Ursula Schäfer beim Arbeiten im Kameralamt Waiblingen. An der Wand lehnt ihr Gemälde „Paradiesvögel“. Foto: Gottfried Stoppel

Die Künstlergruppe Art U Zehn nutzt derzeit das Waiblinger Kameralamt als Atelier. Dort entstehen großformatige Bilder für die nächste Ausstellung. Mittwochs und samstags darf man den Kunstschaffenden über die Schulter schauen.

Waiblingen - Nein, die Farbe Grün ist überhaupt nicht Christa Rillings Ding. Ihre Bilder gestaltet die Malerin gerne in Gelb- oder Rottönen, auch Türkis lässt sie noch durchgehen. Aber dieses Olivgrün, das sehr an die Tarnfarbe der Bundeswehr erinnert? „Ich finde es schrecklich“, sagt Christa Rilling aus vollem Herzen. Dann platziert sie mit einem Pinsel letzte Tupfer auf ihrem großformatigen Gemälde. Sein Titel: grüne Stadt. Seine Farbe: überwiegend Nato-Olivgrün. Wieso nur?

Los-Pech sei der Grund, erklärt Ursula Schäfer, die an diesem Tag gemeinsam mit Christa Rilling im Waiblinger Kameralamt steht und malt. Beide Frauen sind Mitglieder der knapp 20-köpfigen Künstlergruppe Art U Zehn, die sich für ihre jährliche Ausstellung stets eine künstlerische Herausforderung sucht. Mal „tapezieren“ die Kunstschaffenden das Kameralamt mit Gemälden, die sie auf Tapetenbahnen im Format 1 x 4,20 Meter gestaltet haben und laden die Besucher dann ein, sich ein Bild herauszuschneiden. Mal erschaffen sie ein 30 Meter langes Gemeinschaftswerk zum Thema „Gegensätze“, bei dem sich jeder auf zwei Metern austoben darf – ohne zu sehen, was der Vorgänger gemalt hat.

70 Prozent im ausgelosten Farbton

„Wir treffen uns zwei Mal im Jahr zu einem runden Tisch und jeder darf etwas vorschlagen, dann wird demokratisch abgestimmt“, erzählt Ursula Schäfer. Für die Ausstellung Anfang 2018 hat die Künstlertruppe beschlossen, aus den Grundfarben Cyan, einem grünlichen Blau, aus Gelb und Magenta-Rot sowie Schwarz und Weiß 18 Farben zu mischen. Jede davon landete in einer Lostrommel, aus der sich die Kunstschaffenden dann bedienen mussten. So ist das Olivgrün bei Christa Rilling gelandet, die nun – so die Vorgabe im künstlerischen Wettstreit – 70 Prozent ihres Werks in diesem Farbton malen muss.

„Wir haben überlegt, ob man Farben tauschen darf, uns dann aber dagegen entschieden“, erzählt Ursula Schäfer, die mit Cyan eine Kandidatin erwischt hat, die in ihren Bildern sonst allenfalls eine Nebenrolle spielt. Aber sie habe immerhin das Glück gehabt, eine Grundfarbe zu ziehen, sagt die Waiblingerin: „Andere mussten ihren Farbton erst selbst zusammenmischen. Und das ist gar nicht so einfach. Aber Mischen gehört auch zur Malerei.“ Insofern sei es „eine Erfahrung, die den Leuten für die Zukunft etwas bringt“.

Die Arbeit geht in die Knochen

Von November bis Januar teilen sich jeweils etwa vier Kunstschaffende für zwei Wochen das Kameralamt als Atelier. Das Malen in Gesellschaft finden Christa Rilling und Ursula Schäfer positiv, auch wenn die Arbeitstage, die um 9 Uhr beginnen und um 18 Uhr enden, ganz schön in die Knochen gehen. „Es ist für jeden von uns eine Bereicherung, wenn er hier drin malt“, sagt Ursula Schäfer: „Man kann sich beraten und jeder sagt offen seine Meinung.“

Die Arbeitszeit in dem denkmalgeschützten Gebäude mit seinen hohen Decken nutzen die Künstler um sich richtig auszutoben und Bilder zu malen, deren Ausmaße beeindruckend sind. Christa Rillings „Grüne Stadt“ bringt es auf 1,60 mal 2,60 Meter, Ursula Schäfers „Paradiesvögel“ ebenfalls. Das leuchtend blaue Gemälde hat Schäfer zwischendurch auf den Boden gelegt und dann mit einem selbst gebastelten Werkzeug gemalt: einem Pinsel, den sie an einem fast zwei Meter langen Bambusrohr befestigt hat. Doch passt solch große Kunst überhaupt in ein normales Wohnzimmer? Kein Problem, sagt Ursula Schäfer: „Das Bild besteht aus 17 Teilen – man kann auch nur einen davon kaufen“.

Kunst live im Kameralamt

Gruppe
Art U Zehn ist ein Zusammenschluss von knapp 20 Künstlerinnen und Künstlern aus dem Remstal. Jedes Jahr mietet die Gruppe das Waiblinger Kameralamt für drei Monate und nutzt es als Atelier, um die nächste Ausstellung vorzubereiten. Sie eröffnet am 27. Januar um 14 Uhr. Die Ausstellung bleibt bis 11. Februar geöffnet, in der Kunstschule und dem Lokal Disegno daneben sind auch Bilder zu sehen.

Atelier
Bis Ende Januar werkeln die Art-U-Zehn-Mitglieder in den Räumen im Kameralamt. Wer mag, darf dort mittwochs oder samstags von 10 bis 13 Uhr vorbeischauen, dann ist das Atelier für Neugierige offen.