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Grünen-Kandidat Kuhn liegt bei der OB-Wahl vorn, sein Erfolg im zweiten Wahlgang hängt davon ab, ob sich SPD und Grüne zusammenraufen.

Stuttgart - Laut, aber nicht euphorisch, selbstbewusst, aber nicht glückstrunken – so klingt in der Fußball-Kneipe Schlesinger der Jubel nach einem Etappensieg, nach einer erfolgreichen ersten Hälfte in einem WM-Vorrundenspiel der deutschen Mannschaft, oder, wie am Sonntagabend, nach dem Erfolg von Fritz Kuhn im ersten Wahlgang der Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl.

Im Schlesinger wartet die Basis von Bündnis 90/Die Grünen auf Fritz Kuhn. Der Kandidat und sein Wahlkampfteam kommen gegen 20.20 Uhr zu Fuß vom Rathaus herüber gelaufen. Parteifreund Rezzo Schlauch empfängt Kuhn am Eingang des Schlesinger. Im Rathaus hat der hünenhafte Schlauch den 67 Kilogramm leichten Kuhn bei der Umarmung noch fast unter sich begraben. Jetzt muss ein Klapps mit der Pranke auf Kuhns Schulter genügen.

Polit-Profi Kuhn weiß genau, wann er welchen Ton anschlagen muss

Zig Digitalkameras machen Bilder von Kuhn, seiner Frau Waltraud Ulshöfer und seinen beiden Söhnen Mario und Leon, die den Kandidaten begleiten. Langsam lässt der Beifall nach, die Partei will für den zweiten Wahlgang eingeschworen werden. Als er sich der Grünen-Basis, den Wahlhelfern präsentiert, gibt sich der Kandidat erst bescheiden, fast demütig. „Ein solches Ergebnis macht bei der Konkurrenz keiner alleine, das machen viele.“

Jeder hat jetzt das Gefühl, ein paar Zehntel von Kuhns 36,5 Prozent miterkämpft zu haben. Der Polit-Profi Fritz Kuhn weiß genau, wann er welchen Ton anschlagen muss. Wenige Minuten vorher lief ein Beitrag der SWR-Abendschau über die Videowand. Da hat er im gemeinsamen Interview seinen Gegner Sebastian Turner noch heftig attackiert, ihm Vokabeln wie „Märchenstunde“ entgegen geschleudert. Die Botschaft im Schlesinger ist eine andere: Die Wahl ist noch nicht gewonnen ist.

„Es wird einen neuen Stuttgarter OB geben, und der wird Fritz Kuhn heißen“

Wahlkämpfer Kuhn erhöht jetzt die verbale Schlagzahl. Selbst wenn Sebastian Turner „Geld aus einem Hubschrauber rauswirft, wird er von nirgends mehr Stimmern bekommen“. Es folgt noch eine kurzes innehalten, in dem Kuhn den „argumentativen Wahlkampf“ beschwört. Dann der entscheidende Satz, auf den alle warten: „Es wird einen neuen Stuttgarter OB geben, und der wird Fritz Kuhn heißen“ – jetzt klingt der Jubel im Schlesinger doch wenigstens wie nach einem glanzvollen Halbfinalsieg.

In dem Moment glaubt keiner im Raum daran, dass das ganze noch schiefgeht, mit oder ohne Unterstützung der unterlegenen Bewerber Bettina Wilhelm (unterstützt von der SPD) und Hannes Rockbauch (SÖS). Die Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch, die wie viele grüne Mandatsträger zum Applaudieren ins Schlesinger gekommen sind, ist sicher: Die Zerwürfnisse, die das Verhältnis von Grünen und SPD in Stuttgart bisher belastet haben, sind Geschichte. Fritz Kuhn selbst will mit beiden Lagern reden, aber nicht verhandeln. Eine OB-Wahl sei eine Persönlichkeitswahl, „und meine Person ist nicht verhandelbar“. An diesem Abend dürften alle feiern, am Montag „müssen wir wieder in den Wahlkampfmodus umschalten“.

Nicht zum feiern, aber doch gut gelaunt schaut dann noch ein vermeintlich politische Gegner vorbei. Wenn schon nicht Hannes Rockenbauch, dann halt Fritz Kuhn? „Auf jeden Fall“, sagt Schauspieler Walter Sittler, der im Wahlkampf den Stuttgart-21-Gegner Rockenbauch unterstützt hat. (mid)

Bilder von der Wahlparty im Schlesinger gibt es in unserer Bildergalerie - klicken Sie sich durch.