Mehr als 150 000 Menschen sind seit Kriegsbeginn im Jemen gestorben. Foto: dpa/Mohammed Mohammed

Im Jemen scheint ein Deal zwischen Saudi-Arabien und den Huthi-Rebellen möglich. Doch ob dies ein Ende des Krieges bedeutet, ist offen.

Verhandlungen zwischen Saudi-Arabien und den Huthi-Rebellen im Jemen lassen auf ein Ende des Kriegs hoffen: Von einem „willkommenen Schritt hin zur Deeskalation“ sprachen jetzt die UN. Tatsächlich ist ein Deal zwischen Saudis und Huthis möglich – doch die Chancen für einen dauerhaften Frieden in dem kriegszerstörten Land stehen schlecht. Bei den Gesprächen zwischen den Kriegsparteien in der Hauptstadt Sanaa geht es laut Experten vor allem um den Wunsch Saudi-Arabiens, sich mit einer gesichtswahrenden Lösung aus dem Jemen zurückziehen zu können.

Eine desaströse Fehleinschätzung der saudischen Führung stand 2015 am Anfang des Kriegs. Ein Jahr zuvor hatten die iranisch unterstützten Huthi-Rebellen große Teile des Landes und Sanaa eingenommen. Saudi-Arabien unter Mohammed bin Salman, dem damaligen Verteidigungsminister und heutigen Kronprinzen, griff aufseiten der jemenitischen Regierung ein. Nur sechs Wochen werde es bis zu einem Sieg über die Huthis dauern, soll Riad damals der US-Regierung mitgeteilt haben.

Stellvertreterkrieg der Saudis gegen den Iran

Acht Jahre später, nach Hungersnöten und dem Tod von mehr als 150 000 Menschen dauert der Krieg immer noch an. Jeder zweite der 33 Millionen Bewohner des Landes ist auf die Versorgung durch Hilfsorganisationen angewiesen. Der Konflikt ist zu einem Stellvertreterkrieg der Saudis gegen den Iran geworden. Die Huthis sind stark genug, um Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit Raketen und Drohnen anzugreifen. Zwischen 2015 und 2022 gab es nach einer Zählung der US-Denkfabrik MEI fast 1400 solcher Angriffe.

Dass Mohammed bin Salman nach einem Ausweg im Jemen sucht, ist einer der Gründe dafür, warum Saudi-Arabien seine Beziehungen zum Iran normalisieren will. Seit der Grundsatzeinigung zwischen beiden Staaten im März nehmen die Friedensbemühungen für den Jemen Fahrt auf. In den vergangenen Tagen trafen sich saudische Diplomaten und Vermittler aus dem Oman in Sanaa mit dem politischen Anführer der Huthis, Mahdi al-Maschat. Die Huthis fordern von Saudi-Arabien die Aufhebung der Seeblockade der Hafenstadt Hodeidah und einen Zeitplan für den Abzug ausländischer Truppen. Zudem soll ein Waffenstillstand verlängert werden. UN und USA sehen die Gespräche als große Chance.

Experten sind skeptisch

Experten sind jedoch skeptisch. Magdalena Kirchner, Direktorin für Jemen und Jordanien bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, verweist darauf, dass Saudis und Huthis über die Köpfe anderer Akteure hinweg verhandeln. „Ob die Gespräche in Sanaa ernsthafte Perspektiven öffnen können, hängt davon ab, ob es gelingt, die innerjemenitischen Konfliktparteien überhaupt erst einmal an einen gemeinsamen Tisch zu bekommen“, sagte Kirchner unserer Zeitung. „Dass die international anerkannte Regierung bisher keine Rolle in den saudischen Abmachungen mit den Huthis zu spielen scheint, zeigt, wie weit wir selbst von diesem ersten Schritt entfernt sind.“

Für Saudi-Arabien geht es in Sanaa darum, das Engagement im Jemen so schnell wie möglich zu beenden. „Die Huthis profitieren militärisch, wirtschaftlich und politisch enorm von diesem Deal“, sagt Kirchner. Zwar hätten die Huthis kein Interesse daran, das Erreichte durch neue Angriffe auf saudische Ziele aufs Spiel zu setzen. Doch habe Saudi-Arabien weder eine umfassende Waffenruhe noch Zugeständnisse der Huthis an die jemenitische Regierung zu Grundbedingungen für eine Einigung gemacht. „Das erhöht unter den bisherigen Partnern der Saudis die Sorge, im Falle einer erneuten Huthi-Offensive zumindest militärisch alleine da zu stehen.“

Huthis sind im Vorteil

Auch die Jemen-Expertin Nadwa al-Dawsari sieht die Huthis im Vorteil: „Sie wissen, dass Saudi-Arabien dringend nach einem Ausweg sucht und dass die internationale Gemeinschaft das Jemen-Problem loswerden will“, schrieb sie in einer Analyse für die Denkfabrik MEI. Zusätzlich kompliziert wird die Lage durch eine Rivalität zwischen Saudi-Arabien und den VAE: Die VAE unterstützen südjemenitische Separatisten, die nahe der saudischen Grenze vorrücken. Saudi-Arabien ließ deshalb kürzlich eine neue, 8000 Mann starke Miliz aufstellen. Der Frieden ist im Jemen noch weit.