Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU, re.), hier mit OB Fritz Kuhn, muss die Aufgabe des Sparkommissars übernehmen. Der städtische Haushalt läuft wegen Corona aus dem Ruder. Foto: Leif Piechowski/Lichtgut

Nach Rekordüberschüssen in den Vorjahren werden in den kommenden Haushalten jeweils dreistellige Millionenbeträge fehlen. Kurz vor Weihnachten soll der Stuttgarter Gemeinderat eine Sparrunde beschließen.

Stuttgart - Die Corona-Krise reißt von 2021 bis 2024 riesige Löcher in die Kasse der Landeshauptstadt. Nach der jüngsten Steuerschätzung von September wird Stuttgart in diesen vier Jahren insgesamt 750 Millionen Euro Gewerbesteuer weniger einnehmen als geplant. Da die Ergebnisplanung schon vor dieser Schätzung negativ war, summiert sich der Fehlbetrag bis Ende 2024 insgesamt auf voraussichtlich 1,1 Milliarden Euro.

Die Verwaltung mit Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) will dem Gemeinderat Anfang Dezember eine detaillierte Prioritätenliste aller städtischen Aufgaben vorlegen und Einnahmen und Ausgaben im Nachtragsetat 2021 unter „Ausnutzung aller Sparmöglichkeiten und Ausschöpfung aller Ertragsverbesserungen“ ins Gleichgewicht bringen.

Nach der am Mittwoch präsentierten Schätzung rechnet Fuhrmann allein für 2021 mit einem Fehlbetrag von 362 Millionen Euro. Darin sind 50 Millionen Euro Zuschüsse für städtische Beteiligungsgesellschaften enthalten, die in Schieflage geraten sind. Als erste Anwärter könnten die Landesmesse und die Stuttgarter Straßenbahnen AG gelten.

Alle Budgets sollen durchforstet werden

Wie schwierig der Ausgleich werden wird, zeigt eine Zahl: Eine mögliche pauschale Kürzung nach der Rasenmäher-Methode, die sogenannte globale Minderausgabe, würde 2021 nur 34 Millionen Euro erbringen. Fuhrmann hat seinem Referat daher die Mammutaufgabe aufgetragen, in kürzester Zeit die Budgets aller Ämter und der Eigenbetriebe zu durchforsten. Was er sagt, hört sich so an, als ob sie an die Kandare genommen werden könnten: „Wir wollen ihre Aufgaben auf Effizienz, ihre Wirkung und ihre Bedeutung für die Stadtgesellschaft bewerten“, so der Fachbürgermeister. Personal und Investitionen stünden bei der Durchsicht „nicht im Fokus“, so Fuhrmann.

Personal ein Streitthema

Die Fraktionen reagieren sehr unterschiedlich auf die Botschaft. OB-Kandidat Hannes Rockenbauch vom Linksbündnis sagte, die Stadt könne das Minus verdauen, sie verfüge über 1,35 Milliarden Euro Termingeldanlagen, er wolle die Krise „nicht durch Sparen verschlimmern“. Auch Frank Ebel (AfD) lehnt Einschnitte für 2021 ab. Er glaube nicht, dass die Stadt „wesentliche Maßnahmen machen muss“, sagte Andreas Winter (Grüne), man könne „umschichten“. Die SPD will die Sparaufgabe „in Folgehaushalten lösen“, so Dejan Perc. Der Ende 2019 beschlossene Personalaufbau müsse weitergehen. „Wir haben keine Boomzeiten mehr, das können wir nicht so laufen lassen“, warnte Matthias Oechsner (FDP). Rose von Stein (Freie Wähler) erkennt „Sparpotenzial“, CDU-Fraktionschef Alexander Kotz würde auch über das Personal sprechen. „Da bin ich skeptisch“, sagte Christian Walter (Puls).