Markus Frntic bei einer Feier kroatischer Neonazis im österreichischen Bleiburg Foto: StN

Den Kirchheimer Neonazi Markus Frntic identifizierten ostdeutsche Geheime 1996 als Ku-Klux-Klan-Chef. Der Stuttgarter Deutsch-Kroate war führender Kopf des „Blood & Honour“-Netzwerkes – und unterhielt Kontakte zu Helfern der mutmaßlichen Rechtsterroristen um Beate Zschäpe.

Stuttgart - Für die Neonazis muss es ein Riesenspaß gewesen sein: Bei einer Nachtwanderung durch Mecklenburg-Vorpommern seien in weißen Kutten maskierte Kameraden aus Bayern mit Fackeln aus dem Gebüsch gesprungen und hätten ihre spazierenden Gesinnungsgenossen erschreckt. „Eine Mordsgaudi“, erzählt der Spitzel bayrischen Verfassungsschützern. Etwa zur selben Zeit kabelten deren mecklenburgischen Kollegen einen ebenso geheimen wie alarmierenden Bericht an die Geheimen Baden-Württembergs: Am 30. September 1996 warnten sie den Südwest-Dienst vor einer „Ku-Klux-Klan Gruppe aus Stuttgart“, die von Markus Frntic angeführt werde.

 

Es ist in den Akten nicht erkennbar, dass die Geheimdienstler diesem Hinweis auch nur Beachtung schenkten. Ihr damaliger Präsident konnte sich kürzlich im Landtag auch gar nicht an den geheimen Vermerk erinnern: Offiziell beginnt deren Wissen um die Rassistentruppe erst im Herbst 1998. Dabei war und ist Frntic den Spähern in Stuttgart bestens bekannt. Nicht nur, weil vor der Haustür 45 Jahre alten Deutsch-Kroaten in Kirchheim am Neckar ein bulliger Bundeswehrtransporter steht. Dessen amtliches Kennzeichen offenbart die Gesinnung seines Besitzers: Die „14“ für die „14 Worte“ des US-amerikanischen Rechtsterroristen David Lane wird mit der „88“ für den achten Buchstaben des Alphabets kombiniert: „HH – Heil Hitler“. Es ist ein beliebtes Zahlenspiel der Neonaziszene. Zu dessen führenden Köpfen gehört Markus Frntic.

Der mischt seit den 1990er Jahren Frntic bei „Blood & Honour“ (B&H) mit. Der deutsche Slogan „Blut und Ehre“ war auf den Koppelschlössern von Hitlerjungen eingraviert, später auch auf deren Fahrtenmessern. Im Raum Stuttgarter bildete sich eine Keimzelle der Neonazitruppe. Die hatte sich international agierendes Netzwerk vor allem ein Ziel gesetzt: Konzerte rechter Musikgruppen zu organisieren, diese Musik zu produzieren und zu vertreiben.

Markus Frntic baute „Blood & Honour“ im Südwesten auf

Gleichzeitig wollten sie eine „politische Kampfgemeinschaft“ aufbauen und riefen zum „Rassenkrieg“ auf. Den sollte, sind sich sowohl die Juristen der Opfer wie auch die Ankläger der Bundesanwaltschaftschaft im Münchener NSU-Verfahren einig, den Kampf sollte der bewaffnete Arm der B&H führen, die Gruppe „Combat 18“.

Dazu passt, dass zahlreiche „Blood and Honour“- Mitglieder die mutmaßlichen Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) unterstützten. Sie halfen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt 1998 dabei, in Chemnitz unterzutauchen. Jan Werner, Chef von „Blood & Honour Sachsen“, versuchte, über den V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes Carsten Szczepanski eine Waffe für das NSU-Trio zu besorgen.

Markus Frntic kümmerte sich währenddessen darum, „Blood & Honour“ im Südwesten aufzubauen. Er leitete die „Sektion Württemberg“. Wie stark er sich mit der Ideologie der Gruppe identifiziert, lässt sich auf seinem Bauch lesen. Dort ließ sich Frntic in großen Lettern die Namen „Blood & Honour“ und „Adolf Hitler“ tätowieren. In der Szene verschaffte sich immer wieder Respekt: Frntic, der Sohn einer deutschen Mutter und eines kroatischen Vaters, hat beste Kontakte in die Kreise von Faschisten und Kriminellen in Kroatien.

