Die Krise des Dieselmotors geht auch an dem Unternehmen Bosch nicht spurlos vorüber. Im französischen Rodez werden deswegen in einem Werk viele Stellen abgebaut. Foto: dpa/Inga Kjer

Im südfranzösischen Rodez streicht das Stuttgarter Unternehmen massiv Stellen. Hergestellt werden dort Komponenten für Dieselmotoren.

Paris - Für „La Bosch“ zu arbeiten war in Rodez immer eine große Auszeichnung. Damit verbunden: gute Löhne, eine sichere Stelle und ausgezeichnete Arbeitsbedingungen. In vielen der strukturschwachen Regionen in Südfrankreich ist diese Kombination keine Selbstverständlichkeit. Doch die goldenen Zeiten in Rodez sind vorüber. Bosch hat angekündigt, 700 der 1200 Arbeitsplätze zu streichen. Und auch die Zukunft der 500 Stellen, die nach dem Abbau erhalten bleiben, ist mehr als ungewiss,

Bosch gibt zwar eine Arbeitsplatzgarantie, allerdings nur bis zum Jahr 2027. „Die Bosch Gruppe bekennt sich zum Standort Rodez und möchte diesen in den nächsten sechs Jahren weiterentwickeln und zukunftsfähig aufstellen“, erklärt Heiko Carrie, Präsident Bosch Frankreich und Benelux, gegenüber unserer Zeitung. Doch die Hoffnungen im Département Aveyron sind gering, dass es im Werk Onet-le-Château, etwa zwei Kilometer vom historischen Stadtkern von Rodez entfernt, auch nach 2027 noch weitergehen wird.

Die Bosch-Belegschaft ist nicht überrascht

Der radikale Einschnitt kommt für die Beschäftigten allerdings nicht überraschend. Der Grund: an dem Standort werden ausschließlich Komponenten für Dieselmotoren gefertigt. Diese Antriebstechnik befindet sich aber in einer massiven Krise. „Der Dieselanteil ist in Europa in den vergangenen zehn Jahren deutlich gesunken“, heißt es dazu in einer Mitteilung von Bosch. „In Frankreich hat er sich 2012 von 73 Prozent auf heute nur noch rund 34 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen mehr als halbiert. Eine Erholung ist nicht zu erwarten.“

Natürlich kennen auch die Mitarbeiter in Rodez diese Entwicklung, weshalb die Gegenwehr angesichts des angekündigten Abbaus überraschend zurückhaltend ausfällt. Vor dem Werk in Onet-le-Château hängen nicht die für französische Arbeitskämpfe üblichen kämpferischen Transparente „Wenn man in Zeitungen und im Fernsehen Autoanzeigen sieht, dreht sich alles um den Elektroantrieb“, erklärt ein Bosch-Mitarbeiter gegenüber einem lokalen Radiosender. „Wir sind nicht dümmer als die anderen, wir haben vermutet, dass früher oder später etwas passieren würde.“

Die Gewerkschaften sind ratlos

Diese Resignation führt aufseiten der Arbeitnehmervertreter zu einer gewissen Ratlosigkeit. Die Gewerkschaft CGT schaffte es vor einigen Tagen gerade einmal, einige Angestellte der Frühschicht für zwei Stunden zu einer Arbeitsniederlegung zu motivieren. „Wir verstehen unsere Kollegen nicht“, erklären denn auch die CGT-Vertreter Vanessa Nègre und Grégory Sanchez. „Wir wünschen uns ein bisschen mehr Revolte.“ Natürlich schimpfen beide auf die deutsche Unternehmensleitung, ihre wirklich große Wut gilt aber der „französischen Anti-Diesel-Regierung“. Unter den Politikern aller Parteien gebe es eine regelrechtes „Diesel-Bashing“.

Auch Christian Teyssèdre richtet seinen Zorn in Richtung Paris. Der Bürgermeister von Rodez wirft dem französischen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire vor, sich nicht vehement genug für die Zukunft des Werks eingesetzt zu haben, das zu seinen besten Zeiten 2400 Menschen beschäftigte. Bosch könne 700 Stellen streichen, ohne dafür wirkliche Gegenleistungen bringen zu müssen, sagt Christian Teyssèdre. Aber auch er muss einräumen: „Der Stellenabbau ist angesichts der Entwicklung auf dem Markt für Dieselmotoren einleuchtend.“ Sein Vorwurf an Bosch: „Sie haben nie wirklich daran gearbeitet, ihre Aktivitäten zu diversifizieren.“ Dabei würde der nahe Standort Toulouse, eines der Zentren Europas im Flugzeugbau, genügend Möglichkeiten dazu bieten. Der Bürgermeister hofft, dass sich durch eine breitere Produktionspalette neue Absatzmärkte auftun und die verbleibenden 500 Arbeitsplätze gehalten werden könnten.

Kleiner Lichtblick für das Bosch-Werk

Auch Bosch räumt in einer Mitteilung ein, dass „die bisherigen Aktivitäten zur Diversifizierung am Standort“ noch nicht ausreichend seien, verspricht aber, in diesem Bereich „als wesentlichem Baustein zur Beschäftigungssicherung“ in naher Zukunft mehr zu tun. Das Unternehmen macht allerdings auch unmissverständlich deutlich, dass der angekündigte Personalabbau beschlossene Sache ist. Dieser soll aber natürlich „möglichst sozial verträglich erfolgen“.

Viele Mitarbeiter setzten ihre Hoffnung auf dieses Versprechen. Bosch sei immer ein gutes und faires Unternehmen gewesen, erklärt ein Mitarbeiter aus Rodez. Es habe 60 Jahre lang gute Arbeitsbedingungen geboten, dann werde es sicher auch jetzt annehmbare Abfindungen machen. Dabei stellt sich manchen Angestellten gerade aus diesem Grund eine Art Luxusproblem, glaubt Dominique Costes, Präsident der Industrie und Handelskammer Aveyron. Er ist überzeugt, dass alle zukünftigen Ex-Bosch-Mitarbeiter auch in der Region neue Stellen finden können, schwieriger werde es, für sie dieselben Arbeitsbedingungen zu bekommen. Da müssten manche wahrscheinlich deutliche Abstriche hinnehmen.