VW-Konzernchef Müller sichert dem Betriebsrat Gespräche über eine Sicherung der deutschen Standorte zu. Foto: dpa

Bei VW bleibt weiter offen, ob Vorstände auf einen Teil ihrer Boni verzichten. Der Konflikt zwischen dem Betriebsrat und VW-Markenchef Diess ist jedoch zunächst einmal entschärft.

Stuttgart - Das Präsidium des VW-Aufsichtsrats hat am Montag noch keine Entscheidung über die Boni der VW-Vorstände getroffen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil äußerte sich als Vertreter des Großaktionärs Niedersachsen nach der dreistündigen Sitzung in Wolfsburg nur knapp zum Verlauf der Gespräche in diesem sechsköpfigen Gremium. „Die Vorstandsboni sind Gegenstand laufender Diskussionen in den VW-Gremien, deren Ergebnis möchte ich nicht vorweggreifen“, sagte Weil der Deutschen Presseagentur. Das Präsidium ist die Machtzentrale des Kontrollgremiums und bereitet Entscheidungen des Aufsichtsrats vor. Vorsitzender des Präsidiums ist Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der stellvertretende Vorsitzende ist IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Weitere Mitglieder sind Wolfgang Porsche als Vertreter des PS-Clans der Porsches und Piëchs und für die Arbeitnehmerseite VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und dessen Stellvertreter Stephan Wolf.

VW-Chef Matthias Müller hatte sich schon früh für einen freiwilligen Verzicht der Vorstandsmitglieder zumindest auf einen Teil ihrer Boni ausgesprochen. „Es ist klar, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen, auf allen Ebenen, vom Vorstand bis zum Tarifmitarbeiter“, sagte Müller im Dezember in einem Interview. In der vergangenen Woche kursierten indes Meldungen, wonach sich ein Teil der Vorstandsmitglieder gegen eine Kürzung sperre. Da sei etwas hochstilisiert worden, sagte ein mit den Gesprächen vertrauter hochrangiger VW-Manager. Die Vorstände seien sich schnell einig gewesen. Allerdings gilt dies offenbar nur für die heute operativ tätigen Vorstände, nicht jedoch für Hans Dieter Pötsch, der vom Vorstand an die Spitze des Aufsichtsrats gewechselt ist sowie für Martin Winterkorn, der im vergangenen September als Konzernchef zurückgetreten ist, aber immer noch finanzielle Ansprüche an das Unternehmen hat.

Eine Vereinbarung über die Boni kann es nach Angaben aus Konzernkreisen erst geben, wenn die Geschäftszahlen für das vergangene Jahr vorliegen. Erst dann könne auch über die „Anerkennungsprämie“ verhandelt werden, die den Beschäftigten statt einer Erfolgsbeteiligung gezahlt werden soll. Bei den Geschäftszahlen gibt es immer noch eine große Ungewissheit über die finanziellen Belastungen durch den Abgasskandal in den USA. Das Unternehmen ist seit Monaten in Gesprächen mit der US-Umweltbehörde EPA über einen Rückruf oder einen Rückkauf der mehr als eine halbe Million Wagen, bei denen die Software zur Steuerung des Stickoxid-Ausstoßes manipuliert wurde. Der kalifornische Richter Charles Breyer, bei dem die US-Sammelklagen gegen den Konzern gebündelt sind, hat dem Unternehmen und der US-Umweltbehörde ein Ultimatum gesetzt: Bis zum 21. April soll eine Lösung vorliegen. In Konzernkreisen wird berichtet, dass mit Hochdruck bis zur letzten Sekunde mit der US-Umweltbehörde verhandelt werden soll, damit bis zu diesem Datum zumindest Eckpunkte für eine Einigung mit der US-Umweltbehörde vorliegen.

Konzernchef Müller und Betriebsratschef Osterloh einigen sich

Sehr lange wurde in der Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums nach Angaben eines Insiders über die Beilegung des in der vergangenen Woche aufgeflammten Konflikts zwischen Betriebsratschef Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess gesprochen. Osterloh hatte in einem Brief an die Mitarbeiter „ein gravierendes Vertrauensproblem“ zwischen dem Betriebsrat und dem Markenchef publik gemacht und Diess vorgeworfen, dass „der Diesel-Skandal hinterrücks dazu genutzt werden soll, personelle Einschnitte vorzunehmen, die bis vor wenigen Monaten kein Thema waren.“ Osterloh beklagte ständig wechselnde Zielvorgaben, das Fehlen einer verlässlichen, langfristigen Strategie für die Marke Volkswagen oder „pauschale, nicht zu Ende gedachte Sparvorgaben“ und verlangte einen „verbindlichen Zukunftspakt“ für alle deutschen Standorte und die Marke Volkswagen als Ganzes. In diesem Zukunftspakt sollen nach den Vorstellungen des Betriebsratschefs feste Produkt-, Stückzahl- und Investitionszusagen für die nächsten Standorte festgeschrieben werden. Konzernchef Müller einigte sich mit Osterloh nun am Montag darauf, dass gemeinsam mit Markenchef Diess Eckpunkte für die künftige Ausrichtung der Marke und Vereinbarungen zur Sicherung der deutschen Standorte erarbeitet werden sollen. Osterloh wertete es „starkes Signal in die gesamte Mannschaft von Volkswagen“, dass der Konzernchef diese Gespräche mit dem Markenvorstand begleiten werde. Wolfgang Porsche begrüßte es als Vertreter des größten Aktionärs, „dass gerade in diesen herausfordernden Zeiten nun eine gemeinsame Initiative von Konzernvorstand und Betriebsrat die Fortentwicklung der Marke Volkswagen sicherstellen wird“.