Derzeit noch beim FC Schalke 04 unter Vertrag, ab 1. Juli für den VfB Stuttgart II zuständig: Frank Fahrenhorst. Foto: imago/Team 2

Der VfB hätte ihn am liebsten schon in der Winterpause verpflichtet. Doch Frank Fahrenhorst bleibt seinen Prinzipien treu, erfüllt seinen Vertrag bei Schalke 04 und kommt erst im Sommer nach Stuttgart. Wir stellen den künftigen VfB-II-Trainer jetzt schon vor.

Stuttgart - David Müller hatte sich schon auf das Wiedersehen gefreut. Als der Kapitän des SGV Freiberg von den Gerüchten hörte, dass Frank Fahrenhorst vielleicht schon nach der Winterpause als Trainer des VfB Stuttgart II einsteigt, dachte er schon an das direkte Rückrundenduell in der Fußball-Oberliga. Doch der künftige Coach der U21 kam dem Wunsch des Vorstandsvorsitzenden Thomas Hitzlsperger und von NLZ-Sportdirektor Thomas Krücken auf einen sofortigen Wechsel nicht nach. „Es war ehrenwert, wie der VfB um mich kämpfte, aber ich habe das kategorisch ausgeschlossen“, sagt Fahrenhorst und liefert die Begründung gleich mit: „Ich habe meine Verträge schon immer eingehalten und möchte meine Aufgabe zu 100 Prozent zu Ende bringen.“

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Diese Aufgabe liegt noch bis zum 30. Juni beim FC Schalke 04. Dort trainiert er die U17. Während der Coronakrise leitet er die Trainingseinheiten virtuell, in kleineren Gruppen, via Facetime und Skype. Aus insgesamt eineinhalb gemeinsamen Jahren auf Schalke kennt auch David Müller (28) den 42-Jährigen. Sechs Monaten waren die beiden 2012 in einer Mannschaft bei Schalke II in der vierten Liga am Ball. Müller als junger, defensiver Mittelfeldspieler, dahinter im Abwehrzentrum, der erfahrene Fahrenhorst. Gleichzeitig fungierte der Routinier als Co-Trainer des damaligen Chefcoachs Bernhard Trares, was er nach Ende seiner Spielerkarriere weiter tat. Fahrenhorst hat bei Müller bleibenden Eindruck hinterlassen. Auf und neben dem Platz. Als besonnener, intelligenter Spieler und Mensch. „Er strahlte Souveränität aus, eine Ruhe und innere Überzeugung – und er machte klare Ansagen“, erinnert sich Müller, der auch mal zur Seite genommen wurde und die Tipps des Ex-Profis aufsog.

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Junge Spieler zu formen war schon damals so etwas wie seine Berufung. Jetzt will er ihnen den letzten Schliff auf dem Weg zum Profi verpassen. „Ich habe es an mir selbst erlebt. Diese Wettkampf-Erfahrung im Seniorenfußball über die zweite Mannschaft ist extrem wichtig und halte ich für unerlässlich“, sagt er in aller Deutlichkeit und zeigt damit eine völlig andere Haltung wie etwa Ex-VfB-Sportdirektor Michael Reschke, der die zweite Mannschaft abschaffen wollte.

Doch Frank Fahrenhorst will nicht nur die Asse von morgen weiterentwickeln, sondern auch sich selbst. Das ist auch der Grund, warum er von 1. Juli seine „Wohlfühloase“, wie er selbst sagt, verlässt. Einen „tollen Verein mit tollen Menschen“, aber auch die private Vertrautheit. Derzeit fährt er die gut 30 Kilometer von seinem Wohnort Bochum nach Gelsenkirchen. Jeden Abend ist er daheim bei Frau und Kindern (Luke/11 und Leni/14). Das ist von Sommer an vorbei. Die Familie bleibt im Ruhrpott. Einmal pro Woche plant er zu pendeln. „Ich will die Kinder nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen. In Bochum haben wir Freunde, die da sind, wenn mal Not am Mann sein sollte.“

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Schon einmal hat Fahrenhorst die Komfortzone verlassen – und hat damit gute Erfahrungen gemacht. Als Spieler zog er nach zehn Jahren beim VfL Bochum weiter zu Werder Bremen. Er spielte mit Werder in der Champions League, brachte es auch auf zwei A-Länderspiele. „Ich habe eine andere Mentalität, ein anderes Umfeld kennengelernt. Man braucht Veränderungen, um voran zu kommen“, lautet sein Credo.

Genau das will er beim VfB. Und davon, das steht über allem, sollen die Spieler profitieren. Disziplin, Verlässlichkeit, Wille, Einstellung, Ordnung, Ehrgeiz – all das sind für ihn entscheidende Tugenden. „Der Schlüssel zum Erfolg aber ist, wie man Menschen begeistert, auf sie zugeht, mit ihnen kommuniziert“, sagt er. Ihn selbst haben vor allem drei Trainer geprägt. Sein Entdecker Bernhard Dietz – mit seiner Bodenständigkeit, seinem Fleiß, seiner Demut und Bescheidenheit. Dazu Klaus Toppmöller, der ihn zum Profi formte, und ihn durch sein Vertrauen in die Spieler und viel Kommunikation beeindruckte. Und Dritter Peter Neururer, der Fahrenhorsts Entwicklung fachlich und menschlich in sämtlichen Facetten vorantrieb.

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Diese ganzen Erfahrungen möchte der Talentschmied nun beim VfB einbringen. In welcher Liga er in der kommenden Saison mit seiner neuen Mannschaft spielen wird, ist offen. Und für ihn derzeit auch nicht das vorherrschende Thema. „Man hat andere Sachen im Blick. Ich hoffe, dass die die derzeitige Situation für alle gut ausgeht und wir wieder einen geregelten Ablauf hinbekommen“, hofft er. Gegen einen Aufstieg in die Regionalliga hätte er sicher nichts einzuwenden. Im Gegensatz vielleicht zu David Müller. Der mit seinen Freibergern auf ein Duell mit seinem alten Weggefährten um Punkte dann verzichten müsste.