Blick aufs Meer und in die weite Ferne: Kreuzfahrten stehen bei Touristen hoch im Kurs Foto: dpa

Immer mehr Urlauber stechen in See: 6,4 Millionen Kreuzfahrer waren es 2013 in Europa. Mit 1,69 Millionen Passagieren liegt Deutschland auf Platz zwei.

Hamburg - Immer mehr Urlauber stechen in See: 6,4 Millionen Kreuzfahrer haben sich 2013 in Europa eine Reise auf einem Vergnügungsdampfer gegönnt und damit die Kreuzfahrtindustrie mächtig angekurbelt. Mit 1,69 Millionen Passagieren liegt Deutschland bislang auf Platz zwei. „2014 wird es einen neuen Rekord geben und Deutschland zum größten europäischen Kreuzfahrtmarkt aufsteigen“, prognostiziert Helge Grammerstorf, Direktor des internationalen Kreuzfahrtverbandes CLIA in Deutschland. Weltweit wäre Deutschland dann die Nummer zwei nach den USA.

1,69 Millionen Urlauber sind 2013 in Deutschland mit einem Luxusliner in See gestochen. Das waren 9,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Damit wächst der deutsche Markt doppelt so stark wie der europäische mit 4,1 Prozent. „Die Zahl deutscher Kreuzfahrtgäste hat sich allein in den vergangenen sechs Jahren mehr als verdoppelt, Deutschland ist ein absoluter Wachstumsmarkt“, sagt Helge Grammerstorf, Direktor des internationalen Kreuzfahrtverbandes CLIA in Deutschland. Diese Entwicklung macht ihn zuversichtlich, dass Deutschland weltweit auf Platz zwei vorrücken wird. Bislang liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf Platz drei, hinter den USA mit elf Millionen und Großbritannien mit 1,73 Millionen Passagieren. „Der deutsche Markt ist in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich zweistellig gewachsen, der Markt in Großbritannien dagegen im niedrigen einstelligen Bereich. Insofern ist es sehr wahrscheinlich, dass Deutschland 2014 zum größten Kreuzfahrtmarkt in Europa aufsteigen wird.“ Und damit zur Nummer zwei weltweit.

„Kreuzfahrten haben das Image verloren, elitär und teuer zu sein, sie sind inzwischen eine echte Alternative zu Pauschalreisen geworden“, erklärt er. „Das Hotel ist immer dabei, und für das Unterhaltungsprogramm an Bord muss man nicht extra zahlen.“ Zudem sei Deutschland mit fast 81 Millionen Menschen eines der bevölkerungsreichsten Länder in Europa.

Trotz des Wachstums der Branche sieht Grammerstorf noch viel Potenzial: „Bei 70 Millionen Pauschalurlaubern in Deutschland gibt es mit 1,69 Millionen Kreuzfahrern noch deutliche Entwicklungsmöglichkeiten.“ Gemessen am gesamten Umsatz des Reiseveranstaltermarkts in Deutschland machen Hochseekreuzfahrten inzwischen knapp zwölf Prozent aus.

Vier Prozent mehr Beschäftigte arbeiten europaweit in der Kreuzfahrtindustrie. Damit ist die Zahl der Arbeitsplätze im vergangenen Jahr auf 339 500 gestiegen. Fünf Jahre zuvor gab es in Europa noch 180 000 Jobs. In Deutschland sind in der Branche 46 900 Menschen angestellt. Das ist ein Plus von 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten ist eine ideale Visitenkarte; wenn man sich zu Hause an Land auf einen Job bewirbt, wird man in der Regel mit Kusshand genommen“, sagt Kreuzfahrtdirektor Anton Halbmayr der „Mein Schiff 1“ von Tui Cruises. „Ein Chef weiß, was Mitarbeiter in dieser Branche leisten und dass sie sich bereits bewährt haben.“ Schließlich haben die Mitarbeiter einen Arbeitstag von bis zu zehn Stunden.

39, 4 Milliarden Euro hat die Kreuzfahrtindustrie im vergangenen Jahr zur europäischen Wirtschaftsleistung beigetragen – ein Plus von vier Prozent im Vergleich zu 2012. Unter Wirtschaftsleistung versteht man den Umsatz, den die Branche direkt und indirekt macht. An einer Kreuzfahrt verdienen schließlich nicht nur die Reedereien, die Passagiere über die Weltmeere schippern, sondern auch Reisebüros, die Seereisen verkaufen, Versicherungen, die einen Schutz anbieten, und Floristen, die Blumen fürs schöne Ambiente an Bord liefern. Auch die Zuliefererbranche, etwa Maschinenbauer, profitieren vom Kreuzfahrt-Boom. Denn die Werften bauen die Schiffe längst nicht mehr ganz und gar selbst, 85 Prozent der Bauteile werden zugeliefert. Das wirkt sich auch auf den Markt in Deutschland aus. Hier stieg der Beitrag der Kreuzfahrtbranche zur volkswirtschaftlichen Leistung um 3,6 Prozent auf rund 3,1 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft legte 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu, die gesamte Wirtschaft in Europa ist um 0,2 Prozent gewachsen.

43 Reedereien gibt es in Europa. Sie betreiben insgesamt 125 Kreuzfahrtschiffe, die Platz für 145 000 Seereisende haben. Hinzu kommen noch 24 nichteuropäische Betreiber mit 73 Schiffen, auf denen 104  000 Passagiere an Bord gehen können. Die größte Kreuzfahrt-Reederei der Welt ist die britisch-amerikanische Carnival Cooperation, zu der auch das Rostocker Unternehmen Aida Cruises gehört. Aida beherrscht mit ihren Kreuzfahrtschiffen etwa zwei Drittel des deutschen Marktes. Ihr Hauptkonkurrent ist die Royal Caribbean International, die in Europa eine Kooperation mit Tui betreibt und mit der „Mein Schiff“-Flotte unterwegs ist. „Mit dem Bau von 24 Kreuzfahrtschiffen bis 2017 ist und bleibt Europa das Zentrum des weltweiten Kreuzfahrtschiffbaus“, sagt CLIA-Direktor Helge Grammerstorf. Acht dieser Schiffe im Wert von 5,38 Milliarden Euro werden von Deutschlands Nummer eins, der Meyer Werft gebaut.

2, 6 Millionen Kreuzfahrer sind 2013 in die spanische Touristenmetropole Barcelona eingefallen und haben von dort aus ihre Reise gestartet. Damit ist Barcelona der beliebteste Hafen in Europa. Auf Platz zwei folgt der Hafen von Civitavecchia in Italien mit 2,54 Millionen Passagieren, der etwa 70 Kilometer von Rom entfernt liegt. Danach kommen Venedig (1,8 Millionen Urlauber) und der Hafen von Piräus (1,3 Millionen Kreuzfahrer). Piräus ist der größte Seehafen Griechenlands und auch einer der größten im Mittelmeerraum. Piräus ist knapp zehn Kilometer von Athen entfernt.

In Hamburg gingen im vergangenen Jahr rund 552 400 Seereisende an Bord. 2014 erwartet Stefan Behn, Vorstandsvorsitzender des Hamburg Cruise Center, sogar 600 000 Kreuzfahrtgäste. Dieses Marke wird Kiel nicht überbieten können. Dort starteten 2013 knapp 364 500 Urlauber ihre Seereise.