Gefährlich – oder nicht? Am Kreisel in der Aldinger Straße sind sich Rad- und Autofahrer in jedem Fall ganz nah. Foto: factum/Simon Granville

Gegen den Kreisverkehr an der Aldinger Straße, der eine Musterkreuzung sein soll, die dem wachsenden Radverkehr auch in den kommenden Jahren gerecht wird, erhebt sich Kritik. Die Stadt widerspricht.

Ludwigsburg - Seit einem halben Jahr rollt der Verkehr im Aldinger Kreisel in Ludwigsburg. Doch er läuft offenbar nicht rund. Das meint Gerhard Luithle. Der Ludwigsburger hat deswegen die Polizei eingeschaltet und bei der Stadt Beschwerde eingelegt. Luithle ist empört: Er war in dem Kreisverkehr beinahe in einen Unfall verwickelt, der in Fehlern beim Bau der Kreuzung am nordöstlichen Stadteingang seine Ursache gehabt hätte.

„Ich wollte mit meinem Wagen in den Kreisel einfahren und plötzlich war da der Radfahrer. Mir ist fast das Herz stehen geblieben.“ Der Mann ist noch Tage später aus dem Häuschen. Er habe den schnellen Radler hinter der hohen Bepflanzung beim besten Willen nicht sehen können, sagt er. Nun fordert er ein Schild, das Autofahrer und Radler zur Vorsicht warnt. Ansonsten komme es dort früher oder später tatsächlich zu einer Kollision mit unter Umständen schweren Folgen.

Stadt hat Kreisel gegen Widerstände bauen lassen

Luithle wohnt wenige Hundert Meter entfernt. Über die Aldinger Straße erreicht er in die Stadtmitte. Der Bauingenieur kennt folglich die Verkehrsverhältnisse und sieht bei sich eigentlich keinen Fahrfehler. Dennoch wäre ihm wohl der Unfall angelastet worden, befürchtet er. Und: Der Radler hätte sich schwere Verletzungen zuziehen können, die den Autofahrer hätten vor Gericht bringen können.

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Die Stadt hat den Kreisel gegen Widerstände von Anwohnern und Naturschützern bauen lassen. Ein Unfallschwerpunkt soll damit entschärft werden. Beim Einbiegen aus der Danziger Straße und der leicht versetzten Königsallee in die Aldinger Straße hatte es immer wieder gekracht. Um den Kreisel einzurichten, mussten einige Bäume des Salonwalds gefällt werden. Für Fußgänger wurden über alle Fahrbahnen Zebrastreifen angelegt.

Funktioniert der Radfahrer-Kreisel – oder nicht?

Direkt daneben liegt ein jeweils rot eingefärbter Fahrradweg. Eine extra Radspur auf den Überwegen ist bislang eine Seltenheit im Kreisverkehr. Überhaupt räumten die Planer den Radfahrern viel Platz ein. Eine Musterkreuzung sollte es werden, die dem wachsenden Radverkehr auch in den kommenden Jahren gerecht wird.

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Es habe sich gelohnt, ist SPD-Gemeinderat Daniel O’Sullivan überzeugt, dessen Fraktion sich für den 1,3 Millionen Euro teuren Umbau der Kreuzung eingesetzt hat. „Er funktioniert“, stellte er nach der Einweihung fest. Tut er nicht, widerspricht Luithle. Auf die neue Verkehrssituation hätten sich viele Radfahrer und Autofahrer nicht eingestellt. Nach seiner Beobachtung ist nicht allein die Randbepflanzung ein Risiko, weil sie die Sicht erschwert, sondern vor allem die neuen Vorfahrtsverhältnisse. Auf der roten Fahrspur haben Radfahrer wie Fußgänger Vorrang vor den Autos. Wäre dort lediglich ein Zebrastreifen, müssten Radfahrer laut Straßenverkehrsordnung (StVO) absteigen und ihr Gefährt über die Straße schieben. So aber können sie ungebremst die Fahrbahn queren. Pedelec-Fahrer seien im Kreisel oft schneller als Autofahrer, sagt Luithle. Gleichwohl fordere die StVO, dass „die Radwegführung an Kreuzungen und Einmündungen auch für den Ortsfremden eindeutig erkennbar sein muss“.

Der Bürgermeister appelliert an die Vernunft der Radler

Der für den Verkehr zuständige Bürgermeister bestätigt, dass Radfahrer die gleichen Vorfahrtsrechte hätten wie Fußgänger. „Doch auch für Radfahrer gilt eine Sorgfaltspflicht“, betont Michael Ilk. Sie müssten darauf achten, dass sie sich und andere Verkehrsteilnehmer nicht in Gefahr brächten. Die Forderung, Warnhinweise aufzustellen, hält er für nicht notwendig. „Der Kreisel ist regelkonform geplant und gebaut worden“, versichert Ilk, selbst oft mit dem Rad unterwegs. Die Verkehrssicherheit sei „intensiv und von unabhängigen Stellen bewertet worden“. Er verspricht jedoch, dass die Bepflanzung künftig kürzer gehalten werden solle.

Ilk appelliert an die Vernunft der Radler, früh das Licht einzuschalten. Oft beobachte er, wie Radler mit hohem Tempo die Hindenburgstraße auf dem Zebrastreifen an der bei Radfahrern beliebten Königsallee kreuzten, entgegen der Verkehrsregel und ohne nach links und rechts zu schauen. Auch eine eigene Radspur neben dem Zebrastreifen löse dieses Sicherheitsproblem nicht automatisch.