Ein Satellitenbild des Kachowka-Staudamms. Foto: dpa/Uncredited

Die Zerstörung des Staudamms in der Ukraine löst bei Politikern in Berlin Entsetzen aus. Der Kanzler gelobt erneut konsequente Unterstützung der Ukraine – die Union fordert mehr Einsatz.

Es sind deutliche Worte, die Olaf Scholz findet. Das sei etwas, so sagt er es nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine, „das sich einreiht in viele, viele der Verbrechen, die wir in der Ukraine gesehen haben, die von russischen Soldaten ausgegangen sind“, so formuliert es der Kanzler beim Europaforum des WDR in Berlin. Die russischen Streitkräfte würden auch Städte, Dörfer, Krankenhäuser, Schulen und Infrastrukturen angreifen. „Deshalb ist das etwas, das eine neue Dimension hat, aber zu der Art und Weise passt, wie Putin diesen Krieg führt“, sagt Scholz.

Die Nachricht und die Bilder des zerstörten Staudamms sorgten für Entsetzen im politischen Berlin – und teils für drastische Bewertungen. „Die absehbaren katastrophalen Auswirkungen auf Mensch und Natur im Unterlauf des Dnjepr sind vergleichbar mit dem Einsatz einer Atombombe“, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul unserer Redaktion.

Der CDU-Politiker dämpfte jegliche Erwartungen auf einen baldigen Friedensschluss mit Russland. „Angesichts dieser Tat sollten alle, die seit Monaten von einem sofortigen Frieden fantasieren und die Ukraine dazu bringen wollen, sich mit Russland auf Grundlage der derzeitigen Frontlinie an den Verhandlungstisch zu setzen, endlich zur Besinnung kommen und erkennen, welch ein unberechenbarer Verbrecher Putin letztendlich ist.“ Dieser Krieg dürfe nur mit einem ukrainischen Sieg enden. Wadephul forderte: „Die Bundesregierung muss jetzt alles auf der internationalen Bühne unternehmen, um zusammen mit Partnern Russland auf der ganzen Welt zu isolieren.“

Kanzler setzt weiter auf Unterstützung der Ukraine

Der Bundeskanzler hielt am Dienstag an der Botschaft fest, die er immer wieder formuliert hat – und strich dabei Kontinuität im eigenen Regierungshandeln heraus. Es sei wichtig gewesen, „dass wir die Ukraine unterstützen – finanziell, aber auch mit Waffenlieferungen“, sagte er. Und deshalb bleibe auch „die Botschaft wichtig, dass wir sagen: Wir werden das solange tun, wie das notwendig ist, damit es eben nicht immer noch zu einem weiteren Eskalationsschritt kommt“.

Scholz – der über viele Monate in der Kritik stand, beim Thema Waffenlieferungen zu zögerlich zu reagieren, hatte dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj bei dessen Besuch in Berlin Mitte Mai weitere Waffenlieferungen zugesagt. Selenskyj hatte Dank geäußert, dass Deutschland nach den USA ganz vorn bei der Unterstützung der Ukraine liegt. Scholz, so schätzt es mittlerweile auch die ukrainische Seite ein, neigt zwar nicht zu schnellen Entscheidungen bei Waffenlieferungen – aber wenn er sich entschieden hat, dann liefert Deutschland auch zuverlässig.

Erste Zeichen für ukrainische Gegenoffensive

Russland und die Ukraine beschuldigten sich gegenseitig, für die Zerstörung des Staudamms verantwortlich zu sein. Es sei zu früh, darüber zu spekulieren, wer für die Sprengung verantwortlich sei, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD). „Aber ich sehe keinen Grund, warum die Ukraine ihre eigene Infrastruktur zerstören sollte, die zur Evakuierung und Zerstörung von ukrainischen Dörfern und Städten führen wird.“ So sehen es viele Politiker in Berlin.

Zugleich erklärte Roth mit Blick auf das weitere Kriegsgeschehen: „Nach der gescheiterten russischen Offensive mit hohen Verlusten stehen wir am Anfang der ukrainischen Offensive zur Befreiung der von Russland besetzten Gebieten.“ Er fügte hinzu: „Die Berichte über ukrainische Angriffe sind die ersten Zeichen für den Beginn dieser Offensive.“ Das sei „das gute Recht der Ukraine“ laut Charta der Vereinten Nationen, so Roth. „In diesem Krieg eskaliert nur Russland, das seit 16 Monaten Terror und Vernichtung über die Ukraine bringt.“