Die Bewohner der Krim sollen in einem Referendum entscheiden, ob sich die Halbinsel der Russischen Föderation anschließt. Eine Mehrheit gilt als wahrscheinlich. Foto: Getty Images Europe

Die EU erkennt das für Sonntag angesetzte Referendum über die Zukunft der Krim nicht an. Deshalb haben die Außenminister schon weitere Strafmaßnahmen gegen Russland im Köcher.

Die EU erkennt das für Sonntag angesetzte Referendum über die Zukunft der Krim nicht an. Deshalb haben die Außenminister schon weitere Strafmaßnahmen gegen Russland im Köcher.

Berlin/Moskau - Aus Protest gegen Russlands Verhalten in der Krim-Krise bereitet die Europäische Union weitere Sanktionen gegen Moskau vor. Einen Tag nach dem von der EU nicht anerkannten Referendum über den Anschluss der Krim an Russland vom kommenden Sonntag (16.3.) könnten die EU-Außenminister Einreiseverbote und Kontensperrungen beschließen. Das kündigten Diplomaten in Brüssel an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte Russland nochmals zur Mitwirkung an einer internationalen Kontaktgruppe zur Lösung der Krim-Krise auf. An diesem Donnerstag will Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung zur Entwicklung in der Ukraine abgeben.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin zu den bislang gescheiterten Vermittlungsbemühungen: „Die Zeit für einen solchen Versuch des Gesprächs und der Verständigung drängt.“ Allerdings habe die russische Seite immer noch nicht die „nötige Bereitschaft“ gezeigt. Moskau weigert sich bislang, mit der neuen Führung in Kiew in einem solchen Format zu reden.

Seibert: "Sind gegebenenfalls bereit zu handeln"

Seibert verwies zugleich auf den von der EU beschlossenen Fahrplan für Sanktionen. „Wir wollen ganz klar den Weg des Gesprächs und der Verständigung. Noch ist es nicht zu spät. Es bleibt noch ein wenig Zeit. Aber wir sind gegebenenfalls auch bereit zu handeln.“ Deutschland sei auch zu einer „breiten Palette an wirtschaftlichen Maßnahmen“ bereit.

Die EU hatte in der vergangenen Woche einen Drei-Stufen-Plan beschlossen, falls sich Russland von der Krim nicht zurückzieht. Als erster Schritt wurden die Verhandlungen mit Moskau über Visaerleichterungen für Russen ausgesetzt. Auch über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland wird vorerst nicht weiter verhandelt. Am Dienstag befassen sich die EU-Botschafter im Politischen und Sicherheitspolitischen Ausschuss der EU (PSK) mit möglichen Maßnahmen.

Wegen der Krim-Krise besucht Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach Angaben des Auswärtigen Amts an diesem Dienstag die drei baltischen EU-Mitglieder Estland, Lettland und Litauen. Der SPD-Politiker betonte, Russland provoziere mit seiner unnachgiebigen Haltung in der Krim-Krise eine baldige Verschärfung der EU-Sanktionen. „Wenn es in den Gesprächen, die morgen oder übermorgen vielleicht noch anstehen, wenn es dann nicht zu entsprechender Bereitschaft kommt, sich auf der russischen Seite zu bewegen, dann wird man die nächste Stufe der Sanktionen erreichen müssen“, sagte Steinmeier am Sonntagabend.

Merkel gibt Regierungserklärung ab

Kanzlerin Merkel will an diesem Donnerstag im Bundestag eine Regierungserklärung zur Entwicklung in der Ukraine abgeben. Wegen der Krim-Krise hatte die Kanzlerin am Wochenende verschiedene Telefonate geführt, unter anderem mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, US-Präsident Barack Obama und dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei erklärte sich dabei nach deutschen Angaben bereit, in einer Kontaktgruppe mitzumachen.

Auch US-Präsident Barack Obama hatte Russland zuvor mit weiteren Strafmaßnahmen gedroht, sollte Moskau nicht einlenken. Mitten in der Krim-Krise trifft der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk an diesem Mittwoch in Washington mit Obama zusammen.

Rasmussen fordert Russland zum Abzug auf

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen forderte den Abzug der russischen Truppen von der ukrainischen Halbinsel Krim. „Wir erwarten, dass Russland seine internationalen Verpflichtungen erfüllt, seine Truppen zurückzieht und sich nicht in sonstigen Regionen der Ukraine einmischt“, sagte Rasmussen der „Bild“-Zeitung. „Auf der Karte Europas im 21. Jahrhundert sollte niemand versuchen, neue Grenzen zu ziehen.“ Die ukrainischen Streitkräfte rückten landesweit zu Militärübungen aus, um nach eigenen Angaben die eigene Gefechtsbereitschaft zu überprüfen.

Die selbst ernannte Führung der Krim rechnet bei dem umstrittenen Referendum am kommenden Sonntag mit einer großen Mehrheit für einen Anschluss an Russland. „Mehr als 80 Prozent der Einwohner der Krim sind für den Beitritt zu Russland“, behauptete der moskautreue Parlamentschef Wladimir Konstantinow am Montag. Der Kreml hat bereits zugesichert, bei einem entsprechenden Votum die völkerrechtlich zur Ukraine gehörende Krim in die Russische Föderation aufzunehmen.

Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, die Halbinsel vor etwa einer Woche völkerrechtswidrig unter seine Kontrolle gebracht zu haben.

In mehreren Großstädten der Süd- und Ostukraine gibt es Forderungen nach einer Abstimmung wie auf der Krim. Im östlichsten Verwaltungsgebiet Lugansk hatten am Sonntag Aktivisten den Sitz der Regionalregierung gestürmt und den Gouverneur für abgesetzt erklärt. Demonstranten seien in Bussen aus Russland über die nahe Grenze zu der Kundgebung gefahren, berichteten örtliche Medien. Auch in Donezk und Odessa protestierten Tausende gegen die prowestliche neue Staatsführung. Im ostukrainischen Charkow hingegen, der zweitgrößten Stadt des Landes, gingen etwa Zehntausend Menschen für einen Verbleib in der Ukraine auf die Straßen.