Im Internet werden ökologische Vorwürfe gegen das Esslinger Entenrennen erhoben. Dran ist nichts. Die Gummitierchen werden nach dem Rennen von den Veranstaltern allesamt eingesammelt und aufbewahrt.
Zahlreiche Kinder und Erwachsene hatten ihren Spaß, als am vergangenen Sonntag 9000 Gummienten auf dem Wehrneckarkanal von der Maille bis zur Agnesbrücke um die Wette schwammen. Über 65 000 Euro Spenden für soziale Organisationen kamen am Ende des Entenrennens zusammen. Nur in den sogenannten Sozialen Medien wurde an der Aktion, die zum 16. Mal im Rahmen des Esslinger Frühlings stattfand, herumgenörgelt – ungetrübt von Informationen, die längst in der Zeitung zu lesen waren.
Besonders ökologische Bedenkenträger meldeten sich via Netz zu Wort. Doch ihr Hauptargument, mit den Rennenten werde jährlich neuer Plastikmüll produziert, der schlimmstenfalls den Neckar hinunterschwimme, ist – eine Ente. Fake News, wie man heute sagt. Der Faktencheck beim Veranstalter, dem Esslinger Round Table 161, ergibt: Alle seine Entlein werden nach vollbrachtem Lauf aus dem Fluss gefischt.
Enten werden nach dem Rennen eingelagert
Und dann eben doch als Plastikmüll entsorgt? Von wegen. Sie werden eingelagert in der Aichwalder Schreinerwerkstatt von Eberhard Vollmer. Bis zum nächsten Rennen. Das nicht unbedingt erst in einem Jahr in Esslingen startet. „Wir leihen die Enten auch aus, zum Beispiel für das Entenrennen auf der Körsch in Denkendorf“, sagt Benjamin Hirth, der Vorsitzende des Fördervereins der Esslinger Round Tabler. Schon aus Kostengründen genießen die Gummivögel Artenschutz: „Jede Ente kostet zwei Euro“, sagt Hirth. „Bei 9000 macht das 20 000 Euro. Warum sollen wir die wegschmeißen?“
Und wenn nach dem Rennen doch mal ein Gummitierchen gen Cannstatt ausbüchsen sollte: In Relation zu dem, was sonst so im Neckar dümpelt, wird es den Fluss nicht zum Umkippen bringen. Allein der Wehrneckarkanal, den die Round Tabler jedes Jahr vor dem Rennen säubern, birgt etliches Treibgut. Jedes Mal wird nebst anderem Unrat zum Beispiel ein Einkaufswagen oder ein Fahrrad aus dem Wasser gezogen, berichtet Hirth. Damit dürfte sich auch die in den Netzkanälen bekundete Sorge vor einer Mikroplastik-Flutung im Kanal relativieren. „Wir haben an unseren Enten noch keine Auflösungserscheinen festgestellt“, sagt Hirth.
Entenrennen: Mikroplastik ist kein Thema
Überhaupt: Was sind 9000 kleine Gummienten, die einmal im Jahr gut 40 Minuten im Wasser treiben, gegen den Bremsabrieb eines Fahrradreifens, von dem eines Lastwagenreifens ganz zu schweigen? Selbst wenn man die Entengastspiele bei anderen Rennen dazurechnet: eine einzige Vollbremsung im Pkw, und auf dem Asphalt bleiben tatsächlich Makro-Mikroplastikmengen, die der nächste Regen in die Gewässer spült. Der Entenabrieb, wenn es einen gibt, ist dagegen nicht bezifferbar.
Der absurdeste Vorwurf lautet, das Entenrennen koste wohl „viel Geld“. „Es bringt viel Geld“, sagt Hirth, „für wohltätige Zwecke.“ 85 Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf der Entenlose werden als Spenden weitergegeben – der Reinerlös nach Abzug der Unkosten für den Druck von Flyern und Losen, den Kauf zusätzlicher Enten (vergangenes Jahr waren nur 8000 am Start), die städtischen Gebühren. „Möglich ist das, weil wir alles ehrenamtlich machen“, sagt Hirth und verweist auf das Ethos des Round Table, eines Freundschaftsbunds für Männer bis 40 mit sozialer Mission. Warum nur Männer? „Weil wir aus der englischen Club-Tradition hervorgegangen sind.“ Als weibliches Pendant gebe es die Ladies’ Circles.
Die mehr als 65 000 Euro Spendensumme vom diesjährigen Entenrennen gehen unter anderem ans Kinderhaus Agapedia, an die Beratungsstelle Wildwasser gegen sexualisierte Gewalt und an die Aktion Fruchtalarm, die mit krebskranken Kindern in onkologischen Kliniken Fruchtcocktail-Partys feiert. Aber Hauptsache gemeckert.