Roland Stickel findet, dass der Standort für das Neubaugebiet denkbar schlecht gewählt ist. Foto: erner Kuhnle/ 

Der Stadtrat Roland Stickel kämpft gegen ein Neubaugebiet in Marbach-Rielingshausen (Kreis Ludwigsburg) – als Einziger aus dem konservativen Lager. Unter anderem sei das Bauen dort teuer, sagt er.

Der Marbacher Bürgermeister Jan Trost ist öffentlich noch nie aus der Haut gefahren. Zuletzt ist er aber im Ton bisweilen schärfer geworden, wenn sich Roland Stickel zum geplanten Neubaugebiet Keltergrund im Stadtteil Rielingshausen zu Wort gemeldet hat. Das könnte daran liegen, dass Stickel schon seit Jahren gegen das Projekt schießt. Vielleicht nervt der CDU-Rat den Rathauschef also langsam mit seinen Bedenken.

 

Stickels Haltung ist auch durchaus ungewöhnlich. Die links-ökologische Gruppe Puls im Gemeinderat spricht sich grundsätzlich gegen das Neubaugebiet aus. Ihr ist der Flächenfraß ein Dorn im Auge. Aus den Reihen der Grünen wird das Areal ebenfalls kritisch beäugt, teils auch abgelehnt, speziell, weil es nach ihrem Geschmack nicht dicht genug besiedelt werden soll. Positionen, die angesichts der politischen Leitlinien wenig überraschend sind. Aber Stickel steht als Gegner des Areals im konservativen Lager bislang allein auf weiter Flur. Was stört ihn also so sehr an dem Vorhaben?

Im Ort wird getuschelt

Hinter vorgehaltener Hand wird getuschelt, dass Stickels Engagement nicht ganz uneigennützig sei, weil er ganz in der Nähe wohnt und somit vielleicht kein Neubaugebiet vor der Nase haben will. „Ich sehe mich nicht als direkter Angrenzer“, beteuert er allerdings. Der Wegfall der Frischluftschneise auf dem freien Feld betreffe ihn schon, aber optisch sei er nicht beeinträchtigt.

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Roland Stickel stellt zudem klar, dass er nichts gegen Baugebiete an sich habe. Ihm geht lediglich der Standort am nördlichen Ende der Kelterstraße gegen den Strich. „Ich sehe schon die Wohnungsnot. Aber die Nachteile im Keltergrund überwiegen für mich bei Weitem. Das ist eine ganz schlechte Bauplatzlage“, betont der Rielingshäuser. Er hätte sich höchstens vorstellen können, den Grasweg zwischen der vorhandenen Siedlung und dem neuen Areal auszubauen. Links und rechts davon hätte man dann Häuser errichten können, hoch in Richtung Schumannstraße in zweiter Reihe in die langen Gärten der schon bebauten Grundstücke hinein. Bei einer solchen Variante wäre er anfangs noch mitgegangen, sagt Stickel. Aber die drei Hektar, die die Stadt nun erschließen will, sind des Guten für ihn zu viel. Wobei er an der Stelle die geplante Bebauung längst auch kategorisch ablehne.

CDU-Mann fürchtet eine Überlastung für Schule und Kindergärten

Stickel ist im Gegensatz zu manchem Ratskollegen in der Kernstadt auch überzeugt davon, dass das Gelände zu dicht besiedelt werden soll. Neben zehn bis 13 Einzel- und 16 Reihenhäusern sowie maximal 30 Doppelhaushälften sind mittlerweile drei Mehrfamilienhäuser auf dem Gelände vorgesehen, auf dem früher eine Gärtnerei beheimatet war. Der Christdemokrat fürchtet, dass das Gebiet trotz aller gegenteiligen Beteuerungen aus dem Rathaus aus Gelddruck zu schnell aufgesiedelt wird. Kindergärten und Schule wären dann überlastet. Umgekehrt, wenn das Areal wirklich nach und nach bebaut werde, müsse man auf Jahre mit der damit verbundenen Verkehrsbelastung leben. Sämtliche Autos und Lastwagen müssten über die Kelterstraße in das Gebiet rollen. „Dabei gibt es an der Kelter nicht einmal einen Gehweg“, sagt Stickel.

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Ferner wurmt ihn die Versiegelung einer landwirtschaftlichen Fläche in Ortsrandlage. Dabei würden als Alternative in nächster Zeit innerorts vermutlich einige Anwesen frei, die neu überplant werden könnten. Und dann der Wegfall der Frischluftschneise, die in den heißen Sommern für etwas Abkühlung sorge. „Das zählt alles nicht mehr“, klagt Stickel. Dazu sei die Erschließung teuer. Grabe man nur etwa 1,30 Meter tief, stoße man schon auf Grundwasser. Man benötige Drainagen. Die Keller müssten teils mit einer weißen Wanne geschützt werden – ein Bauwerk, durch das kein Wasser sickern kann. Das Abwasser müsse aus der Senke gepumpt werden. Ein zusätzliches Rückhaltebecken brauche man ebenfalls. Das Bauen könnten sich unter diesen Umständen immer weniger Menschen noch leisten.

Kritiker im Ortschaftsrat haben ihm entgegengehalten, dass die Stadt das Areal für eine hohe Summe als Bauerwartungsland erworben habe. Der Betrag wäre in den Sand gesetzt, würde man nun alles abblasen. „Das seither bereits ausgegebene Geld für den Erwerb des Grundstücks ist zwar nicht unerheblich, muss aber nicht zwangsläufig verloren sein, weitere Millionen für die Erschließung aber schon – die kann man sich noch ersparen“, sagt Stickel, der betont, dass andere im Ort ähnlich dächten. „Mich sprechen viele an und signalisieren mir, dass sie die Bebauung im Keltergrund für nicht richtig erachten“, erklärt er.

In den kommunalpolitischen Gremien ist und bleibt Stickel aber einer der wenigen Mahner. Mit deutlicher Mehrheit wurde jetzt im Ausschuss für Umwelt und Technik der Entwurf für den Bebauungsplan beschlossen. Zum Vorentwurf war keine einige Rückmeldung aus der Bürgerschaft eingegangen. Am Donnerstag, 13. März, wird sich der Gesamtgemeinderat abschließend mit dem Entwurf beschäftigen. Roland Stickel wird wie immer dagegen stimmen.

Die Argumente der Stadt

Stärkung
Im rund drei Hektar großen Keltergrund in Rielingshausen sollen einmal rund 250 Menschen leben. Der Marbacher Bürgermeister Jan Trost betont, dass man das Neubaugebiet und seine Einwohner brauche, um die örtliche Infrastruktur wie den Einkaufsmarkt zu stärken. Zudem spüle jeder Bürger über den Finanzausgleich Geld in die klammen Kassen.

Wohnraum
Ferner sei die Wohnungsnot enorm, im Geschossbau könne bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Zudem gehöre das Areal der Stadt, sodass man bestimmen könne, wann wie schnell aufgesiedelt werde.