Aserbaidschanische Polizisten halten in der Innenstadt von Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, während einer Demonstration einen Demonstranten fest. Foto: dapd

Werbebroschüre über angebliches Musterland Aserbaidschan: Konsul Hauser eckt bei Politikern an

Berlin - 38 Seiten stark ist die kleine Broschüre im DIN-A5-Format, ein ansprechender Druck, ein stimmungsvolles Titelbild des nachtblau leuchtenden Baku. „Aserbaidschan – 33 Fakten, die man kennen muss“ nennt sich das Heftchen, das vom Deutsch-Aserbaidschanischen Forum erstellt worden ist.

Es zeichnet Aserbaidschan nicht nur als touristisches Paradies. Aserbaidschan ist, glaubt man dem Text, auch ein ausgesprochen demokratisches Musterland. Das Präsidialsystem sei „vergleichbar mit Frankreich“, und dem Staat sei das Ziel vorgegeben, „für die Rechte und Freiheiten der Bürger“ zu sorgen. Es gebe 55 Parteien, nur verfassungswidrige Vereinigungen seien „wie in jeder westlichen Demokratie“ verboten. Die Versammlungsfreiheit sei durch die Verfassung „garantiert“. Friedlich existierten die Religionen nebeneinander, und die Presse- und Meinungsfreiheit „steht nicht nur auf dem Papier“.

Das Deutsch-Aserbaidschanische Forum ist ein unabhängiger privater Verein. Insofern steht ihm zu, seine Sicht des Landes zu verbreiten, auch wenn diese Sicht in krassem Gegensatz zur Meinung des Auswärtigen Amts und vieler Organisationen steht, die sich um die Menschenrechtslage im Land kümmern. Dennoch hat der Werbetext im politischen Berlin Anstoß erregt. Das liegt an Otto Hauser. Der Honorarkonsul Aserbaidschans ist Vorstandschef des Forums. Der Ärger entzündet sich aber daran, dass Hauser sein Vorwort mit einem Bild von sich versieht, unter dem steht: „Otto Hauser, Vorstandsvorsitzender Deutsch-Aserbaidschanisches Forum, Regierungssprecher und Parlamentarischer Staatssekretär a. D.“.

„Anschein von Objektivität, die der Broschüre selbst nicht zukommt“

Die Kritik fasst die FDP-Außenpolitikerin und Chefin der Südwest-Liberalen Birgit Homburger so zusammen: „Es ist völlig in Ordnung, dass Herr Hauser als Honorarkonsul von Aserbaidschan die Interessen dieses Landes vertritt. Dabei allerdings als Regierungssprecher und Staatssekretär a. D. aufzutreten, gibt diesem privaten Engagement einen offiziellen Anstrich. Das ist problematisch.“ Das ist der Punkt. Von Mai bis Oktober 1998 war Hauser Parlamentarischer Staatssekretär beim damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und Sprecher der Bundesregierung.

Will Hauser, einst einflussreicher Chef der baden-württembergischen Landesgruppe der CDU-Bundestagsfraktion, die Aussagen der Broschüre mit dem Hinweis auf frühere Regierungsämter in ein glaubwürdigeres Licht stellen? Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sieht das so. Der Hinweis auf die Ämter verleihe dem Text „einen Anschein von Objektivität, die der Broschüre selbst nicht zukommt“. Mützenich nennt das „sehr befremdlich“.

So sieht das auch Markus Löning (FDP), Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung. Hauser versuche, „etwas an Glaubwürdigkeit seiner früheren Staatsämter mitzunehmen“, sagt er. Das sei nicht verboten. Aber angesichts der inhaltlichen Positionen, die Hauser in Bezug auf Aserbaidschan einnehme, könne man sich fragen, „ob das vertretbar ist“.

Hauser zeigt sich unbeeindruckt von den Vorwürfen

Das führt zu inhaltlichen Aspekten. Im Text der Broschüre heißt es, Amnesty International benenne zwar politische Häftlinge. Tatsächlich seien diese Personen „allerdings nicht wegen politischer Delikte verurteilt worden“. Marie von Möllendorf, zuständige Fachreferentin bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, spricht gegenüber unserer Zeitung von 17 Personen, die wegen Ausübung ihrer Menschenrechte in Aserbaidschan in Haft säßen. Markus Löning weist darauf hin, dass „mindestens vier Häftlinge der Partnerpartei der FDP angehören, darunter der Generalsekretär“.

Hauser zeigt sich unbeeindruckt von den Vorwürfen. „Völlig normal“ sei, dass er mit seinen Ex-Funktionen firmiere. Die Kritik sei „an den Haaren herbeigezogen“, sagte er aus Baku unserer Zeitung. Sie stamme von Leuten, die die Lage im Land nicht kennen. „Herr Löning war hier zusammen mit Außenminister Westerwelle, da hat er keinen Ton gesagt.“ Überhaupt: Mehr als die Hälfte der Häftlinge, um die es gehe, seien „Islamisten“. Diese Aussage hält der Menschenrechtsbeauftragte für „übel diffamierend“. Finanziert ist die Broschüre „mit freundlicher Unterstützung durch Socar“, der aserbaidschanischen Ölgesellschaft. Amnesty hat im April den Fall mehrerer Journalisten dokumentiert, die von Socar-Angestellten geschlagen und eingeschüchtert worden seien, als sie über den Abriss von Häusern berichten wollten, die auf Boden standen, wo Socar Bohrungen anstellen wollte.

Aber nicht jeder kritisiert Hauser. Andreas Schockenhoff, außenpolitischer Experte der CDU-Fraktion, sagt, es handele sich „um eine touristische Informationsbroschüre“. Die richte sich „nicht an die Politik“.