Die Pflegerin Julia Radenski (Frida-Lovisa Hamann, l.) kommt in Erklärungsnöte gegenüber den Kommissaren Robert Heffler (Jürgen Vogel, r.) und Kay Freund (Seyneb Saleh, 2.v.l.). Foto: ZDF/Oliver Feist

Der Auftakt der Berliner Krimireihe „Jenseits der Spree“ führt zurück in DDR-Verstrickungen. Seyneb Saleh und Jürgen Vogel ermitteln ab 24. September vier Mal freitags im ZDF.

Stuttgart - Mit der Polizistin Kay Freund (Seyneb Saleh) ist nicht zu spaßen, besonders wenn man sie als Frau beleidigt: „Du nennst mich nicht Mädchen!“, sagt sie im Verhör zu einem sexistischen Macho. Der ist uneinsichtig, wählt nun eine beleidigende Bezeichnung für sie – und schon knallt sein Gesicht auf die Tischplatte in der ZDF-Krimireihe „Jenseits der Spree“.

Ihr Kollege Robert Heffler (Jürgen Vogel), alleinerziehender Vater dreier Töchter, kaut an einem Trauma: Bei einer Geiselnahme hat er eigenmächtig gehandelt und Kinder gefährdet, seither war er nur noch am Schreibtisch. Als er wegen Personalmangel wieder auf die Straße muss, läuft das anfangs eher unrund.

Seyneb Saleh spielt eine ambivalente Figur

Freund und Heffler ermitteln in Berlin-Köpenick, vom 24. September an vier Mal freitags im ZDF zur besten Sendezeit. In der ersten Folge „Blutsbande“ treibt ein toter Äthiopier in der Spree. Die Spur führt zu einem krebskranken Mann, der in der DDR als Ingenieur tätig und öfter in Äthiopien war. Nun liegt er in seiner Villa, ruhiggestellt von einer nervösen Pflegerin im Auftrag seines Sohnes.

Die Darsteller harmonieren hervorragend. Seyneb Saleh (33), geboren in Aalen als Tochter deutsch-irakischer Eltern, lässt keinen Zweifel an der Toughness ihrer Figur, wenn sie einen Mann mit Messer entwaffnet, wirkt das absolut realistisch. Sie verfügt über eine sagenhaft ausdrucksstarke Gestik und Mimik und zeigt sie eine ambivalente Mischung aus fröhlichem Charme und Härte, mit der sie in dem Netflix-Spielfilm „Mute“ (2018) von Duncan Jones weltweit bekannt wurde. Ihre Figur ist Workaholic und hat sich aus dem harten Berliner Bezirk Wedding nach Köpenick versetzten lassen – man darf gespannt sein auf ihre Vorgeschichte.

Nahe am Standard einer Qualitätsserie

Regelrecht zwiegespalten wirkt Jürgen Vogel als Kommissar Heffler. Man glaubt ihm die psychologisch bedingte Fahrigkeit im Dienst ebenso wie die latente Überforderung mit drei Mädchen, die ihn locker um den Finger wickeln. Unausgesprochen überlässt er der jüngeren Kollegin das Kommando – hier werden Geschlechterklischees nachvollziehbar und unaufdringlich aufgebrochen.

Die komplexe Krimi-Handlung ist komprimiert auf jeweils 60 Minuten und frei von jeglichem Leerlauf, den abendfüllende deutsche TV-Krimis mitunter aufweisen. Das entspricht ebenso dem Standard aktueller Qualitätsserien wie zwei andere Aspekte: Es gibt trickreiche Wendungen und ein bisschen Action, die vier Kriminalfälle sind in sich abgeschlossen, während die Geschichte der Figuren sich über die Folgen hinweg weiterentwickeln.

Nur zwischendurch scheint die Fernsehtradition der „Derrick“-Ära durch: Hefflers Geländewagen ist viel zu groß für den Geldbeutel eines alleinerziehenden Polizisten, und wenn einer einen anderen würgt, sieht man deutlich, dass er ihn kaum berührt. Wer solche Details ausblenden kann, den bedient das ZDF mit solider Abendunterhaltung.

„Jenseits der Spree“

Sendetermine im ZDF
Episode 1, „Blutsbande“: Freitag, 24. September 2021, 20.15 Uhr; Episode 2, „Tunnelblick“, 1. Oktober 2021, 20.15 Uhr; Episode 3, „Untiefen“: 8. Oktober 2021, 20.15 Uhr; Episode 4, „Der letzte Trip“, 15. Oktober 2021, 20.15 Uhr

Mediathek
Die Folgen sind jeweils bereits eine Woche vor ihrer Ausstrahlung in der ZDF-Mediathek abrufbar.