Jonas Andrulis will ein europäisches Gegengewicht setzen. Foto: Aleph Alpha/Manuel Schlüter

Das Startup Aleph Alpha sitzt nicht im Silicon Valley, sondern in Deutschland – und hat ein KI-Sprachmodell entwickelt, das mit Open AI, Meta und Co. mithalten kann. Statt einem zweiten ChatGPT hat Gründer Jonas Andrulis jedoch andere Pläne.

Wer seit Oktober die Webseite der Stadt Heidelberg besucht, den begrüßt dort ein kleiner, kulleräugiger Roboter namens Lumi. Der Chatbot kann Fragen zu Rathaus-Öffnungszeiten oder zur Müllabfuhr beantworten – dahinter steckt das Heidelberger Start-up-Unternehmen Aleph Alpha.

Die Firma arbeitet an Künstlicher Intelligenz (KI) und hat ein Sprachmodell entwickelt, das laut einer Analyse einer unabhängigen Organisation ähnlich gut funktioniert wie die Modelle der führenden US-Firmen Meta oder Open AI, der Firma hinter ChatGPT. Doch statt seine KI an eine öffentliche Internet-Suchmaschine zu hängen wie Open AI in seiner Kooperation mit Microsoft, setzt Gründer Jonas Andrulis lieber auf Unternehmen und Behörden als konkretere Zielgruppe. Dazu gehört der „digitale Bürgerassistent“ in Heidelberg, andere Kunden sollen damit aber auch ihre internen Wissensbestände auswerten können: Die KI durchsucht große Datenmengen und formuliert aus dem Gefundenen neue, individuelle Texte.

KI soll auch aus Europa kommen, nicht nur aus den USA

Jonas Andrulis mangelt es beim Vergleich mit Open AI nicht an Selbstbewusstsein: „Wir sind aktuell das einzige europäische Unternehmen, das in derselben Liga spielt.“ Dass er nicht dieselbe Massenwirkung anstrebt wie die Konkurrenz im Silicon Valley, hat verschiedene Gründe. Zum einen sind die Finanzmittel von Aleph Alpha sehr viel kleiner. Zum anderen geht es Andrulis, der früher für Apple gearbeitet hat, bewusst um ein europäisches Gegengewicht. Er glaubt: KI wird zum wichtigen Wirtschaftsfaktor werden, Wertschöpfung und Daten sollten aber nicht nur zu US-Firmen fließen. Und es geht ihm auch um die Definition, was KI kann und darf: „Ein ChatGPT wird auf jede kontroverse Frage eine sehr kalifornische Antwort geben.“

Deshalb hat Jonas Andrulis 2019 sein Start-up in Heidelberg gegründet, mit mehreren großen Universitäten in erreichbarer Nähe. Das eigene Rechenzentrum steht ebenfalls in Deutschland. Dazu kommen spezielle Fähigkeiten der KI, die sie für Firmen und Behörden attraktiver machen sollen: Zum Beispiel will man präzise nachvollziehbar machen, wie die KI mit welchen Informationen zu ihren Aussagen kommt – während andere Modelle hier oft noch eine „Blackbox“ sind. Und während die US-Konkurrenz stark auf Englisch ausgerichtet ist, wurde Luminous – als europäische KI – mit deutlich mehr deutschen, spanischen, französischen und italienischen Texten trainiert.