Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu (2.v.r) besuchte unlängst eine Werkshalle. Foto: Uncredited/Rusian Defense Minist

Wie umgehen mit zwei Kriegen? Bei den G7-Beratungen im italienischen Ferienidyll drängen die Ukraine und Gaza in den Fokus. Geredet werden muss aber auch über Geschäfte mit einem Systemrivalen.

Die Staats- und Regierungschefs der sieben demokratischen Industrienationen (G7) wollen mit einem weiteren Kraftakt die von Russland angegriffene Ukraine militärisch und finanziell stärken. Der Ukraine-Krieg ist ein zentrales Thema bei dem dreitägigen Gipfeltreffen, das an diesem Donnerstag in dem italienischen Luxushotel „Borgo Egnazia“ in Apulien beginnt. Auf der Tagesordnung stehen auch der Gaza-Krieg, die schwierigen Handelsbeziehungen zu China und die Migration. Gäste der Gipfelrunde sind unter anderem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und erstmals auch der Papst.

Zur Gruppe der Sieben gehören die USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien, das dieses Jahr Gastgeber ist und den Vorsitz hat. Für Deutschland reist Bundeskanzler Olaf Scholz an. US-Präsident Joe Biden wollte am Mittwoch nach Süditalien reisen. Für die EU sind Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dabei.

Eingefrorenes russisches Staatsvermögen für die Ukraine

Die EU hatte bereits beschlossen, eingefrorenes russisches Staatsvermögen für die Ukraine zu nutzen. Beim G7-Gipfel soll nun vereinbart werden, noch mehr daraus zu machen. Wie ein ranghoher EU-Beamter am Dienstagabend sagte, soll in Apulien vereinbart werden, mit Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen einen Kredit in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) für die Ukraine zu finanzieren. 

Mit dem Geld könnte die Ukraine ihre Verteidigung stärken und den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur bezahlen. Zudem sollen Engpässe im ukrainischen Staatshaushalt ausgeglichen werden können, erklärte der EU-Beamte.

Finanzierung für Militärhilfen

Die Pläne könnten dazu beitragen, Zinserträge aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen künftig noch effektiver zu nutzen. Die EU-Staaten hatten bereits entschieden, sie direkt für die Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine bereitzustellen. Allein dieses Jahr sollen so bis zu drei Milliarden Euro für die Ukraine zusammenkommen. Über den sogenannten Kredithebel könnte die Wirkung nun aber noch einmal deutlich erhöht werden.

Nach Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben. Es ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt. 

Luxus-Ressort

US-Präsident Biden will der Ukraine einem Medienbericht zufolge ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung stellen. Biden habe sich vergangene Woche nach einer Reihe von Treffen mit ranghohen Beratern dazu entschieden, schrieb die „New York Times“ unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen in der Regierung. Der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby, bestätigte den Bericht auf Nachfrage nicht. Denkbar ist, dass die US-Regierung die Ankündigung im Rahmen des Gipfels macht.

Das neue Patriot-System der USA sei derzeit in Polen, schrieb die „New York Times“ weiter. Es könne in den kommenden Tagen an der ukrainischen Front eingesetzt werden. Es wäre das zweite Patriot-Flugabwehrsystem, dass die USA der Ukraine zur Verfügung stellen. 

Franziskus pocht auf Solidarität mit Flüchtlingen

Es zählt zu den modernsten der Welt. Mit ihm werden feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft. Auf eine Entfernung von etwa 100 Kilometern und bis in Höhen von 30 Kilometern können die Abwehrraketen in einer gedachten Glocke um die Stellung Ziele treffen - abhängig vom eingesetzten Lenkflugkörper. 

Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia begrüßt ihre Gäste in dem Luxus-Resort „Borgo Egnazia“, das 28 Villen sowie 63 Suiten oder Zimmer in traditionell apulischem Stil unterhält. Dazu gibt es Restaurants, Pools, ein Golfplatz und ein Beachclub. 

Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine

Auch der Papst wird dort mit den Staats- und Regierungschefs zusammentreffen. Zum ersten Mal überhaupt nimmt ein Papst an einem G7-Gipfel teil. Das Oberhaupt der katholischen Kirche soll über das Thema Künstliche Intelligenz sprechen. Bei der Arbeitssitzung soll es aber auch um Afrika und das Mittelmeer gehen - und Franziskus pocht immer wieder auf Solidarität mit Flüchtlingen und Migranten, die den gefährlichen Seeweg nach Europa wagen. 

Nach der zweitägigen Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine in Berlin schließt das G7-Treffen nahtlos an. Am Samstag geht es für Scholz und auch Selenskyj weiter zur Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz, zu der sich nach Angaben der Regierung in Bern bislang rund 40 Staats- und Regierungschefs angemeldet haben. Eingeladen waren rund 160. Weitere gut 40 Staaten sollen mit anderen hohen Regierungsvertretern dabei sein.