Werk von Peter Vogel Foto: Kunstmuseum Stuttgart

Zum zweiten Mal vergaben das Kunstmuseum Stuttgart und die Sparda-Bank Baden-Württemberg gemeinsam den Kunstpreis Kubus. Nevin Aladag, Discoteca Flaming Star und Peter Vogel waren nominiert – der mit 20 000 Euro dotierte Kubus ging jetzt an Peter Vogel.

Ein Schritt zur Seite, eine Bewegung der Hand, ein Schatten, der sich verschiebt – und schon ändert sich die Musik, treten neue Klänge auf, mischen sich andere Rhythmen ein: Die Besucher des Kunstmuseums lernen zu tanzen. Peter Vogel verbindet in seinen Objekten Interaktion, Musik, elektrotechnisches Design. Seine Arbeiten faszinieren, verlocken zum aktiven Umgang und wurden nun mit dem Kubus ausgezeichnet. Das Kunstmuseum Stuttgart vergibt den Preis gemeinsam mit der Sparda-Bank Baden-Württemberg.

Am vergangenen Freitag nahm Peter Vogel den mit 20 000 Euro dotierten Preis entgegen – „sein Werk“, so heißt es in der Begründung der Jury, „behandelt in einzigartiger Weise und über Jahrzehnte hinweg das Thema Musik an der Schnittstelle von Natur-, Musikwissenschaften und Kunst.“

Vogel wurde 1937 in Freiburg geboren, begann dort zunächst ein Studium der Physik, kam aber schon bald mit der Rundfunk- und Aufzeichnungstechnik in Berührung, die sich zu jener Zeit sprunghaft entwickelte. „Ich entdeckte, dass man mit dieser Technik die Musik verändern konnte“, sagt er. Geräte, um eigene Experimente anzustellen, konnte er nicht anschaffen – also begann er, sich mit der Elektrotechnik zu beschäftigen. Früh schon interessierte er sich zudem für Tanz, Choreografie und elektronische Komposition, gab jedoch der Malerei den Vorzug. Sie kombinierte er mit interaktiven, elektronisch gesteuerten Elementen. „Die Leute begannen, meine Bilder für Wundermaschinen zu halten“, sagt er. „Aber das wollte ich gar nicht.“ Konsequent wandte Vogel sich von der Malerei ab und begann, interaktive Klangmaschinen zu konstruieren.

Nun sind diese Apparate, bei denen sich die Ästhetik analoger Schaltkreise mit verschiedenen Klangerzeugern zur Skulptur verbindet, im Kunstmuseum zu sehen: schmale Stelen aus Drähten, Widerständen, Kondensatoren, die eine Anzahl von Lautsprechern tragen, aus denen ein Klopfen, Rauschen, Singen dringt, das ganz und gar bestimmt ist vom Verhalten des Betrachters. Wer vor einer Arbeit von Peter Vogel steht, entdeckt erst langsam, nach welchen Gesetzen sie funktioniert. Fotozellen lösen Klänge aus – manche sofort, manche erst nach Sekunden. Die Art der Klänge verändert sich mit der Dauer, während der eine Fotozelle bedeckt ist, bei manchen Objekten kann eine ganze Klaviatur aus solche Zellen bespielt werden: tiefe und hohe, schnelle und langsame Schläge, Trommeln, Hölzer, elektronische Klänge. Ein Konzert für Percussion, ein Technotrack, der aus dem Spiel heraus entsteht, ein Xylofon, eine Laute, ein ganzes „Schattenorchester“ aus Instrumenten.

Den Gegenpol zu ihnen bilden jene Objekte, die mit Licht, Veränderung, auf Geräusche reagieren, die die Betrachter erzeugen: Ein Pfiff, ein Händeklatschen, schon leuchten Lämpchen auf, setzt sich eine Mechanik in Bewegung. Das Vergnügen wächst mit jeder Minute dieser Ausstellung. Partituren, Entwurfszeichnungen dokumentieren Vogels theoretische, kompositorische Vorarbeiten: aleatorische Elemente, unregelmäßige Rhythmen: ein Tischtennisball hüpft auf einem Lautsprecher. „Ursprünglich“, sagt der Künstler, „ging es mir darum, eine Zeitstruktur darzustellen.“

Der Kubus-Kunstpreis wurde erstmals im Jahr 2013 vergeben, soll künftig weiterhin im Zweijahresrhythmus an Künstler mit deutlich biografischem Bezug zu Baden-Württemberg ergehen. Weitere Voraussetzungen gibt es nicht, weder hinsichtlich des Alters noch des Werdegangs des Künstlers: „In erster Linie geht es um das am Ort gezeigte Werk, nicht um eine künstlerische Lebensleistung“, informiert das Kunstmuseum. Zur Jury, die den Preisträger bestimmt, gehören Joachim Haas, Vorsitzender der Sparda-Bank Baden-Württemberg, Martin Hettich, Vorstandssprecher der Bank, Ulrike Groos, Direktorin des Kunstmuseums, die Kunstmuseumskuratoren Eva-Marina Froitzheim und Sven Beckstette, Susanne Pfeffer als Leiterin des Museums Fridericianum in Kassel, und Jürgen Schlensog, Geschäftsführer der Opus Veranstaltungs GmbH. In seinem ersten Jahr stand der Preis unter keiner thematischen Vorgabe – im zweiten nun lautet sein Thema ganz so wie das Thema, unter dem das Museum 2015 sein zehntes Jubiläum feiert: „Kunst & Musik.“

Seit dem 14. Mai schon waren Werke von Peter Vogel, Nevin Aladag und der Künstlergruppe Discoteca Flaming Star am Schlossplatz zu sehen. Die Entscheidung der Jury ist gefallen, die Entscheidung der Besucher steht noch aus. Bis zum 13. September sind die musikalischen Kunstwerke von Vogel, Aladag und Discoteca Flaming Star noch zu sehen. Der Behälter, in dem das Kunstmuseum die Stimmen seines Publikums sammelt, füllt sich immer wieder.