Personalchef Stefan Grosch hat die Aufgabe, den massiven Stellenabbau bei Bosch umzusetzen und öffentlich zu vertreten. Foto: picture alliance/dpa

Die Autobranche ist Krisen gewohnt. Doch Verwerfungen wie derzeit haben eine neue Qualität. Dennoch bewegt sich die Politik weiter in ihren gewohnten Bahnen.

Krisen gehören für die Autobranche zum Geschäft. Ob nach dem Wiedervereinigungsboom der 90er Jahre, in der Finanzkrise ab 2008 oder während Corona – stets schien ihr letztes Stündchen geschlagen zu haben. Doch am Ende ging die deutsche Autobranche aus Krisen meist gestärkt hervor und erzielte Rekordgewinne.

 

Diese gestählte Branche fällt also nicht um, wenn es hart auf hart kommt. Allerdings lässt sich aus dieser Erkenntnis auch ein anderer Schluss ziehen: Wenn nun selbst krisenerprobte Hersteller reihenweise in die Knie gehen, handelt es sich offenbar um mehr als das übliche Auf und Ab. Der Branche, die von Erfindungen lebt, droht das Geld für Zukunftstechnologien auszugehen – und auch das Interesse. Viele Ingenieurinnen und Ingenieure, aber auch Uni-Absolventen, die vor kurzem noch händeringend gesucht wurden, finden nur noch schwer eine Stelle. Es geht nicht nur um Zahlen.

Arbeitsministerin Bärbel Bas bezeichnete eine Forderung von Bundeskanzler Friedrich Merz als „Bullshit“. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Stuttgarter Bosch-Konzern, der schon im vergangenen Jahr ein Sparprogramm nach den anderen auflegte, forciert den Personalabbau nochmals massiv, baut in Deutschland 13 000 Stellen zusätzlich ab und schließt das Werk Waiblingen. Porsche gab erst vor Monaten einen massiven Stellenabbau bekannt, verhandelt bereits über weitere Kürzungen und macht mit der hochmodernen Batteriefabrik in Kirchentellinsfurt einen ihrer einstigen Hoffnungsträger dicht. Selbst Entlassungen sind somit kein Tabu mehr in Zeiten, da der einstige Rendite-Star nur noch anstrebt, wenigstens nicht in die Verlustzone zu stürzen. Auch Mercedes spart massiv.

Gewiss, China ist binnen weniger Jahre vom Großabnehmer zum Konkurrenten geworden. Doch hausgemachte Fehler kommen hinzu. Die Strategie, Luxusautos in die E-Mobilität umzusiedeln, scheitert bisher sowohl bei Porsche wie bei Mercedes – das trifft beide Hersteller ins Mark. Und Bosch hat sich, wie der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer zu Recht kritisiert, in den vergangenen Jahren zu oft mutlos bei Zukunftstechnologien gezeigt – eigentlich die Kernkompetenz schlechthin. Aus dem Rennen um die Batteriezelle, eine Schlüsseltechnologie fürs E-Auto, zog Bosch sich zurück, bevor es begann. Die fürs autonome Fahren wichtige Laser-Sensortechnologie Lidar gab man schon vor längerem weitgehend auf.

Förderung in USA und China, Hürden in der EU

Während China Technologien fördert und die USA ihre Industrie durch Zölle massiv bevorzugen, zwingt die EU ihre Firmen auf einen Hindernis-Parcours voller Verbote und Strafen. Die europäische Autoindustrie kämpfte jahrelang gegen Milliardenstrafen der EU, falls die Käufer E-Autos nicht in den Stückzahlen abnehmen, wie man sich das Brüsseler Berlaymont-Gebäude ausgemalt hatte. Ihre eigenen Hausaufgaben dagegen vernachlässigt die Politik bis heute sträflich.

Den einen Hebel, mit dem sich die Perspektiven verbessern lassen, gibt es nicht – was die Politik nur zu gern als Vorwand für eigene Untätigkeit nutzt. Und das, obwohl der Aderlass bei den Industriejobs kein Ende findet und das einstige Wirtschaftswunderland Deutschland bereits ins dritte Rezessionsjahr in Folge abgesackt ist.

Selbst wenn Deutschland die überfällige Reform seiner Sozialsysteme – die Arbeit zusätzlich verteuern – in Angriff nähme, bliebe ein riesiger Kostenunterschied zwischen uns und China. Doch Sozialpolitik wird hierzulande nicht als Wirtschaftspolitik gedacht, weshalb die Arbeitsministerin die Forderung nach Kostensenkungen auch in entwaffnender Offenheit als „Bullshit“ bezeichnet.

Ein Umdenken wäre nicht die Lösung, aber ein wichtiger Schritt. Die Frage ist nur: Wie viele Weckrufe braucht es noch?