Der Haushaltsexperte der Landtags-SPD, Peter Hofelich, glaubt, dass die neue Landesregierung sich arm rechnet. Foto: Horst Rudel

Fünf Jahre hat die SPD den Finanzminister gestellt – vier davon ohne neue Schulden. Das komme der neuen Regierung jetzt zu Gute, sagt SPD-Finanzexperte Peter Hofelich und glaubt nicht, dass die Landesregierung zu harten Sparmaßnahmen greifen muss.

Stuttgart - Die grün-schwarze Koalition rechnet sich nach Ansicht der Landtags-SPD künstlich arm und täuscht die Bevölkerung über die wahre Haushaltslage hinweg. „CDU und Grüne schwimmen derzeit im Geld“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Peter Hofelich, unserer Zeitung. Harte Einschnitte, Steuererhöhungen oder gar neue Schulden seien in dieser Legislaturperiode nach jetzigem Stand nicht erforderlich.

Damit widersprechen die Sozialdemokraten entschieden ihrem früheren Grünen-Koalitionspartner, der für das kommende Jahr einen Deckungsbedarf von 2,6 Milliarden Euro sieht. „Es gibt keine Deckungslücke, schon gar keine in Höhe von 2,6 Milliarden Euro“, sagt Hofelich, der seine Analyse auf der Klausursitzung der SPD-Fraktion in dieser Woche in Karlsruhe erläutern will. Trotz der außerordentlichen Ausgaben für Flüchtlinge berge der Haushalt große Reserven.

Die Landtags-SPD hat mit Nils Schmid von 2011 bis 2016 den Finanzminister des Landes gestellt und nimmt für sich in Anspruch, eine „sehr, sehr gute Bilanz“ zu hinterlassen. Zwar lastetet nach wie vor 43 Milliarden Euro Kreditmarktschulden und hohe Beamtenpensionen auf Baden-Württemberg, doch habe Grün-Rot die strukturelle Deckungslücke von ursprünglich zweieinhalb Milliarden Euro erheblich reduziert. Diese liege derzeit nur noch bei 300 Millionen bis maximal 1,5 Milliarden Euro – je nachdem, wie hoch man die Kosten für die Flüchtlinge ansetzt (null bis 1,2 Milliarden).

Reserven und Rücklagen

Hofelich sieht aber vor allem große Reserven im Haushalt schlummern. So geht er davon aus (und beruft sich auf das Finanzministerium als Quelle), dass die Haushaltsabschlüsse für 2015 und 2016 satte Überschüsse ausweisen, der Saldo aus bisher nicht verbuchten Einnahmen und Ausgaben mit rund einer Milliarde Euro also deutlich im Plus liegt. Daneben seien aber auch noch 270 Milliarden Euro Rücklagen aus grün-roter Zeit vorhanden. Und nicht zuletzt mache sich 2016 auch eine Entlastung bei den Flüchtlingen in Höhe von 960 Millionen Euro bemerkbar. Hofelichs Fazit: „Die Reserven liegen zum Jahresende realistischerweise bei 2,2 Milliarden Euro.“

Die neue Landesregierung spiele jedoch nicht mit offenen Karten und täusche die Bevölkerung über die wahre Finanzlage. Notwendig wäre seiner Ansicht nach eine „steuernde, verlässliche und transparente Finanz- und Haushaltspolitik“. Eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer hält der Finanzpolitiker deshalb ebenso wenig für notwendig wie Eingriffe in den Kommunalen Finanzausgleich. „Das Land muss die Kommunen für die Daseinsvorsorge gerade jetzt eher mehr als weniger unterstützen“, meint Hofelich. Grün-Schwarz hat hingegen in ihren Nebenabreden vereinbart, die Kommunen mit 300 Millionen Euro jährlich zu belasten. Als Maßnahmen zur Konsolidierung des Haushalts werden außerdem Einschnitte bei den Beamten sowie eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer aufgeführt.

Grün-Schwarz will sparen

Neue Kredite schließt die Koalition hingegen aus. Grün-Schwarz werde auf Anhieb die „schwarze Null“ schaffen, hatte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) bei der Vorstellung des Etats für 2017 erklärt. Trotz den Überschüssen, den guten Steuerprognosen und der Entlastung an der Flüchtlingsfront, will Grün-Schwarz aber im Haushalt 2017 rund 800 Millionen Euro strukturell einsparen: fast ein Drittel der von Sitzmann angenommenen Deckungslücke von 2,6 Milliarden. Knapp die Hälfte davon sollen die Ressorts erbringen. Den Rest will die Finanzministerin „außerhalb der Ressorts“ holen.