Mercedes-Modellen spezialisierte Autohersteller meldete sich bei Mercedes.

Das Kultauto wurde aufwendigst restauriert

Das Fahrzeug, das längst nicht mehr im Originalzustand war, wurde aufwendigst restauriert, 4500 Arbeitsstunden verteilt über zwei Jahre steckte Brabus in die Rarität. Mercedes Classic mit Sitz in Fellbach erstellte eine Expertise dafür, die keinen Zweifel daran lässt, dass es sich um einen originalen SL handelt, Brabus sorgte für den Nachweis, dass Andy Warhol genau dieses Auto als Vorbild genommen hatte. Sieben Tage dürfen der Flügeltürer und das Kunstwerk zusammen sein und im Atrium des Mercedes-Benz-Museums bewundert werden. Dann ist die kurze Liaison schon wieder zu Ende, weil der Warhol-SL weltweit begehrt ist und deswegen schon am Montag auf Reisen geht. Das Kunstwerk wird bei einer Ausstellung im Petersen Automotive Museum in Los Angeles bis 23. Januar gezeigt.