Die „Viking Sky“ erreicht den Hafen von Molde Foto:  

Glimpfliches Ende einer dramatischen Reise: Die „Viking Sky“ hat den Hafen von Molde erreicht. Das Schiff war einen Tag zuvor mit Motorschaden in einem heftigen Sturm in Seenot geraten.

Molde - Die Erleichterung ist groß an Bord der „Viking Sky“, als das 227 Meter lange Kreuzfahrtschiff um 16.29 Uhr im norwegischen Hafen Molde anlegt. „Wir haben es geschafft“, rufen die Passagiere, als sie an Land gehen. In den 26 Stunden davor hatten sich an Bord des Schiffes dramatische Szenen abgespielt. Die „Viking Sky“ war am Samstagmittag wegen Problemen mit dem Antrieb während eines Sturms vor der Westküste Norwegens in Seenot geraten. An Bord befanden sich nach Angaben der Reederei 915 Passagiere und 458 Besatzungsmitglieder. Das Schiff war auf einer zwölftägigen Kreuzfahrt entlang der norwegischen Westküste unterwegs. Unter den Passagieren waren überwiegend Briten und Amerikaner, aber auch zwei ältere Frauen mit deutscher Staatsbürgerschaft.

Um 14 Uhr funkte der Kapitän SOS. Zwischenzeitlich drohte das Schiff in dem berüchtigten Küstengebiet Hustadvika auf Grund zu laufen. Handyvideos vom Schiff zeigen das Chaos an Bord: panische Menschen, Möbel rutschen hin und her, Dachteile stürzen auf Reisende, Rettungswesten werden ausgeteilt. „Ich dachte an die ‚Titanic‘“, erklärte der am Sonntagmorgen ausgeflogene US-amerikanische Passagier Rodney Hogen. „Wir saßen im Restaurant. Es begann, kräftig zu schaukeln. Plötzlich gab ein Fenster oder eine Tür durch eine meterlange Welle nach, Wasser strömte hinein und riss Tische, Stühle, Geschirr und 20 bis 30 Leute direkt vor mir mit sich. Meine Frau saß mir gegenüber, plötzlich war sie nicht mehr da. Da dachte ich, das ist das Ende“, berichtet der Rentner dem Sender NRK.

Der Sturm machte eine Evakuierung mit Rettungsbooten am Samstag unmöglich. Fünf Helikopter flogen deshalb im Pendelverkehr hin und her und brachten insgesamt 463 Passagiere an Land – bei einer Windgeschwindigkeit von zeitweise 38 Knoten (über 70 Kilometer pro Stunde). Der Rest musste die Nacht an Bord verbringen. Währenddessen schaukelte das riesige Schiff hilflos hin und her, umtost von meterhohen Wellen. Nach Angaben des NRK war das Schiff zeitweise nur noch 100 Meter davon entfernt, auf Grund zu laufen. Die Lage sei am Samstagabend kritisch gewesen, erklärte der südnorwegische Rettungsdienst am Sonntagnachmittag. 20 Passagiere wurden verletzt, drei davon schwer.

Frachtschiff eilt „Viking Sky“ zu Hilfe und gerät ebenfalls in Seenot

Zwei Schleppern gelang es am Sonntagmorgen dann endlich, das Schiff Richtung Molde zu wenden. Auch die Motorenschäden waren in der Nacht behoben worden, so dass die „Viking Sky“ aus eigener Kraft fahren konnte. Warum die Motoren der erst 2017 vom Stapel gelaufen „Viking Sky“ mitten im Sturm den Geist aufgaben, ist noch unklar. „Das Wetter alleine darf nicht zum Ausfall der Maschinen führen“, kommentierte Schiffsingenieur Arbe Bredsen am Sonntag bei NRK.

Am Sonntag wurde Kritik an der verantwortlichen Reederei Viking Ocean Cruises laut: weil das Schiff trotz des starken Sturms auslief, wegen des Ausfalls der Motoren – und weil viele Möbel im Schiff nicht angeschraubt waren. Das sei aufgrund von Stabilisatoren nicht üblich auf modernen Schiffen, erklärte Schiffsexperte Erik Tveten. Warum das Schiff bei so schlechtem Wetter ausgelaufen war, wollte Reedereieigentümer Torstein Hagen am Sonntag nicht kommentieren. „Das ist nichts, was ich beantworten kann“, sagte er der Zeitung „Dagbladet“.

Nach der Beinahekatastrophe am Samstag hatten andere Schiffe ihre Weiterfahrt aufgrund des Unwetters eingestellt und Passagiere stattdessen per Flugzeug weitertransportiert. Auch ein Frachtschiff geriet am späten Samstagabend unweit der „Viking Sky“ in Seenot. Die neun Besatzungsmitglieder wurden ebenfalls mit Helikoptern evakuiert. Die „Hagland Captain“ hatte laut dem Rettungsdienst ebenfalls einen Maschinenschaden und bekam Schlagseite – als sie auf dem Weg zur „Viking Sky“ war, um zu helfen.

Schiffseigentümer Hagen will nun alle Passagiere der „Viking Sky“ heimfliegen lassen. Die nächste Reise des Schiffs entlang Skandinaviens Küste und durch den Nord-Ostsee-Kanal wurde abgesagt.