Foto: dpa

Seit 2008 soll es einen neuen Ku-Klux-Klan in der Stadt geben. Zum Gruppenfoto haben sich die Herren in Schale geschmissen: Weiße, schwarze und violette Roben haben sie über Jeans und festes Schuhwerk gezogen.

Schwäbisch Hall - Zum Gruppenfoto haben sich die Herren in Schale geschmissen: Weiße, schwarze und violette Roben haben sie über Jeans und festes Schuhwerk gezogen. Die Talare glänzen seidig. Auch der grüne des zweiten Mannes von rechts in der ersten Reihe: „Didi White“, weißer Didi, nennen ihn seine Freunde im Ku-Klux-Klan. Dietmar B. heißt er in Deutschland. Der rassistische Geheimbund ist wieder zurück in Schwäbisch Hall – nachdem er sich offiziell 2004 aufgelöst hat.

In der vergangenen Woche wurden der „Heilbronner Stimme“ und unserer Zeitung Fotos und Dokumente zugespielt. Sie belegen: 2008 ernannte der oberste Kapuzenmann der „Vereinigten nördlichen und südlichen Ritter des Ku-Klux-Klans“ den Schwaben zum Anführer der deutschen Zipfelmützen. „Wir sind zuversichtlich, dass wir zusammen die Zukunft gestalten“, schrieb Cole Thornton im August 2008 in die gesiegelte Urkunde.

Dass Dietmar B. eine führende Rolle bei den Rassisten spielt, zeigt das Foto der Führungsriege des Ku-Klux-Klans. Auf dem trägt der Schwäbisch Haller die grüne Robe des Grand Dragon, des großen Drachen – die Bezeichnung für den Anführer eines amerikanischen Bundesstaats oder eines Landes außerhalb der USA. Ein Gutachten unserer Zeitung ergab: Das Foto ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 92 Prozent echt. Es zeigt die aufmarschierten Klansmänner, so schließen die Experten aus der Vegetation, „mit hoher Wahrscheinlich in einem östlichen Bundesstaat der USA oder in Kanada“.

„Ich gebe keinen Kommentar“

Im etwa 7200 Kilometer entfernten Schwäbisch Hall zeigte sich, dass Dietmar B. der Mann auf dem Foto ist. Wenn auch ein redefauler. „Ich gebe keinen Kommentar“, raunzt er aus seiner Garage – und will sein Grundstück für sich haben. Sein Haus ist nur einen Steinwurf von dem entfernt, in dem bis Mitte der 2000er Jahre der frühere Schwäbisch Haller Klanchef Achim S. wohnte und einen Versandhandel für Rassisten betrieb. Er soll von einem Verfassungsschützer im Jahr 2002 informiert worden sein, dass die Telefone der Robenträger überwacht wurden. Der Gruppe gehörten seinerzeit auch kurzfristig zwei Böblinger Polizisten an.

Als im Sommer bekanntwurde, dass die beiden Schutzmänner Mitglieder des rechtsextremen Ku-Klux-Klans waren, führte dies zu neuen Spuren im Fall der mutmaßlich durch das Neonazi-Trio NSU ermordeten Polizistin Michéle Kiesewetter. Deren Gruppenführer war Kapuzenmann und gleichzeitig auch am Mordtag in Heilbronn eingesetzt. Allerdings, so kommen Experten des Innenministeriums im August dieses Jahres in einem Bericht zum Schluss, könne kein Zusammenhang zwischen dem Mord und den Rassisten nachgewiesen werden. Und auch für eine Beziehung zwischen Kiesewetter und Klanchef und Kluxer-Ausrüster Achim S. gibt es keine Beweise.

Die gibt es jedoch für „Didi Whites“ Einkäufe bei rechten Szene-Ausrüstern. Aus einer unserer Zeitung vorliegenden Liste geht hervor, dass B. 2010 ausgiebig bei der Bekleidungsmarke Thor Steinar geordert hat. Der Brandenburger Verfassungsschutz sieht in dem Modelabel ein Erkennungsmerkmal der Neonazi-Szene. Mehrere Gerichte haben die auf den Klamotten aufgedruckten Logos als „Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen“ bewertet. Die Landtagsfraktion der sächsischen NPD wollte vor einigen Wochen geschlossen in Thor-Steinar-Kleidung an einer Plenarsitzung teilnehmen und wurde deswegen von Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) aus dem Parlament verwiesen.

In Baden-Württemberg liegen den Sicherheitsbehörden nach Auskunft eines Sprechers des Innenministeriums aktuell keine Erkenntnisse darüber vor, ob sich in Schwäbisch Hall ein neuer Ku-Klux-Klan gebildet hat.