Der E 500: Seriös wirkender Krawallbruder Foto: imago/Heritage

Vor 35 Jahren begann eine der kuriosesten Episoden der deutschen Autogeschichte. Sie handelt von der Zusammenarbeit zwischen Mercedes und Porsche. Das Ergebnis: ein heute heiß begehrter Oldtimer.

Im Sommer 1989 ist es bei Mercedes beschlossene Sache. Das Projekt mit dem Codenamen „Wolf im Schafspelz“ wird umgesetzt. Es geht um eine einmalige Kooperation der Marke mit dem Stern und Porsche.

Dahinter verbirgt sich das Modell E 500, ein Auto, das perfekt zum damaligen schwäbischen Verständnis von Luxus passt. Und zur Mentalität, die auch in finanzstarken Kreisen fest verankert ist: Mit Reichtum wird nicht geprotzt. Understatement wird zum roten Faden. Was zu Edzard Reuter passt, der als damaliger Daimler-Benz-Chef gewinnbringende Interessen und als SPD-Mitglied sozialdemokratische Überzeugungen unter einen Hut bringen will.

Edzard Reuter im April 1993: Er war von 1987 bis 1995 Vorstandschef der Daimler-Benz AG. Foto: dpa/Norbert Försterling

Dieser Spagat spiegelt sich im E 500 wider, der den Klassenunterschied optisch nicht erkennen lässt. Erlebnis und Abenteuer sind jedenfalls keine Begriffe, die sich beim Anblick dieses Autos aufdrängen. Eher seriös, solide und zuverlässig. Der Titel „Topmodell“, unter dem der Vertreter der seit 1984 gefertigten Baureihe 124 im Jahr 1990 auf dem Pariser Autosalon präsentiert wird, hängt mit dem Innenleben zusammen. Dort erklärt sich dann die Spitzenstellung, die der Limousine in der gehobenen Mittelklasse bei der Markteinführung 1991 zugeschrieben wird. Mit einer für dieses Segment fast schon absurd leistungsstarken 5-Liter-V8-Maschine kommt dieses Auto extra schnell in die Gänge.

Mercedes bittet Porsche um Hilfe: Der Kotflügel ist der springende Punkt

Der Rasanz von 326 PS wird äußerlich dann doch zumindest ein bisschen Rechnung getragen, sehr dezent, allerdings. Die Karosserie dieser Kreuzung aus Rennwagen und Spießerkarre ist 23 Millimeter tiefer gelegt als bei den Vorgängermodellen der Baureihe. Außerdem sind die Kotflügel etwas ausladender geraten. Und das ist dann der Startpunkt für eine in der deutschen Automobilhistorie einmaligen Episode.

Die Reiselimousine war in der aufgemotzten Variante nämlich zu breit für die Produktionslinie im Werk Sindelfingen. Was zu einer einmaligen Stuttgarter Zusammenarbeit führte: Mercedes bat Porsche um Hilfe.

So sah das Porsche-Werk in Zuffenhausen 1988 aus. Foto: Porsche AG

Die Anfrage kam dem Sportwagenhersteller gerade recht, den E 500 auf die Fertigungsstraße in Stuttgart-Zuffenhausen zu setzen. Befand sich Porsche Ende der Achtziger-, Anfang der Neunzigerjahre doch in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Der damals wichtigste Markt in den USA war durch die Dollarkrise eingebrochen. „Für uns war der Auftrag sehr wichtig, um eine wieder gute Auslastung zu bekommen“, sagt der damalige Porsche-Projektleiter Michael Hölscher in Erinnerung an diese ganz besondere Stuttgarter Auto-Connection.

„Es war eine große logistische Herausforderung“, erzählt Hölscher weiter. Schließlich gab es ein ständiges Hin und Her zwischen dem Mercedes-Werk in Sindelfingen und den Standorten von Porsche in Zuffenhausen. Per Lkw wurden dorthin die einzelnen Teile der E-500-Karosserien transportiert, die anschließend zu einem großen Ganzen montiert wurden. Die Rückreise nach Sindelfingen mussten die Karossieren für die Lackierung antreten. Die Endmontage fand dann wieder in Zuffenhausen, im geschichtsträchtigen Rössle-Bau, statt, wo auch der Motor eingesetzt wurde.

Zehn bis zwölf 500er sollten täglich gefertigt werden. Daraus wurden aber schnell 20 Fahrzeuge. Die Coproduktion kam für rund 150 000 Mark in den Verkauf – und beim Kunden sehr gut an. Der letzte Porsche-Mercedes lief 1995 vom Band. Am Ende waren es 10 500 Exemplare, die produziert wurden.

Gerne denkt Michael Mönig an diese Zeit zurück. „Es war eine tolle Zusammenarbeit mit den Mercedes-Kollegen“, sagt Mönig, der damals als Ingenieur in der Karosserieentwicklung von Porsche tätig war. Einer habe dem anderen geholfen und auch mal am Wochenende gearbeitet, damit nichts in Verzug gerate.

Der deutsche James Bond als einer der ersten Käufer des Mercedes E 500

Gefragt ist der E 500 noch immer und gilt was unter Oldtimer-Fans. Das sieht man an den Preisen auf den einschlägigen Verkaufsportalen. Aktuell wird ein gut erhaltenes Exemplar für 77 777 Euro angeboten. Beworben mit dem Zusatz „Erstbesitzer war der deutsche James Bond“. Der Schauspieler Klaus Löwitsch, unter anderem bekannt aus der Action-Serie „Peter Strohm“, war einer der ersten Käufer dieses besonderen Fahrzeugs.

Verknüpft miteinander waren die Namen der beiden Stuttgarter traditionsreichen Autohersteller übrigens schon lange vor dem E 500. Die Karriere von Ferdinand Porsche begann schließlich im Vorgängerunternehmen von Mercedes-Benz. Bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft leitete der spätere Porsche-Gründer in den Zwanzigerjahren die Konstruktionsabteilung und stieg in den Vorstand auf. 1930 machte er sich dann selbstständig. Aber das ist dann wieder eine andere Geschichte, die an diesem Punkt beginnt.