Das Werk des Küchenbauers Alno in Pfullendorf: Deutschlands zweitgrößter Küchenhersteller ist gerettet, die Aktionäre haben einer millionenschweren Finanzspritze zugestimmt. Foto: dpa

Aktionäre stimmen für Rettungspaket, das Alno 46 Millionen Euro Kapital in Kasse spülen soll.

Pfullendorf- Erleichterung im Alno-Vorstand: Die Aktionäre geben grünes Licht für ein Rettungspaket, das dem Küchenhersteller über 46 Millionen Euro frisches Kapital in die Kasse spülen soll.

Die Aktionäre des Küchenherstellers Alno aus Pfullendorf sind bescheiden geworden. Welcher der Anwesenden noch wisse, was eine Dividende sei, fragt ein Anleger bei der Hauptversammlung der Alno AG. Es meldet sich niemand. Der einstige Marktführer hat seit seinem Börsengang 1995 nur dreimal einen Gewinn verbucht.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat die Berg-und-Tal-Fahrt des schwäbischen Küchenbauers einen traurigen Tiefpunkt erreicht. „2011 war mit Abstand das schwierigste Geschäftsjahr in der 85-jährigen Firmengeschichte“, sagt Max Müller, seit April 2011 Vorstandsvorsitzender der Alno AG. Das Unternehmen hat im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Verlust von 25 Millionen Euro angehäuft – die Zahlen sähen noch düsterer aus, hätten Geschäftspartner nicht 2011 auf Forderungen von 25 Millionen Euro verzichtet.

Alno-Großaktionär garantiert für Kapitalerhöhung

Nun soll ein Bündel an Kapitalmaßnahmen den stark angeschlagenen Küchenhersteller im letzten Moment retten. Um seine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, stimmten am Dienstag 99,6 Prozent der Aktionäre der schwäbischen Alno AG für ein Rettungspaket, das dem Konzern 46,2 Millionen Euro frisches Geld in die Kasse spülen soll. Mit den Mitteln will Alno vor allem seine Bankverbindlichkeiten tilgen. Andernfalls stünde die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens auf dem Spiel. Das unheilvolle Wort Insolvenz fiel häufig an diesem stickigheißen Augusttag, an dem die Alno-Hauptversammlung zum ersten Mal in der Firmengeschichte am Unternehmenssitz in Pfullendorf stattfand. „Das Konzept ist für das Überleben unseres Unternehmens von existenzieller Bedeutung“, sagt auch Müller.

Das Sanierungspaket umfasst zwei Schritte. Zunächst erfolgt eine sogenannte Kapitalherabsetzung. Dabei wird der Nennwert der Aktien von 2,60 Euro auf 1,00 Euro reduziert. Diese Maßnahme zur Deckung der Verluste ist nötig für den zweiten Rettungsschritt: die Kapitalerhöhung.

Banken erlassen Alno 20 Prozent der Kredite

Diese wird durch den Alno-Großaktionär Whirlpool, ein amerikanischer Hersteller von Haushaltsgeräten, garantiert. Das bedeutet, dass der Mutterkonzern der Bauknecht GmbH sich bereiterklärt, notfalls sämtliche neue Aktien im Wert von 46,2 Millionen Euro zu erwerben, die im Zuge der Kapitalerhöhung nicht von anderen Investoren übernommen werden. Der Bezugspreis der neuen Papiere beträgt 1,05 Euro pro Aktie.

Dadurch steigt die Anzahl der Alno-Aktien von 26 um 44 auf 70 Millionen. Sollte Whirlpool seine Zusage einlösen müssen, wäre der Konzern, der bisher knapp 19 Prozent an Alno besitzt, plötzlich mit einem 75-prozentigen Anteil Hauptaktionär – ein Szenario, das die Beteiligten weder anstreben noch für wahrscheinlich halten. Whirlpool hat großes Interesse am Fortbestand der Alno AG. Für die Unternehmenstochter Bauknecht, die Alno mit Kühlschränken und Herden beliefert, sei der Küchenhersteller in Deutschland der größte Umsatzbringer, heißt es in Firmenkreisen. Zudem verzeichnet das Unternehmen Forderungen an Alno in Millionenhöhe.

Die Anteile der ehemaligen Alno-Hauptaktionärin Küchenholding, hinter der ein Finanzinvestor steckt, schrumpfen nach den Kapitalmaßnahmen von 38,5 auf fünf Prozent. Vorstandschef Max Müller hält derzeit zwei Prozent der Alno-Aktien. Er kündigte an, im Rahmen der Kapitalerhöhung weiter zukaufen zu wollen, nannte aber keine Details. Die Umsetzung des Sanierungskonzepts ist für Banken und Geschäftspartner wie Bauknecht die Bedingung dafür, dass sie Alno mehr Zeit geben, um Forderungen von bis zu 62 Millionen Euro zu begleichen.Die Banken erlassen dem Küchenhersteller 20 Prozent der Kredite, die sich auf insgesamt 54 Millionen Euro summieren.

Unverständnis erntete Müller von einigen Aktionären, da er das frische Kapital bereits für die Tilgung von Bankschulden verplant hat, bevor die Kapitalerhöhung überhaupt durchgeführt worden ist. „Dann bleibt doch wieder kein Geld übrig für operative Maßnahmen“, kritisiert ein Anleger. Ipek Demirtas, Alno-Finanzchefin, verweist jedoch auf Sicherheiten von rund 200 Millionen Euro, die durch die Tilgung der Kredite frei werden. Diese könnten für neue Darlehen genutzt werden, um Alno wieder auf Kurs zu bringen. Der Vorstand will die Kapitalmaßnahmen bis Oktober/November über die Bühne bringen. Fürs kommende Geschäftsjahr gibt sich Müller optimistisch: Er rechnet mit einem positiven Vorsteuerergebnis.