662 Stuttgarter Wohnungen wurden im Jahr 2017 von Einbrechern heimgesucht. Foto: dpa (Symbolbild)

Der für die Polizei erfreuliche Trend, dass in Stuttgart deutlich weniger eingebrochen wird, wirft Fragen auf: Was hält die Tätergruppen eigentlich von der Stadt fern?

Stuttgart - Rüdiger Winter weiß als Chef der Kriminalpolizei in Stuttgart viel über das kriminelle Geschehen in der Stadt. Doch das hat seine Grenzen. Denn warum Täter hier mal massiv auftreten, dann aber quais abrupt von der Bildfläche verschwinden, kann auch der erfahrene Kriminalist nicht erklären. So geht es ihm zum Beispiel bei den Einbrechergruppierungen. „2015 hatten wir viele aus Georgien, 2016 spielten die kaum eine Rolle“, sagt er über die Entwicklung, die für Stuttgart eine Wende bei der Bekämpfung des Einbruchsdiebstahls gebracht hat.

Das Ausbleiben der Georgier ist somit nur ein Faktor in der Entwicklung, mit der die Polizei sehr zufrieden ist: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist 2017 auf 662 gesunken, das ist erneut ein Rückgang. 2014 war mit 1277 Taten ein Höchststand erreicht gewesen, seither hat eine Trendwende eingesetzt. Der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre liegt mit 838 Fällen auch deutlich höher.

Gesetztesänderung schreckt Täter offenbar ab

„Wir hoffen natürlich, dass es sich bei professionell organisierten Banden herumspricht, dass wir ihnen hier das Leben schwer machen“, sagt Winter bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2017. Das könnte ein Grund sein, warum die Einbrüche weniger geworden sind. „Wir haben einen sehr hohen Fahndungsdruck aufgebaut“, erläutert er. Als die Zahlen explodiert waren, reagierte die Polizei: Die Bearbeitung aller Fälle erfolgt seither zentral bei der Kripo. „Dadurch haben wir ein qualifiziertes Lagebild“. Außerdem brachte die Polizei „viele sichtbare Kräfte“ in die Wohngebiete. Zudem habe man viel verdeckt ermittelt. Das sei mit Unterstützung des Polizeipräsidiums Einsatz geschehen.

Winter vermutet auch, dass eine Gesetzesänderung starken Einfluss auf das Kriminalitätsgeschehen hatte: Einbruch zählt seit 2017 zu den Verbrechenstatbeständen. Das heißt, dass noch höhere Strafen dräuen. Hohe Strafen wurden auch am Landgericht in den vergangenen Jahren verhängt. „Vielleicht weichen einige dann auf den Ladendiebstahl aus“, so Winter. Belegen lasse sich das nicht – schon allein deshalb nicht, weil auch die Zahl der Ladendiebstähle sank. Wobei auch viele Taten unentdeckt blieben , sagt der Kripochef. Dafür spreche, dass das Zugreifen im Laden weniger riskant sei, die zu erwartenden Strafen seien geringer. Was die Täter jedoch denken, das verraten selbst die verhafteten meist nicht.

Aufmerksame Nachbarn halten Einbrecher fern

Was man von Einbrechern jedoch weiß, das fußt auf Studien mit Häftlingen, die sich strategische Überlegungen entlocken ließen: „Man hat sie gefragt, was für sie die größten Hemmnisse sind“, berichtet der Leiter des Referats Prävention bei der Polizei, Ulrich Sauter Die Antworten: aufmerksame Nachbarn und anwesende Bewohner. Kombiniert mit der Erkenntnis, dass 63 Prozent aller Einbrüche in Mehrfamilienhäusern verübt werden, lässt sich daraus für die Präventionsbeamten wichtiges Wissen ableiten: Ein Haus, in dem die Nachbarn aufeinander achten, ist sicherer. Dazu noch eine Schaltuhr, die nachts das Licht im Wohnzimmer leuchten lässt und Nachbarn oder Freunde, die bei Abwesenheit den Briefkasten leeren, könne viele Einbrecher abschrecken, sagt Sauter.

Stuttgart ist im Jahr 2017 mit den gesunkenen Zahlen im Mittelfeld der Stadtkreise in Baden-Württemberg bei der Belastung durch Einbrüche gelandet. Das sagt die Häufigkeitszahl aus: Sie gibt an, wie viele Einbrüche pro 100 000 Einwohner geschehen. In Stuttgart liegt dieser Wert bei 105 Taten. Besser stehen Ulm, Pforzheim, Heidelberg und Heilbronn da. Heilbronn führt die Tabelle mit 57 Einbrüchen auf 100 000 Einwohner an. Den schlechtesten Wert verzeichnet die Statistik für Freiburg mit einer Häufigkeitszahl von 146.