Mögen die Dunkelheit: Foto: dpa

Sie legen gefahrvolle Kilometer zurück: Die Krötenwanderung hat auch im Strohgäu wieder begonnen. In einer Kommune leben Frösche, Kröten, Unken und Molche besonders gefährlich.

Strohgäu - Augen auf und Fuß vom Gas: Derzeit sind im Strohgäu wieder Amphibien unterwegs zu ihren Laichplätzen. Der oft kilometerlange Weg im Dunkeln endet für etliche Tiere tödlich: Immer wieder werden sie von Autos überfahren. Sollten sie von den Reifen doch verschont bleiben, kann laut Tierschützern schon der Luftzug vorbeifahrender Autos so groß sein, dass die Tiere innere Verletzungen erleiden. Dies passiere bei einem Tempo schneller als 30 Stundenkilometer. Tierschützer und Behörden wie das Landratsamt Ludwigsburg sind daher in Alarmbereitschaft. Die einen tragen die Tiere über die Straße und zählen sie, die anderen ordnen Straßensperren und Tempolimits an.

Straße gesperrt? Autofahrern offenbar egal

Am gefährlichsten wandern Frösche, Kröten, Unken und Molche im Krummbachtal in Gerlingen. In dem „besonderen Amphibien-Biotop“ werde ein Viertel bis ein Drittel der Tiere beim Überqueren der Krummbachtalstraße überfahren, sagt der Vorsitzende der Nabu-Gruppe Gerlingen, Volker Schad. „Die Straße wird zwar zeitweise zwischen 20 und 5 Uhr gesperrt – doch keiner hält sich dran.“ Die Autofahrer würden einfach um die Halbschranke herumfahren. Immerhin beherzige „ein großer Teil“ das Tempo-30-Limit, sagt Schad.

Aus seiner Sicht sind mehr Kontrollen nötig. Den fließenden Verkehr darf außerorts nur die Polizei kontrollieren, dagegen dürfen dies innerorts auch die Kommunen und das Landratsamt. Der Polizeisprecher Peter Widenhorn sagt: „Wenn die Polizei Hinweise bekommt, dann kontrolliert sie auch, wie das etwa im Weissacher Tal der Fall ist.“ Bislang seien für die Krummbachtalstraße aber keine Hinweise eingegangen. Wer eine Straßensperrung ignoriert, zahlt mindestens 20 Euro Bußgeld.

Seltene Arten im Krummbachtal

Indes können die Gerlinger Tierschützer nur aufklären. „Wir sprechen die Leute an. Manche wissen es nicht besser, manchen sind die Amphibien egal“, sagt Volker Schad. Mehr Schutzzäune würden nur bedingt helfen: „Das Krummbachtal ist mit zweieinhalb Kilometern zu lang, um alles mit Zäunen einzugrenzen.“ Jene rund 50 Zentimeter hohen Folien parallel zur Krummbachtalstraße sind für Amphibien ein Hindernis. Diesem weichen sie aus, dann plumpsen sie in einen Eimer, den die Naturschützer an entsprechender Stelle aufgestellt haben. Daneben gibt es unter der Straße zwei Tunnel für Amphibien. Wie viele Tiere diese nutzen, ist laut Volker Schad unklar. Er berichtet aber von 700 bis 800 Tieren, die er und seine Mitstreiter jedes Jahr in dem Gebiet zählen, darunter seltene Arten wie Gelbbauchunken und Kreuzkröten. Sicher weiß Schad: „Amphibien sind vom Aussterben bedroht.“

Wo sind all die Amphibien geblieben?

Das stellt auch der Nabu Schwieberdingen-Hemmingen fest. „Amphibien werden weniger“, sagt der Vorsitzende Thomas Gölzer. Er vermutet als Ursache unter anderem den Klimawandel. Das Wetter werde heißer, trockener, der Grundwasserspiegel sinke. „Das sind schlechte Bedingungen für Amphibien“, sagt Gölzer, sie seien an Feuchtbiotope gebunden. Gab es vor ein paar Jahren Tausende Amphibien pro Saison, seien es voriges Jahr noch 200 gewesen. Immerhin würden in Hemmingen kaum Tiere überfahren. Auf dem Weg vom Eulenbergwald zum Böhnlachteich müssten sie zwar die Heimerdinger Straße überqueren, doch entlang dieser stünden viele Schutzzäune. Unter der Straße verlaufen drei Betonröhren, es gilt Tempo 50.

Auch in Korntal-Münchingen, am Fuße des Grünen Heiners, rätseln Naturschützer über ausbleibende Amphibien. In einem künstlich angelegten Teich hätten die Helfer voriges Jahr mit 120 „sehr wenige Tiere“ gezählt, sagt Stephanie Drenseck. Sie ist beim Nabu und beim BUND für Amphibien zuständig. „2017 war in dem Teich kaum Regenwasser, dafür war er voller Schlingpflanzen.“ Sie seien jetzt entfernt und die Bedingungen wieder „recht gut“. Der Feldweg östlich des Grünen Heiners werde während der Krötenwanderung gesperrt. Kleinere Populationen beobachten Naturschützer am Lotterberg und an der Landesstraße nach Hemmingen. Dort stehen Hinweisschilder.

Eine Kommune ist ohne Kröten

In Ditzingen gibt es laut der Stadt „keine nennenswerte Krötenwanderungen und somit auch keine Maßnahmen“. Sobald es wärmer wird, wandern Amphibien bei feuchter Witterung los. Am Laichgewässer bleiben sie bis zu vier Wochen, dann treten sie den Rückweg an. Die Krötenwanderung dauert je nach Witterung bis Ende Mai.