Foto: Chris Lederer

Revierleiter Martin Rathgeb hat im Stammheimer Bezirksbeirat die Kriminalstatistik für 2019 vorgestellt. Er setzt auf die Mithilfe der Bevölkerung und will das Vertrauen der Bürger zur Polizei verbessern. Nebenbei wurde deutlich, was er von Zahlenkosmetik hält.

Stammheim - „Melden Sie sich bei der Polizei, wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt, rufen Sie uns an – wir sind für Sie da!“, appellierte der Zuffenhäuser Revierleiter Martin Rathgeb an die Stammheimer Lokalpolitiker und damit auch an die Bevölkerung. Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern sei wichtiger denn je. Schließlich könne sich die Polizei nur um diejenigen Fälle kümmern, die ihr bekannt werden. „Natürlich kann es auch mal sein, dass wir voll ausgelastet sind, aber wir kommen lieber einmal zu viel als zu wenig.“

 

Die Statistik hilft dabei, Trends zu erkennen

Martin Rathgeb und seine Kollegen Lara König und Thomas Lauer vom örtlichen Polizeiposten präsentierten im Bezirksbeirat die Kriminalstatistik für das Jahr 2019. Nicht ohne eingangs zu betonen, dass sie kein tatsächliches Abbild aller Straftaten liefere – immer gebe es ein mehr oder weniger großes Dunkelfeld, da schlichtweg nicht jede Tat bei der Polizei angezeigt wird. Dennoch habe das Zahlenwerk seinen Wert, da sich aus der Statistik Entwicklungen ablesen lassen, auf die die Polizei entsprechend reagieren könne. Beispielsweise durch verstärkte Präsenz oder Aufklärungsarbeit, sodass es im besten Fall gar nicht erst zu einer derartigen Straftat kommt. Allein 42 Präventionsaktivitäten wurden im vergangenen Jahr von Mitarbeitern des Polizeireviers und des Referats Prävention des Polizeipräsidiums angeboten, etwa Vorträge an Schulen zu Gewalt und Drogen oder besondere Veranstaltungen für Senioren. Rathgeb: „Wenn es gewünscht wird, kommen wir gerne vorbei und beraten.“

Deutlich machte der Revierleiter, dass Stammheim nach wie vor zu den sichersten Stadtbezirken im Stadtgebiet zählt, wenngleich in manchen Bereichen ein Anstieg zu verzeichnen war. So hat sich die Zahl der insgesamt erfassten Fälle im Vergleich zum Vorjahr um knapp 11 Prozent von 419 auf 465 erhöht. Die Rohheitsdelikte wie Raub und Körperverletzungen seien von 81 auf 101 gestiegen. Die Zahl der Diebstähle sank dagegen von 95 auf 90, die der Einbrüche in Wohnungen von 4 auf 3 und die der Sachbeschädigungen von 46 auf 43. Bei den Rauschgiftdelikten wurden im vergangenen Jahr 37 Fälle bekannt, im Jahr zuvor waren es 35.

Die Aufklärungsquote im vergangenen Jahr lag bei 59,6 Prozent der Fälle. Am liebsten hätte Rathgeb freilich die 100 Prozent, aber realistisch gesehen „würde ich mir zumindest eine Sechs als erste Zahl wünschen“, gestand der Revierleiter. Allerdings halte er auch nichts von Zahlenkosmetik durch bestimmte Maßnahmen: „Wenn wir beispielsweise mehr Schwarzfahrer kontrollieren würden, dann hätten wir automatisch eine höhere Aufklärungsquote“, sagte Rathgeb. Stattdessen hofft er auf die eingangs erwähnte höhere Anzeigebereitschaft der Bevölkerung und entsprechende Ergebnisse.

Körperverletzungen beim „Knastspaziergang“

Einen bemerkenswerten Sprung gab es bei den schweren Körperverletzungen. Die seien im Vergleich zum Vorjahr von 13 auf 27 gestiegen. Ein Grund hierfür sei unter anderem der sogenannte „Knastspaziergang“ an Silvester vor der JVA, als es zu Ausschreitungen mit Demonstranten und der Polizei kam. Außerdem seien im Lauf des Jahres im Streit liegende Personengruppen am Kreisverkehr vor der Justizvollzugsanstalt aneinander geraten. Auch dürfe man nicht außer Acht lassen, ergänzte Polizeipostenführer Thomas Lauer, dass die Straftaten, die innerhalb der JVA passierten, mit in die Statistik einflössen.

Sexualdelikte wurden vergangenes Jahr acht gemeldet, exakt so viele wie im 2018. „Es gab Fälle von sexuellen Belästigungen und Nötigungen, Vergewaltigung war keine dabei“, sagte Lara König vom Bezirksdienst auf Nachfrage aus dem Bezirksbeirat. Die Lokalpolitiker regten an, bei der kommenden Statistik wegen der Corona-Krise ein besonderes Augenmerk auf die Fälle von häuslicher Gewalt zu richten.

Bedeckt musste sich Rathgeb einzig beim Thema Brandstiftungen halten. Wie berichtet, waren im Jahr 2019 zahlreiche Feuer im Ort gelegt worden: „Hier laufen die Ermittlungen nach wie vor mit Hochdruck“, sagt er.