Die Polizei wurde 2020 häufiger wegen häuslicher Gewalt gerufen. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Revierleiter Stefan Hartmaier stellte im Bezirksbeirat Stuttgart-West die Kriminalstatistik für das vergangene Jahr vor.

S-West - Sicherheit ist ein sehr subjektives Gefühl. Der eine spaziert nach Mitternacht angstfrei durch den dunklen Rosensteinpark und Schlossgarten in Richtung Hauptbahnhof. Der andere bekommt schon ein mulmiges Gefühl, wenn er am helllichten Tag von einem Fremden auf der Königstraße angesprochen wird. Bei der Antwort auf die Frage „Wie sicher ist ein Stadtbezirk?“ kann die örtliche Kriminalstatistik der Polizei aufgrund der Datenlage sicherlich bessere Hinweise liefern. Und da steht der Stadtbezirk Stuttgart-West im Vergleich zu ganz Stuttgart vergleichsweise gut da. Denn die Relation von Einwohnerzahl zu der Zahl der Straftaten ist im Vergleich zur Gesamtstadt sehr niedrig. Unterm Strich bedeutet das: „In Stuttgart-West wohnen 8,6 Prozent der Stuttgarter, aber ‚nur‘ 4,6 Prozent der Straftaten von der Gesamtstadt finden in S-West statt“, fasst Revierleiter Stefan Hartmaier zusammen. Freilich liefert hier wie überall die polizeiliche Kriminalstatistik kein reales Abbild der wirklich begangenen Straftaten. Denn die Dunkelziffer, also die Zahl der nicht bei der Polizei registrierten und angezeigten Fälle, ist in vielen Bereichen sehr groß.

Verbrechensbekämpfung und Personalführung Übrigens hat Hartmaier, der in diesem März die Leitung des Polizeireviers 3 an der Gutenbergstraße übernommen hat, mit seinen Kollegen einen recht großen städtischen Bereich im Auge zu behalten. Denn er ist in seiner Funktion als Leiter des Reviers 3 nicht nur für den Westen, sondern auch für den Süden und Botnang zuständig. Knapp 150 Beschäftigte gehören zum „Personalkörper“ des Polizeireviers 3, wenn die Posten Süd und Botnang, alle Streifendienste sowie die zu anderen Einheiten abgeordneten Kräfte mitrechnet werden. Neben der Verbrechensbekämpfung spielt also auch die Personalführung eine wichtige Rolle im Aufgabenbereich des neuen Revierleiters.

Das Virus wirkt sich auch auf die Kriminalität aus Was die Kriminalitätsentwicklung im vergangenen Jahr angeht, so hat die Pandemie auch so manches Delikt verhindert. Dass es Taschendiebe bei strikten Abstandsregeln und Versammlungsverboten schwer haben, liegt auf der Hand. Coronabedingte Rückgänge gab es deshalb auch im Stuttgarter Westen bei den einfachen Diebstählen zu verzeichnen. Anders sieht es bei den Wohnungseinbrüchen aus, die kurioserweise im Jahr 2020 im Westen von 21 auf 29 angestiegen sind. Im Gesamtbereich des Polizeireviers 3 gingen sie dagegen im Vergleich zum Vorjahr deutlich von 82 auf 65 zurück.

Mehr Körperverletzungen, weniger Betrugsdelikte Deutlich angestiegen sind dagegen auch im Stuttgarter Westen die Körperverletzungsdelikte – und zwar von 182 auf 254 Straftaten. Offensichtlich haben die Lockdown-Phasen und die Coronazeit die Fälle an häuslicher Gewalt nach oben getrieben. Die Nerven lagen mancherorts in den Familien blank. Hartmaier führt diesen Anstieg auch auf die teils beengten Wohnverhältnisse und die wirtschaftlichen Sorgen durch die Corona-Pandemie zurück: „Die Leute saßen enger aufeinander.“ Ebenfalls gestiegen: Die Gewalt gegen Polizeibeamte und die Beleidigungen. Auch diese Fallzahlen sind vermutlich durch die Coronakrise und die damit verbundenen Kontrollen und Maßnahmen zur Durchsetzung von Abstands- und Kontaktbeschränkungen begünstigt worden.

Weniger Betrugsdelikte Erfreulich ist dagegen der starke Rückgang der Betrugsdelikte: Er sank von 411 registrierten Straftaten im Jahr 2019 auf 240 Fälle im vergangenen Jahr. Allerdings liegt auch ein anderer Wert – und zwar deutlich - unter dem Durchschnitt der Gesamtstadt. Gemeint ist die Aufklärungsquote: Sie betrug in Stuttgart-West im vergangenen Jahr 49,3 Prozent. In ganz Stuttgart wurden dagegen 67,2 Prozent aller Straftaten aufgeklärt. Obwohl Stuttgart-West deutlich hinter der Gesamtstadt zurückliegt, hat der Stadtbezirk bei der Aufklärungsquote im Vergleich zum Vorjahr deutlich an Boden gutgemacht. Denn 2019 lag die Aufklärungsquote noch bei 44,6 Prozent. Doch auch diese Zahl täuscht: Denn bei einigen Delikten werde mit der Straftat auch gleichzeitig der Täter der Polizei serviert, erklärte Hartmaier. So werde beispielsweise bei der Anzeige eines Ladendiebstahls in der Regel gleich auch der Dieb den Ermittlungsbehörden mitgeliefert. Bei anderen Delikten ist es umgekehrt.