Am 12. September 2000 verbot der Bundesinnenminister die „Blood & Honour Division Deutschland“. Otto Schily (SPD) wies der Gruppe nach, dass sie gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung kämpfte. Bis heute rotten sich Neonazis weltweit im Netzwerk „Blood & Honour“ zusammen. Die Organisation, 1987 in Großbritannien gegründet, verbreitete sich in wenige Jahre weltweit. Der verbotene deutsche Ableger gehörte mit über 200 Mitgliedern zu den größten. Fahnder des thüringischen Landeskriminalamts (LKA) rechneten 1999 auch die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zum „harten Kern“ dieses Netzwerks.

Ein Foto zeigt Frntic zusammen mit Marcel Degner

In einer internen Analyse hielt ein Beamter des Bundesamts für Verfassungsschutz fest, dass der Neonazi-Szene nach dem Verbot „der maßgebliche Veranstalter von Konzerten rechtsextremistischer Skinhead-Musik“ weggebrochen sei. Daraufhin sei es zu „Ersatzhandlungen“ in Nachbarländern und in Klubhäusern von Rockerbanden gekommen. Auch Markus Frntic hatte schon neun Monate vor dem Vereinsverbot einen Weg gefunden, dieses zu umgehen: Seine Kameraden sammelte er in einer neuen Struktur unter dem Namen „Furchtlos und Treu“.

Die 15 Mitglieder luden zu Feiern in eine Scheune in Brackenheim-Meimsheim bei Heilbronn ein. „Bis zu 50 Szeneangehörige nahmen an Skinfeiern teil“, beobachteten Staatsschützer der Polizei. Die beobachteten auch eine Gedenkveranstaltungen für die Waffen 17. SS-Panzergrenadierdivision „Götz von Berlichingen, die Frntic und Co. auf der „Götzenburg“ in Jagsthausen organisierten. Ermittler des LKA erkannten 2001 in den Württembergern zwar nur einen „lockeren Personenzusammenschluss“ und „keine gefestigten Strukturen“. Frntics badischen B&H-Kameraden in Karlsruhe attestierten die Kriminalen aber schon zuvor, dass ihre „Kommunikation nach innen und außen auf einem hohen Niveau“ stattfände: „Aufgrund äußerst konspirativer Vorgehensweise liegen kaum Erkenntnisse vor“.

Dafür aber über eine Vermischung beider Südwest-Gruppen. Zu einem Rechtsrock-Konzert im elsässischen Mossey am 6. Februar 1999 marschierten die vereinigten Baden-Württemberger B&Hler auf. Frntic und der Waldbronner Roland S. fungierten gar als Sicherheitsdienst. Außer Frntic identifizierten die Beamten damals Neonazis aus Sinsheim und Eppingen als „Führungspersonen“ der furchtlosen Treuen.

Die sind bundesweit bestens vernetzt. Ein Foto zeigt Frntic zusammen mit Marcel Degner. Der Mann aus Gera war der bundesweit zuständige Kassenwart von B&H. Ermittler verdächtigen ihn, im November 1999 Geld für die abgetauchten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gesammelt zu haben. zumal Degner bis Ende der 90er Jahre unter dem Tarnnamen „Hagel“ Thüringens Geheimdienstlern als wichtigster Spitzel unter den Neonazis reportierte. Die Berichte über die Treffen mit Degner sind verschwunden. Nur ein Report von 158 ist noch da. Auch Thomas Starke ist auf dem Bild mit Frntic zu sehen. Der Informant der Berliner Polizei und zeitweilige Geliebte Zschäpes versteckte das Trio, als das 1998 abtauchte.

Nur 133 Kilometer trennen deren damaligen Unterschlupf in Chemnitz vom ostsächsischen Bautzen. Dort fiel im September 2003 Polizisten der Computer eines Neonazis in die Hände, der sich selbst getötet hatte. Auf der Festplatte: Bilder, auf denen Frntic und Kameraden der „Furchtlos und Treu Sektion Schlesien“ mit Waffen posierten. Ermittler fanden im Januar 2004 in deren Wohnungen 500 Gramm Sprengmasse, fünf Meter Sprengschnur, Übungshandgranaten und 2500 Schuss Munition; bei Frntic nur ein Plastikgewehr und einen durchbohrten Gewehrlauf. Der Rechtsradikale vom Neckar kam davon. Bis heute zeigt sich „Furchtlos und Treu“ mit Pistolen und Gewehren. Die Kameraden reisen mit Frntic nach Österreich zu Treffen kroatischer Faschisten. Dort tragen sie T-Shirts mit dem Aufdruck: „Deutsch-kroatische Waffenbrüder“.