Die Kümmerinnen im Gespräch mit ihrer Chefin Juliane Lechner (links): die Sozialarbeiterin Elena Burdukovski (Mitte) und die Betriebswirtin Heike Felbecker-Janho (rechts) Foto: factum/Bach

Seit Mai hat die IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg zwei Kümmerinnen, die versuchen, junge Flüchtlinge in eine Ausbildung zu vermitteln. Noch ist ihre Bilanz eher mager.

Ludwigsburg - Murtada Al-Shekaki ist froh, dass er Frau Felbecker-Janho hat. „Sie hat mit mir meine Bewerbungsunterlagen getuned“, erzählt der 26-jährige Iraker. Offensichtlich hat es sich gelohnt: Seit dem 1. September macht er eine Ausbildung als Verfahrensmechaniker bei einem Fensterbauer in der Region. Seit zehn Jahren ist Al-Shekaki in Deutschland, er floh über Syrien und die Türkei vor dem Bürgerkrieg im Irak. Er hat schon lange versucht, eine Ausbildung zu bekommen, nur hatte es bislang nie funktioniert: „Ich habe nur Absagen bekommen“, erzählt er. Zwei Jahre lang war er Vorarbeiter bei einem Gebrauchtwagenhändler, „aber damit hast du keine Zukunft“, sagt er.

Heike Felbecker-Janho ist für Al-Shekaki so etwas wie ein Fremdenführer durch das deutsche Bürokratie-Dickicht. Sie muss die Geflüchteten begleiten durch Abkürzungsstaffetten von der VABO-Klasse, über den UMA-Status bis hin zu EQ-BAMF-Maßnahme. „Das ist wirklich ein Dschungel“, sagt die gelernte Betriebswirtin. Als eine von zwei Kümmerinnen der IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg hat Felbecker-Janho die Aufgabe, junge Flüchtlinge fit zu machen für den Arbeitsmarkt, genauer gesagt für den Ausbildungsmarkt.

Landesweit gibt es 37 „Kümmerer“

Denn nur mit einem qualifizierten Berufsabschluss gibt es für die Geflüchteten Perspektiven in Deutschland, so die Idee des Projekts, das mit vollem Namen „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Flüchtlinge“ heißt, vom Arbeitsministerium Baden-Württemberg gefördert wird und landesweit 37 Stellen für regionale Kümmerer bei 27 Trägern umfasst. Die Laufzeit des Projekts ist bis zum Dezember des nächsten Jahres angelegt, eine Verlängerung ist wahrscheinlich. Die IHK-Bezirkskammern in der Region sind in Esslingen, Böblingen, Göppingen und Ludwigsburg mit dabei.

Neben Felbecker-Janho arbeitet in Ludwigsburg Elena Burdukovski. Die Sozialarbeiterin war bis Mai zuständig für die Flüchtlinge in der Turnhalle der Ludwigsburger Carl-Schaefer-Schule. „Dort konnte ich den Menschen keine Perspektive geben, das war eine reine Feuerlöscher-Funktion“, beschreibt sie ihre Tätigkeit heute.

Gesucht: die eierlegende Wollmilchsau

Jetzt informieren die beiden Frauen junge Flüchtlinge über die duale Ausbildung, bieten Hilfe bei der Berufswahl, „tunen“ Bewerbungsunterlagen, suchen und vermitteln Ausbildungs- und Praktikumsplätze und betreuen auch noch nach der Vermittlung weiter. Auch für die Unternehmen sind sie bei der IHK die ersten Ansprechpartner, wenn es um Flüchtlinge geht. „Im Grunde haben wir da die eierlegende Wollmilchsau gesucht“, sagt Juliane Lechner, die Leiterin des Bereichs Ausbildung bei der IHK Ludwigsburg.

Bis zu 20 Flüchtlinge gleichzeitig sollen in der Beratung sein. „Es gibt eine große Motivation bei den Flüchtlingen – und großes Interesse bei den Unternehmen“, sagt Felbecker-Janho.Voraussetzung ist, dass sie ein entsprechendes Sprachniveau haben und eine Bleibeperspektive, sprich aus den Ländern Syrien, Irak, Afghanistan oder Eritrea kommen.

Visionen als Hausaufgabe

Eine der größten Hürden ist dabei, die jungen Menschen überhaupt erst von einer Ausbildung zu überzeugen: „Viele befinden sich gefühlt noch im Krieg, sie suchen sofort die Sicherheit“, sagt Burdukovski. Sprich: Lieber schnell den Job als ungelernter Hilfsarbeiter statt sich um einen schlechter bezahlten Ausbildungsplatz zu bemühen. Hinzu komme, dass die Flüchtlinge oft mit den Auswahlmöglichkeiten überfordert seien: „Bei ihnen zu Hause wird man eben, was der Vater macht“, sagt Felbecker-Janho. „Die müssen dann als Hausaufgabe richtig an ihren Visionen arbeiten“, sagt Burdukovski.

Die Bilanz der Kümmerinnen seit Mai fällt noch bescheiden aus: Bisher konnten sie zwei Praktika und eine Ausbildungsstelle vermitteln. Die größte Welle steht den beiden noch bevor: Nämlich dann, wenn all jene Flüchtlinge anerkannt wurden, die im vergangenen Sommer nach Deutschland gekommen sind.