Mit dem 0:1 gegen Darmstadt 98 ist ein sportlicher Albtraum aus Sicht von Eintracht Frankfurt wahr geworden. Darmstädter Fahnen brennen, am Ende stand die Polizei auf dem Spielfeld.
Frankfurt/Main - Die Stimmung bei Eintracht Frankfurt wäre nach der Derbypleite gegen Darmstadt 98 beinahe eskaliert. Wenige Minuten nach der schmerzlichen 0:1-Niederlage gegen den kleinen Nachbarn aus Südhessen waren einige Eintracht-Fans schon auf den Platz gelaufen, um Richtung Gästekurve zu marschieren. Ein Großaufgebot der Polizei sorgte dafür, dass sie sich wieder in den eigenen Block zurückzogen.
Die Eintracht hat in der Fußball-Bundesliga nur eines der vergangenen elf Spiele gewonnen, sie hat nach diesem Absturz auch nur noch einen Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz. Die Stimmung ist deshalb bei allen angespannt - bei den Fans, der Mannschaft und beim Trainer. Der Verein zeigt alle Symptome einer handfesten Krise.
Die Fans
Im Block mit den besonders hartgesottenen Eintracht-Fans brannte es am Sonntagabend schon vor dem Schlusspfiff: Frankfurter Ultras zündeten Darmstädter Fahnen und Schals an. Nach dem Spiel drängten zahlreiche Anhänger aus dem Fanblock in den Innenraum des Stadions. Die meisten von ihnen stellten die Spieler an den Werbebanden direkt neben dem Tor zur Rede, einige liefen aufs Spielfeld. „Im Endeffekt ist ja nichts passiert“, sagte Trainer Armin Veh später. „Ich kann ein paar Dinge nachvollziehen, aber nicht gutheißen.“
So oder teilweise noch verharmlosender klangen die meisten Reaktionen aus dem Verein. Nur Vorstandschef Heribert Bruchhagen stellte in einem „Sky“-Interview klar: „Ich bedauere das sehr und das ist nicht im Sinne von Eintracht Frankfurt. Man kann den Unmut auch anders äußern, als auf diese Art und Weise.“ Peter Fischer, Präsident des Gesamtvereins, meinte dagegen: „Wenn man eine solche Fankurve, eine solche Fankultur hat, für die wir uns häufig genug selbst feiern, dann verstehe ich, dass dort nach so einem Spiel einiges an Frust und Leidenschaft ein Ventil braucht.“ Diese Ventile, „die muss man nicht verstehen, die muss man aber ein Stück weit akzeptieren“. Der Deutsche Fußball-Bund wird das mit Sicherheit nicht tun. Der Eintracht droht mindestens eine massive Geldstrafe.
Der Trainer
„Armin raus!“ Diese Rufe waren am Sonntag zumindest vereinzelt in der Frankfurter Arena zu hören. Veh selbst sprach hinterher von „einer der schwärzesten Stunden“ seiner Trainerlaufbahn. Für den 54-Jährigen wiederholt sich gerade ein Stück unangenehmer Geschichte. 2014 kehrte er zu seinem Ex-Verein VfB Stuttgart zurück - und schmiss nur vier Monate später als Tabellenletzter wieder hin. In diesem Sommer wärmte er mit Eintracht Frankfurt die nächste alte Liebe neu auf - und hat erneut große sportliche Probleme.
Immerhin: Einen erneuten Rücktritt schließt Veh aus („Wenn ich eine Konsequenz ziehe, ist es die, dass ich weitermache.“). Auch die Vereinsführung gab ihm am Sonntagabend Rückendeckung. „Das Einzige, was wir definitiv nicht haben, ist ein Trainerproblem“, sagte Fischer. „Die falsche Mannschaft, das falsche Training, die falsche Taktik - diese Vorwürfe sind doch dummes Zeug. Das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft ist mehr als gesund.“
Die Mannschaft
Auf dem Papier hat die Eintracht eine Mannschaft, die mehr hergibt als Platz 13. Aber gegen Darmstadt sah die Realität so aus: Kapitän Meier gesperrt, Flum und Castaignos verletzt, Spieler wie Aigner, Hasebe oder Reinartz völlig außer Form. Im nächsten Spiel bei Borussia Dortmund werden außerdem noch die gelbgesperrten Russ, Stendera und Zambrano fehlen. Dieses Team wirkt plan- und hilflos. Einfachste Fehler, ob im Passspiel oder bei der Verteidigung gegnerischer Freistöße wie beim Darmstädter Siegtor durch Aytac Sulu (30.), reihen sich aneinander. „Wir haben zurzeit etwas, das man ganz banal ein Kopfproblem nennen muss“, meinte Fischer.
Der Ausblick
Vorstandschef Heribert Bruchhagen kündigte für die Winterpause bereits die Verpflichtung neuer Spieler an. Im Angriff, auf den offensiven Außenpositionen und möglicherweise auch im defensiven Mittelfeld besteht der größte Bedarf. An einen Sieg in Dortmund glaubt niemand im Verein. Umso wichtiger wird es sein, im letzten Spiel vor Weihnachten wenigstens den Mitkonkurrenten Werder Bremen zu schlagen. „Das sollten wir gewinnen, um mit einem positiven Erlebnis in die Pause zu gehen“, sagte Veh.