Ministerpräsident Kretschmann sorgt sich mit Blick auf die Querelen bei der AfD um das Ansehen von Baden-Württemberg. (Archivfoto) Foto: dpa

Die AfD in Baden-Württemberg demontiert sich selbst, Ministerpräsident Kretschmann vermisst Haltung. Den etablierten Parteien im Landtag könnte das eigentlich recht sein, doch sie fürchten auch um das Image des Landes.

Stuttgart - Die AfD ist aus Sicht von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ein „ganz banaler Intrigantenstadl ohne klares Wertesystem“. „Bei der AfD sind Leute zusammengerührt, die sich weder vertragen noch eine Haltung haben“, sagte der Regierungschef mit Blick auf die Spaltung der Landtagsfraktion der „Heilbronner Stimme“ (Freitag). Überdies bedienten sich die Rechtskonservativen einer „brutalen, bisweilen gewalttätigen Sprache, die Züge von Fanatismus in sich trägt“. Auch die anderen etablierten Parteien sehen sich angesichts der chaotischen Zustände in der AfD in ihrer Kritik an den Rechtspopulisten bestärkt.

Für Vize-Regierungschef und Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist die AfD eine Partei der Spaltung. „Sie will die Gesellschaft spalten, und sie spaltet sich jetzt selbst“, sagte er. Der frühere AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen wäre bereit, die Mitglieder der alten Fraktion in seiner Gruppe aufzunehmen, die dem mit Antisemitismusvorwürfen konfrontierten Abgeordneten Wolfgang Gedeon den Rücken gestärkt hätten. Das entlarve Meuthen, der am Mittwoch eine neue Fraktion namens Alternative für Baden-Württemberg gegründet hatte. Meuthen hält Gedeon für einen Antisemiten, mit dem er nicht zusammenarbeiten möchte.

Landtagsverwaltung prüft zwei Fraktion

Ob eine zweite Fraktion mit Mitgliedern derselben Partei überhaupt möglich ist, lässt die Landtagsverwaltung derzeit prüfen. Parlamentspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte dafür zwei Experten vorgeschlagen. Ein weiterer Vorschlag kam von der SPD-Fraktion.

Angesichts der Krise will sich die AfD mit einem Landesparteitag bei ihren Mitgliedern rückversichern. Das Treffen werde vermutlich im September einberufen, sagte der AfD-Fraktionsgeschäftsführer und -Landessprecher Bernd Grimmer der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Dabei sollten sich die Mitglieder zu dem Antisemitismus-Streit in der Landtagsfraktion und seinen Folgen positionieren können. Für ihn stelle sich die Frage: „Steht die Partei noch hinter uns?“

Spaltung bewusst herbeigeführt?

CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart meinte: „Jetzt zeigt sich, dass mit Populismus alleine keine parlamentarische Arbeit gemacht werden kann.“ Auch SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sagte, die AfD wolle durch Polemisieren und Provozieren politische Aufmerksamkeit erregen. Es sei egal, ob es um die Alternative für Deutschland oder die Alternative für Baden-Württemberg gehe. „Beide Gruppierungen sind für mich eine Schande für Baden-Württemberg.“

Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke mutmaßte sogar, dass die Spaltung bewusst herbeigeführt sein könnte, um die Schlagkraft der AfD im Landtag zu erhöhen. Dabei bezog er sich auf die Aussage des AfD-Landesvorsitzenden und parlamentarischen Geschäftsführers der AfD, Bernd Grimmer. Dieser habe auf die Frage, ob der Aderlass für seine Fraktion kein Nachteil sei, geantwortet: „Wenn zwei Fraktionen an einem Strang ziehen, kann das sogar ein Vorteil sein.“ Insofern könne es sich um ein „abgekartetes Spiel“ handeln, um sich zusätzliche finanzielle Mittel und mehr Redezeit in Plenardebatten zu erschleichen. Für Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sind die jüngsten Vorgänge ein Signal für das Scheitern der AfD.

Die restliche AfD-Fraktion hatte am Donnerstag ihren Ex-Vorsitzenden Meuthen kritisiert und sich mit dessen Co-Vorsitzender und Widersacherin in der Bundespartei, Frauke Petry, solidarisiert. Der AfD-Vizechef Alexander Gauland hält die beiden trotz ihres Machtkampfes für geeignet, die Partei weiter gemeinsam zu führen. Dem Nachrichtenmagazin „Focus“ sagte er: „Wir müssen uns an der Spitze ja nicht lieben.“