Für den Kreisverkehr am Seeblickweg gab es erste Voruntersuchungen. Foto: Frey

Anwohner hoffen auf den Bau der neuen Verkehrsregelung im Seeblickweg.

Hofen - Das Weiße Waldvögelein ist kein Tier, sondern eine Pflanze, eine geschützte Orchideen-Art. Sie blüht dieser Tage wieder in voller Pracht am Seeblickweg, Ecke Kochelseeweg. Dort, wo auch der Kreisverkehr geplant ist, den sich die Anwohner wünschen, nachdem dort ein Kind unweit der Kreuzung ums Leben gekommen ist. Wegen der Orchideen-Art waren erste Pläne für einen Kreisverkehr abgeändert worden, um die Pflanze zu schützen. Nun gab es vor kurzem Vermessungen an der Kreuzung, wie Anwohner feststellten. Die Verwaltung bestätigte Voruntersuchungen. Der Kreisverkehr ist noch nicht im aktuellen Haushaltsplan enthalten und soll aber zum nächsten Doppelhaushalt 2020/21 angemeldet werden.

Die Anwohner hoffen darauf, dass der Kreisverkehr bald gebaut wird, damit sie einen sichereren Übergang an der Stelle haben. Die Hüpfinsel, die sich dort befindet, reiche nicht aus. Zumal gehbehinderte oder ältere Menschen auch nicht zügig über die Straße gehen können. Ein weiteres Problem: Autofahrer sind auf dem Seeblickweg oftmals viel zu schnell unterwegs. Ein Kreisverkehr, so die Hoffnung der Bürger, könne dies verhindern.

Schreiben ans Bezirksamt

Untermauert wird die Forderung durch ein Schreiben an das Bezirksamt in Mühlhausen. Die Verwaltung soll prüfen, einen Interims-Fußgängerstreifen dort so lange einzurichten, bis der richtige Kreisverkehr eingerichtet wird. Das wurde jedoch mit Verweis auf die Hüpfinsel und viel zu wenig Passanten in diesem Bereich abgelehnt. Das könnte sich jedoch ändern, wenn in der Mittleren Wohlfahrt beim Kochelseeweg Wohnungen samt Kindertagesstätte gebaut werden. Darauf machen die Anwohner ebenfalls aufmerksam. Doch dort muss erst noch ein Artengutachten gemacht werden, damit der Bebauungsplan fertiggestellt und ausgelegt werden kann. „Das Artengutachten wird derzeit in Auftrag gegeben“, erklärte kürzlich Arnold Maiwald vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung. Er rechnet mit einer Auslage des Bebauungsplans für die Mittlere Wohlfahrt Anfang kommenden Jahres.

Wie Gerhard Pfeifer, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND), erklärt, scheint 2018 wieder ein Waldvögelein-Jahr zu sein. Die letzten Jahre war die Art im Stadtgebiet wesentlich seltener zu beobachten. „Alle heimischen Orchideenarten sind wegen ihrer generellen Seltenheit national und auf europäischer Ebene gesetzlich streng geschützt. Das Weiße Waldvögelein gehört jedoch zu den häufigeren Orchideenarten und wird deshalb in den Roten Listen von Deutschland und Baden-Württemberg als noch ungefährdet eingestuft. Wegen Nutzungsintensivierung in der Forstwirtschaft und auch Aufdüngung der Böden über den Luftstickstoff (Hauptquellen KFZ-Verkehr und Intensivlandwirtschaft) gehen die Bestände jedoch zurück. Hauptbedrohung in Stuttgart ist eine Mahd während der Blühzeit von Mai bis Juni“, so Pfeifer.

Wendehals beobachtet

In der Mittleren Wohlfahrt seien, so Pfeifer, die letzten Jahre von Ehrenamtlichen der streng geschützte Wendehals, eine sehr seltene Spechtart, beobachtet worden. In den bisherigen Gutachten respektive Umweltberichten der Stadtverwaltung tauche die Art bisher nicht auf. Deshalb habe die Stadt eine Nacherhebung durch einen bestellten Ornitologen veranlasst, so Pfeifer. Ebenfalls sollen noch die Vorkommen von Zaun- und Mauereidechsen überprüft werden, so der BUND-Geschäftsführer. Bisher gab es keine Beobachtungen, weil aber die bisherige Untersuchung nur oberflächlich war, soll die Begutachtung nach den Kartierregeln für diese Arten nachgeholt werden. Von den Lebensraumstrukturen her müssten dort Eidechsen eigentlich vorkommen, sagt der BUND-Geschäftsführer.

Generell sei die Mittelere Wohlfahrt wegen der hohen Strukturvielfalt von Gärten, Feldern, Obstbäumen, Hecken und alten Bäumen ein Dorado für viele Tierarten - besonders bemerkenswert sei der hohe Bestand von Gartenrotschwänzen, eine typische Streuobstwiesen-Vogelart, die im Bestand stark zurückgeht und seit Sommer 2016 neu in der Vorwarnliste der Roten Liste der bedrohten Brutvogelarten Deutschlands gelistet wird, stellt Pfeifer fest. „Der BUND lehnt deshalb eine Bebauung dieses „hot spots der Artenvielfalt“ im unteren Neckarbereich von Stuttgart entschieden ab.“