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Noch immer sind Laubjäger mit Blasrohren und Saugern unterwegs, um die letzten Spuren des Herbstes zu beseitigen. Bis zu 4500 Tonnen Laub entsorgt allein die Stadt. Dass die Jagd das Todesurteil für viele Tiere bedeutet und mit ohrenbetäubendem Lärm verbunden ist, verärgert Bürger und Umweltschützer.

Noch immer sind Laubjäger mit Blasrohren und Saugern unterwegs, um die letzten Spuren des Herbstes zu beseitigen. Bis zu 4500 Tonnen Laub entsorgt allein die Stadt. Dass die Jagd das Todesurteil für viele Tiere bedeutet und mit ohrenbetäubendem Lärm verbunden ist, verärgert Bürger und Umweltschützer.

Stuttgart - Nasses Laub kann so rutschig sein wie Glatteis. Deshalb sind von Mitte September bis Dezember rund hundert Laubjäger der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) und rund 140 Mitarbeiter des Garten- Friedhofs- und Forstamts unterwegs, um auf Straßen, Spielplätzen, Friedhöfen und Grünflächen mit Rechen, Besen und Saugkehrmaschinen Laub einzusammeln. Die AWS bringt es auf bis zu 1500 Tonnen Laub pro Herbst, das Gartenamt auf rund doppelt soviel.

Problematisch ist, das zur Jagd aufs Laub auch handgeführte Laubbläser und -sauger im Einsatz sind. Die Geräte blasenden Herbst einfach weg oder saugen ihn auf und häckseln ihn klein. Dabei werden Luftgeschwindigkeiten von bis zu 160 Kilometer pro Stunde und Saugleistungen von etwa zehn Kubikmetern pro Minute und ein Lärmpegel von bis zu 100 Dezibel erreicht. Letzteres entspricht der Lautstärke eines Presslufthammer und ruft den Protest vieler Bürger wegen Lärmbelästigung hervor. Friedhofsbesucher sehen gar die Totenruhe durch den Lärm gestört.

Rund 30 Laubbläser und -sauger im Einsatz

Umwelt- und Naturschützer kritisieren, dass Insekten und sogar Frösche von den Geräten verschlungen und zerhackt werden. „Das ist wie eine Todesfalle“, sagt Kathrin Schlecht, Geschäftsführerin vom Naturschutzbund (Nabu) Stuttgart und weist darauf hin, dass die Insekten Nahrungsgrundlage zum Beispiel für Vögel sind und die Laubbläser die Unterschlüpfe von Regenwürmern und Igeln zerstören. Das städtische Amt für Umweltschutz sieht es ähnlich: „Wir können die Geräte nicht befürworten. Denn die ihre Anwendung ist mit Lärmterror verbunden und kostet Insekten das Leben. Aber verhindern können wir sie nicht. Sie ist durch die 32. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz legal“, sagt Amtsleiter Werner Flad.

Die AWS, zu deren Haupteinsatzgebiet in Sachen Laubbeseitigung Straßen und Wege zählen, setzt rund 30 Laubbläser und -sauger ein. „20 davon sind leisere Akku-Geräte und nur noch zehn haben die herkömmlichen vier-Takt-Motoren, die aus Umweltschutzgründen aber mit Ökosprit betrieben werden“, sagt AWS-Sprecherin Annette Hasselwander. Das ist bereits ein Fortschritt gegenüber 2011. Damals wurden sechs Akku-Geräte und 25 herkömmliche Handlaubsauger eingesetzt.

Während auf Straßen und Gehwegen gesaugt und geblasen wird, wird in Parkanlagen auch noch mit dem Rechen gearbeitet. Nach Angaben des Garten-, Friedhofs- und Forstamts werden etwa 1000 Tonnen Laub mit dem Rechen und 2000 Tonnen mit Maschinen beseitigt.

Verunreinigtes Laub, das von Straßen eingesammelt wird, wird in der Müllverbrennungsanlage verbrannt. Nicht verunreinigtes Laub aus Parkanlagen kommt in die Kompostieranlage nach Zuffenhausen oder wird auf dem Häckselplatz in Degerloch gelagert und von Fremdfirmen abtransportiert und zu Dünger verarbeitet.

Ob der Einsatz von Schadstoff ausstoßenden Laubbläsern angesichts des Klimawandels noch zeitgemäß und notwendig ist, wollen jetzt auch die Grünen im Gemeinderat wissen. In einer Anfrage an die Verwaltung weisen auch sie auf die Belastung von Mensch und Tier hin. „Mittlerweile jagen auch Privatleute jeder Piniennadel mit dem Sauger nach. Die Stadt sollte hier mit gutem Beispiel voran gehen und auf die Geräte möglichst verzichten“, fordert Grünen-Stadträtin Anna Deparnay-Grunenberg.

AWS und Gartenamt würden der Forderung gern nachkommen. In beiden Fällen scheitert es am Personal beziehungsweise Geld für die Laubbeseitigung per Rechen und Besen.

Laub geblasen oder gesaugt werden darf nur werktags: von 9 bis 13 und 15 bis 17 Uhr.