Die ungewohnt hohen Wassertemperaturen an der Adria erfreuen die Liebhaber warmer Badefreuden, beunruhigen aber die Biologen. Buchstäblich schmerzhaft: die Zuwanderung von Quallen und Feuerfischen.
Zumindest südosteuropäische Kältemuffel können sich an den brühwarmen Badefreuden in der Adria noch erfreuen. Das Wasser sei „sehr warm und angenehm für langes Schwimmen“, jubilierte vergangene Woche die montenegrinische Website Jadrannovi.me über die bereits Anfang Juli auf mehr als 27 Grad gekletterten Meerestemperaturen in der Bucht von Kotor: „Das sind ideale Bedingungen ohne irgendwelche Unannehmlichkeiten.“
Die meisten Medien und die Meeresbiologen der Region sind über die auf immer neue Rekordhöhen steigenden Wassertemperaturen in Europas beliebtester Badewanne hingegen zunehmend besorgt. Im kroatischen Split waren die Wassertemperaturen in der vergangenen Woche auf 28 Grad gestiegen, in Dubrovnik auf 29 Grad und an den Stränden der süddalmatinischen Insel Mljet gar bereits auf 30 Grad geklettert.
Lauwarme Meereswellen um die 30 Grad
„Solche hohen Meerestemperaturen haben wir an unserer Küste noch nie erlebt“, titelt beunruhigt die Website des staatlichen TV-Senders HRT: „Die globale Erderwärmung hinterlässt auch im Meeresleben immer größere Spuren.“
Zwar haben die Regenschauer und sinkenden Temperaturen am vergangenen Wochenende endlich wieder für etwas erfrischendere Wassertemperaturen gesorgt. Doch spätestens nächste Woche wird an der Adria mit der nächsten Hitzewelle gerechnet: Lauwarme Meereswellen um die 30 Grad drohen im Hauptreisemonat August eher zur Norm als zur Ausnahme werden.
„Die Adria erhitzt sich wie verrückt“, titelt reißerisch das Zagreber Webportal Index.hr. „Das bedeutet, dass gefährliche Fische und Haie kommen.“ Zwar liegt die letzte tödliche Hai-Attacke an der kroatischen Adria bei Omis schon fast fünf Jahrzehnte zurück. Es ist vor allem die Adria-Invasion kleinerer tropischer Fische und Quallen, die Biologen und Fischer beunruhigt. Vermehrt wird in der Adria in den vergangenen Jahren nicht nur der Rotfeuerfisch gesichtet, sondern auch der nicht minder giftige sogenannte Hasenkopf-Kugelfisch.
Negative Folgen für das komplexe Ökosystem im Meer
Die Versalzung und höheren Temperaturen machen es möglich: Über den Suezkanal sind diese hochgiftigen Tropen-Eindringlinge aus dem Roten Meer ins Mittelmeer und weiter in die Adria gelangt. Aus dem Atlantik und dem westlichen Mittelmeer schwimmen die lästigen Kompassquallen bis in die nördliche Adria: An der Küste Istriens mehren sich die Touristenklagen über eine regelrechte Quallenplage.
Die steigenden Wassertemperaturen wirkten sich mit Sicherheit negativ auf das sehr komplexe Ökosystem der Adria aus, sagt gegenüber dem TV-Sender N1 der Biologe Alen Soldo vom Institut für Meeresstudien an der Universität Split. Er warnt vor Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette von Mikroben und Plankton bis hin zu Walen und Fischen – und den Fischern.
Fischer werden weniger Fang im Netz haben
Die wärmeren Wassertemperaturen sorgten einerseits für die Zuwanderung von Fischen, die „hier keine natürlichen Feinde haben“, sagte Soldo. Andererseits würden sich Fische bei steigenden Temperaturen in kältere und tiefere Meeresschichten zurückziehen: „Fischer haben dort große Probleme, sie zu fangen.“
Werden die dann zum illegalen Dynamitfischen greifen, um überhaupt etwas zu fangen? Noch scheint diese Gefahr übertrieben. Der Zagreber Meeresbiologe Petar Kruzic fürchtet, dass angewachsene Meeresorganismen wie Korallen, Schwämme und Moose unter der Erwärmung der tieferen Meeresschichten am stärksten zu leiden hätten. Habe die Wassertemperatur in einer Tiefe von 30 Metern im Sommer früher bis zu 15 Grad betragen, sei diese nun auf 25 Grad geklettert: „Diese Organismen leiden nun unter Nahrungsmangel. Sie können dem warmen Meer nicht entkommen.“
Feuerfisch wandert ins Mittelmeer ein
Giftig
Rotbraune Streifen und lange, hochgiftige Flossenstacheln sind die Kennzeichen des eigentlich im Indischen Ozean und im Roten Meer beheimateten Rotfeuerfisches. Seit 2012 wird der gefräßige Räuber im Mittelmeer gefunden.
Essbar
Neuerdings jagen Fischer in der Türkei, auf Zypern und in Griechenland den Eindringling mit Taucherharpunen. Die bis zu 38 Zentimeter langen Fische sind nicht nur schön, sondern auch schmackhaft.