Dem „Cybersicherheitsmonitor 2023“ zufolge wurden fünf Prozent der Opfer von Cyberkriminalität mit intimen oder sexuellen Inhalten erpresst. Foto: Imago/Depositphotos

Diese Art der Erpressung geht unter die Gürtellinie: Es beginnt mit einem Onlineflirt, Komplimenten oder gar Liebesschwüren - und der Bitte nach intimen Fotos. Dann wird aus der vermeintlichen Romanze ein Albtraum. Sextortion, die Erpressung mit Nacktbildern, nimmt stetig zu.

Das baden-württembergische Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart spricht von einem wachsenden Ausmaß der Erpressungsmasche Sextortion. Dabei werden Menschen zu intimen Fotos gedrängt und dann damit erpresst.

Sextortion-Fälle: Tendenz steigend

Zwar sei die für den Südwesten erfasste Fallzahl in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) Inland im Jahr 2023 von 308 auf 102 Fälle zurückgegangen, heißt es beim LKA Südwest. Der Rückgang sei aber ausschließlich einer bereinigten Datenerfassung geschuldet. Im Jahr 2022 waren viele dieser Straftaten mit dem Handlungsort „Inland“ versehen worden und landeten damit in der PKS-Inland, obwohl sie aus dem Ausland heraus verübt worden waren.

Im Jahr 2023 wurden Sextortion-Delikte konsequent danach getrennt, ob sie aus dem Inland oder dem Ausland heraus begangen wurden. Die 102 im vergangenen Jahr erfassten Zahlen in der PKS-Inland spiegelten also nicht das tatsächliche Ausmaß dieses Phänomens wider, erläutert eine LKA-Sprecherin. „Die in der PKS-Ausland erfassten Fälle sind um ein Vielfaches höher, Tendenz steigend.“

Allerdings sei die PKS-Ausland noch im Aufbau und die darin enthaltenen Daten seien noch nicht öffentlich. Die Täter agierten meist anonym. Zudem sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, so das LKA.

Die Täter gaukeln die große Liebe vor, um mit intimen Fotos „abzukassieren“. Foto: Imago/Pond5 Images

Sextortion: Sex und Erpressung

Der Begriff ist eine Wortschöpfung aus den englischen Begriffen „sex“ und „extortion“ (Erpressung). Bei der Sextortion werden potenzielle Opfer über soziale Medien und Online-Plattformen von Kriminellen unter falschem Namen und falscher Identität kontaktiert, angeflirtet und in Gespräche oder Chats verwickelt – mit der Absicht, dass sie intime Fotos von sich preisgeben. 

Betrugsmasche mit vorgespielter „großer Liebe“

Die Täter gaukeln die "große Liebe" vor, doch sobald sie Bilder bekommen haben, drohen sie mit Veröffentlichung und fordern teils hohe Summen. Über die Altersstruktur der Opfer hat das LKA eigenen Angaben zufolge keine Erkenntnisse.

Nach Angaben des Opferschutzvereins „Weisser Ring“ werden vor allem Männer Opfer der Betrüger. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatte in einem Lagebericht zur IT-Sicherheit im vergangenen Jahr Sextortion neben Identitätsdiebstahl und Phishing zu den drei Top-Bedrohungen in der Kategorie „Gesellschaft“ gezählt.

Ein Mann schaut sich auf einem Smartphone eine Porno-Internetseite an (gestellte Szene). Foto: dpa/Marcus Brandt

Notfall-Checkliste zur Prävention und für Betroffene

Dem „Cybersicherheitsmonitor 2023“ des BSi zufolge wurden fünf Prozent der Opfer von Cyberkriminalität mit intimen oder sexuellen Inhalten erpresst. Teilweise würden die Täter ihre Opfer überreden, etwa Nacktbilder aufzunehmen und mit ihnen zu teilen. „In anderen Fällen haben sich die Erpressenden digital Zugriff zu privaten Aufnahmen verschafft – oder geben vor, auf gespeicherte Bilder und Videos zugreifen zu können. Es wird mit der Veröffentlichung und Verbreitung der Inhalte gedroht.“

Wer sich vor Sextortion schützen will oder bereits betroffen ist, dem gibt eine Notfall-Checkliste des BSI wichtige Informationen an die Hand.

Beispiele aus Baden-Württemberg

Sextortion hat sich als Betrugsmasche seit einigen Jahren fest etabliert. Bundesweit warnen die Landeskriminalämter davor. Im laufenden Jahr gab es auch im Südwesten schon zahlreiche Vorfälle. Hier einige Beispiele: 

  • Bodenseekreis: So war beispielsweise im Bodenseekreis im April ein junger Mann mit anzüglichen Bildern erpresst worden, die er zuvor, gutgläubig verliebt, an einen „netten Kontakt“ verschickte.
  • Rastatt: In Rastatt wurden Ende März gleich zwei Männer Opfer der perfiden Masche.
  • Freudenstadt: Im Kreis Freudenstadt zahlte ein 58-jähriger Anfang des Jahres rund 3000 Euro an Erpresser, nachdem ihn unbekannte Frauen über einen längeren Zeitraum hinweg angeschrieben, ihn zu Nacktfotos genötigt und schließlich mit Veröffentlichung gedroht hatten.

Info: Tipps für Betroffene

BKA/LKA
Das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter warnen auf ihren Homepages vor dem Phänomen „Sextortion“ und gibt folgende Tipps:

• Überweisen Sie kein Geld. Die Erpressung hört nach der Zahlung meist nicht auf.

• ️Erstatten Sie Anzeige bei Ihrer örtlichen Polizei oder einer Online-Wache.

• Kontaktieren Sie den Betreiber der entsprechenden Webseite und veranlassen Sie, dass das veröffentlichte Bildmaterial gelöscht wird. Nicht angemessene Inhalte kann man dem Seitenbetreiber über eigens hierfür eingerichtete Buttons melden.

• Brechen Sie den Kontakt zum/zur Täter/in sofort ab, reagieren Sie nicht auf Nachrichten.

• Sicheren Sie alle Chatverläufe und Nachrichten mittels Screenshots.